„Wir helfen ihnen gerne“: Deutsche Behörden schreiben Ausreise-Briefe an Syrer | ABC-Z

„Wir verstehen, dass die Entscheidung nach Syrien zurückzukehren für Sie eine große persönliche Herausforderung darstellt. Daher möchten wir Sie darüber informieren, dass wir bereit sind Sie bei ihrem Wunsch freiwillig nach Syrien zurückzukehren zu unterstützen.“
Briefe mit diesem Inhalt gingen in den vergangenen Tagen an zahlreiche Syrer in Mecklenburg-Vorpommern. Das berichtet „Bild“. Verschickt haben sie die Ausländerbehörden in Schwerin und Rostock. Weiter hieß es darin.
„Wir helfen ihnen gern bei der Organisation ihrer Ausreise. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Kosten der Ausreise zu übernehmen und eine finanzielle Förderung für einen Neustart in ihrem Heimatland zu erhalten.“
Behörden schrieben Syrer wegen Ausreise an – doch nicht nur ausreisepflichtige
Dabei sollen sowohl ein Flug- oder Busticket und die Fahrtkosten vom Wohnort zum jeweiligen Abreiseort übernommen werden. Zudem erhält jeder Ausreisende 200 Euro Reisebeihilfe bzw. 100 Euro für Ausreisende unter 18 Jahren. Darüber hinaus werden medizinische Unterstützung während der Reise sowie im Zielland angeboten, bei Letzterem maximal 2000 Euro für bis zu drei Monate nach der Ankunft dort. Außerdem gibt es eine einmalige Förderung von 1000 Euro pro Person (500 Euro für Unter-18-Jährige), die auf 4000 Euro pro Familie limitiert ist.
Das Brisante: Es wurden nicht nur Syrer angeschrieben, die ausreisepflichtig sind . In Rostock ging der Brief an alle syrischen Staatsbürger. Das sind mehrere Hundert. In Schwerin wurden so unter anderem auch 59 Geflüchtete angeschrieben, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
Behörde verweist auf Ministerium – und übersah einen Nebensatz
Der Anlass für die Briefe soll laut „Bild“ ein Schreiben des Innenministeriums von Mecklenburg-Vorpommern an die Ausländerbehörden von Städten und Landkreisen sein, das vor etwa zwei Wochen versendet wurde. Darin heißt es unter anderem, dass die neue Übergangsregierung in Syrien „eine grundsätzliche Neuordnung im Land“ plane, „um den unterdrückten Bürgerinnen und Bürgern besser zu dienen“.
Den Hinweis, dass zuerst die ausreisepflichtigen Syrer angeschrieben werden sollen, wurde aber offenbar übersehen. Die Verwaltung in Rostock sagte „Bild“, dass dieser lediglich in einem Nebensatz zu finden gewesen sei.
Flüchtlingsrat kritisiert Vorgehen – neun Syrer wünschen Ausreise-Beratung
Der Flüchtlingsrat MV, eine Organisation die Geflüchtete unterstützt, kritisiert das Vorgehen. „Syrien ist nach wie vor ein Krisengebiet“, sagt Ulrike Seemann-Katz. „Die Regierung kontrolliert nicht ganz Syrien.“ Krankenhäuser und Schulen seien in weiten Teilen zerstört, die Wirtschaft am Boden, und rund 80 Prozent der Bevölkerung seien noch immer auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Allerdings gibt es auch positive Rückmeldungen – unter anderem von den angeschriebenen Syrern. Von den 59 Asylbewerbern in Schwerin, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, wünschen neun eine Beratung über die im Schreiben erwähnten Möglichkeiten der Ausreiseförderung.
Neun ausreisepflichtige Syrer in Schwerin, die direkt angeschrieben wurden, sind allerdings auch so nicht zu einer Ausreise zu bewegen, wie es scheint. Sie gaben laut „Bild“ an, auch mit Förderung nicht ausreisen zu wollen.