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Wirtschaft: Erdings Plan B nach Konversions-Aus – Erding | ABC-Z

Beim Wirtschaftsempfang der Stadt hatte Christian Famira-Parcsetich, der Leiter der Stadtentwicklung, vor wenigen Wochen das Projekt „Gewerbehof“ öffentlich vorgestellt – und gleich Werbung dafür gemacht. Gedacht ist das Areal für mittelständische Betriebe, fürs Handwerk wie zum Beispiel Schreiner oder Maler, und für Gewerbe und Dienstleister, gerne auch Start-ups. Einzelhandel ist ausgeschlossen.

Die Lage an der Anton-Bruckner-Straße sei optimal, betonte der Leiter der Stadtentwicklung und verwies auf die gute Anbindung an die Flughafentangente Ost sowie die vorhandenen Bus- und Fahrradverbindungen. Auf 38 000 Quadratmetern könnten circa 17 Parzellen vergeben werden, je nach Wunsch in der Größenordnung zwischen 550 und 2800 Quadratmetern. Ob per Kauf oder Erbpacht, wird noch festzulegen sein.

Auf dem Wirtschaftsempfang hätten ihn beim Thema Gewerbehof „erstaunliche Zurufe“ erreicht, informierte nun Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) jüngst im Stadtentwicklungsausschuss. Es gebe einige Interessenten. Bereits seit Jahren hätten ihn immer wieder Betriebe angesprochen, die sich gerne vergrößert hätten oder umsiedeln wollten. Wobei mancher auch mit dem Standort Fliegerhorst geliebäugelt hatte. Er hoffe, dass das Angebot des Erdinger Gewerbehofs auch angenommen werde, sagte Gotz.

Die direkt angrenzende Wohnbebauung des Ortsteils Siglfing sahen einige Stadträte in der Ausschusssitzung durchaus kritisch. Ob der vorgesehene Grünzug als Lärmwall genügen werde, das werde man noch genau berechnen und erfassen, sagte OB Gotz. Noch stehe man ganz am Anfang der Planung, man werde genau überprüfen, welche Maßnahmen  „gut begründet“ ergriffen werden.

Der aktuelle Blick von der Weißbräu-Kreuzung auf das Grundstück entlang der Anton-Bruckner-Straße.
Der aktuelle Blick von der Weißbräu-Kreuzung auf das Grundstück entlang der Anton-Bruckner-Straße. (Foto: Regina Bluhme)

Es kam auch die Frage, wie sich das angesiedelte Gewerbe auf die ohnehin mehr als genug ausgelastete „Weißbräu-Kreuzung“ an der Anton-Bruckner-Straße auswirken werde. Die Kreuzung stehe „auf dem Prüfstand“, erklärte Gotz.  Ein Kreisverkehr, bislang ein Ding der Unmöglichkeit an der Stelle, sei nicht mehr ausgeschlossen.

Der Erdinger Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger hält das Projekt „Gewerbehof“ für gut, wie er auf Nachfrage erklärt. Gerade für alteingesessene Betriebe, seit Generation an einem Standort, sei es heute kaum mehr möglich, sich vor Ort zu verändern.  Interessenten, die gerne umsiedeln oder sich an einem neuen Standort vergrößern wollen, seien ihm aktuell nicht bekannt. Aber er rechnet damit, dass sich der eine oder andere Betrieb melden werde, wenn die Sache noch mehr publik gemacht wird.

Die Stimmung des Erdinger Handwerks beschreibt Waxenberger als „eigentlich positiv“, vor allem das Baugewerbe habe zwar „zu leiden, aber aufgeben tut keiner“. Wenn ein Erdinger Betrieb zusperren müsse, dann liege es daran, dass kein Nachfolger oder Nachfolgerin gefunden wurde, sagt Waxenberger. In ganz Bayern suchten derzeit 12 000 Betriebe nach Nachfolgern. „Das ist unser größtes Problem – und das zweite große Problem sind fehlende Azubis und Fachkräfte“.

Bei einer Befragung der lokalen Wirtschaft hatten zuletzt im Jahr 2022 Unternehmen aus Erding den Standort mit dem Wert 2,2 benotet. Die besten Noten erhielten Wohn- und Lebensqualität, gefolgt vom Sport- und Schulangebot. Die schlechteste Bewertung gab es mit 4,1 für die Wohnpreise, gefolgt von der Verfügbarkeit von Wohnflächen und den Preisen für Gewerbeflächen.

Der Landkreis als Wirtschaftsstandort bekommt in einer Umfrage der IHK die Note 2,1

Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern befragt regelmäßig ihre Mitglieder, also Einzelunternehmer, kleine und mittelständische Unternehmen sowie Kapitalgesellschaften – außer Handwerksbetriebe.  Mit der Gesamtnote 2,1 schneidet der Landkreis Erding 2025 schlechter ab als in der Umfrage von 2023. Damals hatten die Betriebe eine glatte Zwei vergeben. 29 Prozent der Unternehmen gaben an, dass Personalmangel, ein hoher Bürokratieaufwand und fehlende Gewerbefläche das Wachstum verzögert hätten.

Viele Jahre hatte Erding Planungen für ein neues Stadtviertel mit Wohnen und Gewerbe am Fliegerhorst vorangetrieben. Nun benötigt die Bundeswehr selbst einen Großteil der Fläche. Da ist es von Vorteil, wenn man wie Erding einen Plan B aus der Schublade ziehen kann. Die Idee für einen Gewerbe- oder Handwerkerhof stammt laut Gotz bereits aus den 1980er-Jahren. Damals hatte die SPD einen entsprechenden Antrag gestellt.  Mit den Jahren ploppte das Thema immer wieder auf.

Jetzt soll es schnell gehen, das Entwicklungskonzept wird dem Stadtrat in der kommenden Sitzung vorgelegt. Mehr als 14 Jahre, so lange wie das vergebliche „Herumwursteln“ (OB Gotz) für den Kauf des Fliegerhorstareals, werden die Planungen wohl nicht dauern. Das Areal für den künftigen Gewerbehof gehört der Stadt bereits seit vielen Jahren.

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