Wirtschaftsgipfel: Viel Gipfel um nichts | ABC-Z
Der eine lädt zum Industriegipfel, der andere zum
Mittelstandsgipfel – so wollen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und sein Finanzminister
Christian Lindner (FDP) Wege aus der Wirtschaftskrise finden. Schön, könnte man
denken, wenn Politik und Wirtschaft sich zusammensetzen. Doch schaut man sich
die Ergebnisse an, die über den Tag hinweg bekannt werden, ist schon eines klar:
Dieser Gipfeltag ist vor allem kontraproduktiv. Er macht alles nur noch
schlimmer. Weil er nur für noch mehr Verunsicherung sorgt.
Deutschland steckt inzwischen in einer deftigen
Wirtschaftskrise, mitten in einer Rezession, die es zuletzt vor über zehn
Jahren gab. Geschäfte machen dicht, Produktionsunternehmen werden ihre
Maschinen nicht mehr los, und nun schwankt auch noch der wichtigste Pfeiler der
deutschen Industrie überhaupt: VW kündigt ein drastisches Sparprogramm an.
Die Probleme sind hinlänglich bekannt. Dafür muss man sich eigentlich
nicht treffen.
Unternehmen wissen, warum es ihnen schlecht geht: die
Energiepreise zu hoch, die Arbeitskräfte zu teuer, geringe Nachfrage im Inland
wie im Ausland, Fachkräfte sind kaum zu finden, bürokratische Formulare auszufüllen
kostet sie mehr Zeit als das eigentliche Geschäftemachen. Und ja, auch falsche
Managemententscheidung haben zu dem desolaten Zustand geführt, etwa eine
verpennte Transformation in der Automobilindustrie.
Auch das ist alles bekannt. Auch dafür braucht es keinen
Gipfel, schon gar nicht zwei.
Umsetzen, was längst beschlossen ist
Die Ampelkoalition hat also längst kein Erkenntnisproblem
mehr. Und sie hatte auch schon eine erste Lösung präsentiert: die Wachstumsinitiative. Im Juli wurde sie vom
Kabinett erarbeitet und zusammen mit dem Haushalt 2025 beschlossen. Ein
mühsamer Kompromiss, der mit “über 130 konkreten Schritten” zu mehr Investitionen,
mehr Fachkräften, weniger Bürokratie und weniger Steuern führen soll. Über eine
verbesserte Abschreibung von Investitionsgütern etwa oder billige
Kredite durch die Förderbank KfW.
Immerhin, eine erste Initiative, die selbst Verbände
einigermaßen milde stimmte. “Die Wachstumsinitiative der Bundesregierung ist
sicher keine Mondlandung, aber besser als nichts”, sagte etwa
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger.
Die Ampel könnte sich nun eigentlich hinstellen und sagen:
Wir machen etwas, seht her, die Instrumente entfalten ihre Wirkung mit der
Zeit, und nun legen wir noch einen drauf – einen Industriestrompreis zum
Beispiel, für
den sich Bundeskanzler Olaf Scholz kürzlich starkmachte.
Doch stattdessen kleckern die Formulierungshilfen nur
langsam aus dem Kabinett heraus – bis sie denn mal ihre Wirkung entfalten,
können Wochen und Monate vergehen. Anstatt den Druck zu erhöhen, retten sich
die Regierungsmitglieder in sichere Häfen: Scholz hält zur althergebrachten
Industrie und den Gewerkschaften, Lindner zum Mittelstand, den Dienstleistern.
Nichts Neues beim FDP-Gipfel
Das aber kostet inzwischen nur noch Vertrauen: Wer sich im
Vorfeld bei den Teilnehmern der Gipfelrunden umhörte, stieß nicht auf
Dankbarkeit, sondern vor allem auf Ratlosigkeit. Die Gipfel kämen ja etwas
überraschend, hieß es da, was genau besprochen werden solle, sei unklar, warum
nun die einen eingeladen sind, die anderen aber nicht, und warum es überhaupt
zwei Gipfel brauche – ja, irgendwie wisse das auch niemand so genau.
Dementsprechend wenig Neues kann auch ein Arbeitgeberpräsident
nur verkünden. “Die Ampel muss jetzt
gemeinsam die richtige Wirtschaftspolitik machen”, sagte Dulger am
Mittag nach dem FDP-Gipfel. “Die wachstumsfördernden Teile der
Wachstumsinitiative müssen umgesetzt werden.”
Man könnte das auch so formulieren: Reißt euch einfach zusammen
und setzt um, was ihr beschlossen habt.
Und selbst Gipfel-Initiator Christian Lindner findet fast
belanglose Worte: “Wir werden aus den Gesprächen unsere Schlussfolgerungen
ziehen”, sagte Lindner, man werde sie in den “regierungsinternen
Beratungsprozess” einbeziehen.
Auch beim Folgegipfel mit dem Bundeskanzler sind konkrete
Ergebnisse oder neue Impulse nicht zu erwarten, kein Ergebnispapier ist
geplant, nicht mal eine Pressekonferenz. Es könnte kaum offensichtlicher sein,
dass die Gipfel vor allem eine Show sind – und man könnte sich
auch fragen, warum die Industrieverbände das Theater überhaupt mitspielen.
Noch mehr Unsicherheit
Dem eigentlichen Ziel – mehr Klarheit und Zielstrebigkeit in
der Wirtschaftswende – ist Deutschland an diesem Tag nicht nähergekommen. Im
Gegenteil: Bei den Unternehmen löst das Gipfel-Wirrwarr vor allem weitere Verunsicherung aus.
Da zerfällt eine Regierung in ihre Bestandteile – und jeder
dieser Bestandteile hat eigene Antworten auf die Krise. Auf welche Ansagen können Unternehmerinnen und
Unternehmer sich künftig verlassen? Wer investieren soll, der braucht
verlässliche Perspektiven. Dass eine Kaufprämie nicht von heute auf morgen
gestrichen wird, aus Geldmangel. Dass er seine Investitionen auf mehrere Jahre
hin abschreiben kann. Fehlende Verlässlichkeit ist der Graus einer jeden
Geschäftsführung – egal ob Start-up, Mittelstandsbetrieb oder Industriekonzern –
und sicher kein Weg aus der Wirtschaftskrise.
Anstatt aus ihren Fehlern zu lernen, macht die Ampel die
Situation mit diesem hektischen, ziellosen Aktivismus nun noch schlimmer.
Der eine lädt zum Industriegipfel, der andere zum
Mittelstandsgipfel – so wollen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und sein Finanzminister
Christian Lindner (FDP) Wege aus der Wirtschaftskrise finden. Schön, könnte man
denken, wenn Politik und Wirtschaft sich zusammensetzen. Doch schaut man sich
die Ergebnisse an, die über den Tag hinweg bekannt werden, ist schon eines klar:
Dieser Gipfeltag ist vor allem kontraproduktiv. Er macht alles nur noch
schlimmer. Weil er nur für noch mehr Verunsicherung sorgt.
Deutschland steckt inzwischen in einer deftigen
Wirtschaftskrise, mitten in einer Rezession, die es zuletzt vor über zehn
Jahren gab. Geschäfte machen dicht, Produktionsunternehmen werden ihre
Maschinen nicht mehr los, und nun schwankt auch noch der wichtigste Pfeiler der
deutschen Industrie überhaupt: VW kündigt ein drastisches Sparprogramm an.