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Wirtschaft: Was wird aus dem Standort Deutschland? – Wirtschaft | ABC-Z

Manchmal kann es ja nicht schaden, über den Tellerrand zu schauen, wenn man wissen will, wie es hierzulande wirklich läuft. Wenn man mal testen will, ob man vielleicht nicht doch alles zu schwarz sieht – oder doch zu optimistisch.

René Obermann war von 2006 bis 2013 Chef der Deutschen Telekom, arbeitet heute beim US-Finanzinvestor Warburg Pincus und ist noch dazu Verwaltungsratschef des deutsch-französischen Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus, der auch als Rüstungskonzern im Geschäft mit den Regierungen ist. Wie also schaut man in Frankreich auf die deutsche Energiedebatte und die Zusammenarbeit mit Deutschland? „Mit Frustration, gerade im militärischen Bereich“, sagt Obermann. Deutschland wirke manchmal eher „bräsig“. Thomas Schulz hat lange in Skandinavien gearbeitet, Dänemark sei „ein sehr grünes Land“. Dennoch, sagt der Chef des Mannheimer Industriedienstleisters Bilfinger, werde die „deutsche Herangehensweise sehr skeptisch“ gesehen. Der Blick auf Made in Germany habe zuletzt „extremst“ gelitten.

Deutschland, das war einmal ein Exportweltmeister, das Land der starken Unternehmen, der vielen Patente und Innovationen. Ein Wirtschaftsmärchen. Und jetzt, im November 2024? Die Sicht auf die Dinge ist eher: pessimistisch.

Die Gründe dafür liegen vermutlich schon länger zurück, sie sind älter als der Wahlsieg des Make-America-great-again-Republikaners Donald Trump und älter auch als die immer stärkere Konkurrenz der chinesischen Elektroautohersteller. Vor sieben oder acht Jahren hätten sie lange darüber diskutiert, ob man mit dem US-Finanzinvestor überhaupt in Deutschland investieren soll, sagt Obermann. Dann habe man beschlossen, es zu machen. „Wir sind hier aktiv und werden hier auch aktiv bleiben“, sagt der Ex-Telekom-Chef. Aber er habe da schon auch noch eine Frage. „Haben wir eigentlich eine gute Gründer- und Unternehmensentwicklungskultur?“

René Obermann von der Investmentgesellschaft Warburg Pincus hält eine gute Kultur für Unternehmensgründer für wichtig. (Foto: Johannes Simon)

Er habe mal mit einer Gründerin gesprochen, die von einer Technischen Universität kam. Und dass ernsthaft jemand zu ihr gesagt hätte: „Was, Du willst Dich selbständig machen? Du wirst scheitern.“ So viel also zum Zusammenhang von Motivation und Innovation.

Auch Siegfried Russwurm, der scheidende Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), hat keine wirklich guten Nachrichten dabei. Der frühere Siemens-Vorstand hatte schon im Frühjahr im SZ-Interview von „zwei verlorenen Jahren“ gesprochen und damit die Ampelkoalition gemeint, die die Probleme der Wirtschaft nicht entschlossen genug bekämpfe. Jetzt, wo die Ampel so gut wie Geschichte ist und vieles ja wieder offen, also noch einmal Russwurm: „Wir machen uns etwas vor“, sagt er, man diskutiere „nicht konsequent genug“. Zum Thema Arbeitszeit und Leistung hat er eine klare Meinung. Er kenne Menschen, die mehr leisten wollen, aber „nicht dürfen“. Selbst bei 42 Stunden falle „doch nicht jeder tot von der Stange“.

Was soll werden, wenn der Zoll-Fan Donald Trump im Weißen Haus sitzt?

Was waren das für Zeiten, damals mit Norbert Blüm an der Litfaßsäule, wo der Minister noch höchstpersönlich versprach, dass die Rente sicher sei. Nur, dass die Rechnung heute ohne die Wirtschaft gemacht werde, sagt Russwurm. Sein Fazit: Man werde sich diese Gesellschaft mit ihrem Wohlstand wohl nicht mehr ewig leisten können. Die drängendste Frage für Unternehmen hier im Land sei die Energiefrage. „Weil die Unternehmen wissen müssen, mit welchen Energiepreisen sie kalkulieren müssen.“

Planungssicherheit läuft eben auch über den Wert von Kilowattstunden.

Natürlich wissen auch Manager und Verbandsmenschen, dass es mit den eigentlichen Problemen jetzt vielleicht erst richtig los gehen könnte. Mit dem Zoll-Fan Donald Trump im Amt des US-Präsidenten und der aggressiv-expansiven, staatlich hoch subventionierten chinesischen Industrie auf der anderen Seite dürfte es für die europäische Industrie die nächste Zeit eher unangenehm werden. Airbus-Kontrolleur René Obermann sieht vor allem dann Probleme, wenn der Handelskonflikt zwischen den USA und China eskaliert. Gerade für Europa, und ganz besonders für das exportorientierte Deutschland. „Ich hoffe, dass wir diesmal geschlossener auftreten“, sagt er. Und er hat noch ein Bild, um das, was passiert, zu umschreiben. China und die USA, Europa werde dazwischen gezogen „wie ein Schwamm“.

Obermann wird schließlich noch gefragt, ob er den Amerikaner der Stunde kennt – den sehr umstrittenen Elon Musk. Tesla-Chef, SpaceX-Chef, Eigentümer des Kurznachrichtendienstes X (früher Twitter) und seit einiger Zeit Intimus und wohl auch technologischer Mastermind des nächsten US-Präsidenten Trump. Der Ex-Telekom-Chef Obermann sagt dazu, dass er „viele amerikanische Unternehmer persönlich“ kenne. „Aber den kenne ich nicht.“

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