Wird Claudia Stamm Oberbürgermeisterin von Würzburg? Neues Rennen um Rathauschef – Bayern | ABC-Z

Die schwerste Abstimmungsniederlage ihres politischen Lebens? Da musste Barbara Stamm nie lange überlegen. 1990 hatte sie Oberbürgermeisterin ihrer Lieblingsstadt Würzburg werden wollen, ihr großer politischer Traum. Er erfüllte sich nicht, Barbara Stamm scheiterte unter fast schon tragischen Umständen. Aber womöglich – am Main gilt keine politische Überraschung als komplett ausgeschlossen – wird jetzt doch noch eine Frau Stamm Oberbürgermeisterin von Würzburg: Nun versucht Claudia Stamm ihr Glück, Barbara Stamms Tochter.
Für Barbara Stamm schien 1990 schon alles bereitet zu sein. Es endete die Amtszeit des sozialdemokratischen Rathauschefs Klaus Zeitler, der dominierenden kommunalpolitischen Figur der Würzburger Nachkriegsgeschichte. Barbara Stamm hatte damals schon landespolitische Statur, für viele galt sie als klare Favoritin und als jene Frau, die folglich die CSU-Scharte in der damals noch streng konservativen Domstadt wird auswetzen können: Endlich würde auch Unterfrankens Hauptstadt von der CSU regiert werden!
Womöglich nicht im ersten Wahlgang, aber spätestens in der Stichwahl durfte Stamm hoffen, sämtliche Wertkonservativen der Stadt hinter sich zu versammeln. Eigentlich konnte da kaum noch etwas schiefgehen.
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Eigentlich. Denn auch Jürgen Weber – zuvor CSU-Fraktionschef im Stadtrat und Zweiter Bürgermeister – wollte Rathauschef von Würzburg werden. Und zwar für die CSU, die sich aber auf Stamm als Kandidatin festgelegt hatte. Weber machte einen Schritt, den ihm kaum jemand zugetraut hatte: Er gründete einfach eine eigene Gruppierung, die „Würzburger Liste“ (WL) – und triumphierte bei der OB-Wahl. Barbara Stamm? Kam nicht mal in die Stichwahl. Ein Niederschlag, politisch und persönlich.
Als Trost machte Stamm anschließend steile Karriere in der Landespolitik, als Mutter Courage der CSU. Die Wunde Würzburg aber blieb.
Geschichte wiederholt sich nicht. Gleichwohl erinnert gerade vieles an 1990 in Würzburg. Dort wird am 4. Mai ein neuer OB gewählt und die Verteilung der Favoritenrollen schien bislang klar zu sein: Für die Grünen tritt in der Universitätsstadt der Zweite Bürgermeister Martin Heilig an, für die CSU die Dritte Bürgermeisterin Judith Roth-Jörg – ein klassischer Zweikampf (SPD-Kandidatin Eva von Vietinghoff-Scheel gilt vielen eher als Geheimtipp).
Nun aber will Claudia Stamm beginnen, Unterschriften zu sammeln – sie versucht, als überparteiliche Kandidatin, ohne Aufstellung einer Partei also, ins Rennen zu gehen. Als ehemalige Grüne darf sie wohl auf Sympathien aus diesem, in Würzburg inzwischen starken Lager rechnen (die Grünen sind stärkste Stadtratsfraktion). Als Tochter eines CSU-Mythos kann sie sich auch von Wertkonservativen am Main Zuspruch erhoffen.
Ein wenig erinnere ihn Stamms Ausgangssituation an seine eigene im Jahr 1990, sagt der Alt-Oberbürgermeister Jürgen Weber. Auch da habe er anfangs „vollkommen alleine gestanden“, ohne jede Unterstützung aus den etablierten Parteien, ohne Wahlkampfteam, lediglich gesegnet mit einem in Würzburg klangvollen Namen. Seine Kandidatur hatten anfangs viele als grotesk, seine Chancen als minimal eingeschätzt. Weber, heute noch WL-Stadtrat, regierte die Stadt dann von 1990 bis 2002.