Wirecard-Prozess: Insolvenzverwalter belastet Ex-Vorstandschef Markus Braun | ABC-Z

Im Wirecard-Prozess hat der Insolvenzverwalter Michael Jaffé Zweifel an der Unschuld des früheren Vorstandschefs Markus Braun genährt. Der Anwalt ist seit fünf Jahren mit der Sicherung des übrig gebliebenen Vermögens beschäftigt. Er fand nach eigenen Angaben im Sommer 2020 nach dem Kollaps des Dax-Konzerns keine profitablen Geschäfte vor, sondern ein Unternehmen, das pro Woche zehn Millionen Euro verlor.
“Ein Betrieb mit weltweiter Struktur und enormem Cash-Burn ohne jegliche Liquidität”, sagte Jaffé in seiner ersten Aussage als Zeuge vor dem Landgericht München I. Die Gesamtsumme der Verluste bezifferte Jaffé auf 1,1 Milliarden Euro.
Ex-Vorstandschef Braun sitzt seit fast fünf Jahren in Untersuchungshaft. Im Prozess beteuerte er mehrfach, Wirecard sei ein profitables Unternehmen mit echten Geschäften gewesen. Braun wirft dem früheren Vertriebsvorstand Jan Marsalek und dessen Komplizen vor, Milliarden aus dem Konzern abgezweigt und auf die Seite geschafft zu haben.
2020 fehlten 1,8 Milliarden Euro
Jaffé hingegen sagte, Wirecard habe Geld von kreditgebenden Banken “über die Jahre verbrannt, um die Struktur aufrechtzuerhalten und zu betreiben”. Allein in den zehn Wochen nach dem Insolvenzantrag habe Wirecard eine dreistellige Millionensumme benötigt. “Funding war nicht vorhanden”, sagte Jaffé. Zu Brauns Argumentation nahm der Insolvenzverwalter keine Stellung.
Dass bei Wirecard in großem Umfang betrogen wurde, ist unstrittig – die Frage ist, wer die Täter waren. Die Anklage sieht Braun als maßgebliches Mitglied der Betrügerbande im Unternehmen. Braun stellt sich als unschuldiges Opfer der wahren Täter dar. Der Konzern war im Juni 2020 zusammengebrochen, weil 1,8 Milliarden Euro unauffindbar waren, die die Wirecard-Chefetage in der Konzernbilanz verbucht hatte.
Zu diesen fehlenden Geldern wurde Jaffé in den ersten Stunden seiner Zeugenvernehmung nicht gefragt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es sich um Scheingeschäfte handelte und das Geld nie existierte. Braun weist das zurück.