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Wimbledon bekommt das Damenfinale, das es verdient | ABC-Z

Am Ende von zwei turbulenten Turnierwochen bekommt Wimbledon das Damenfinale, das es verdient. Schlag auf Schlag waren vor allem in den ersten Tagen lauter gesetzte Tennisspielerinnen ausgeschieden. Am Ende dieses Drunter und Drüber an der Londoner Church Road sind zwei Frauen übriggeblieben, die zwar zu den Gesetzten zählen, aber noch nie in ihrer Profikarriere ein Rasenturnier gewonnen haben. Die US-Amerikanerin Amanda Anisimova und die Polin Iga Swiatek spielen am Samstag (17 Uhr MESZ) die diesjährige Gewinnerin einer aufregenden Damenkonkurrenz aus, in der auch die Deutsche Laura Siegmund bis zum Viertelfinale für einigen Wirbel gesorgt hatte.

Das Turnier wird anders als in den drei Jahren zuvor nicht mit einer faustdicken Überraschung enden. Swiatek, ehemals Weltranglistenerste und fünfmalige Grand-Slam-Turniersiegerin, hatte in den vergangenen Wochen ebenso auf Rasen zu überzeugen gewusst wie Anisimova, die nach einem schwierigen Karriereverlauf in Wimbledon an Position 13 gesetzt ist.

In der großartigen Geschichte der Wimbledon-Halbfinals werden beide Matches vom Donnerstag allerdings eher im Kleingedruckten auftauchen. Swiatek spielte vom ersten Aufschlag bis zum verwandelten Matchball zum 6:2, 6:0 so konzentriert und unerbittlich, dass Belinda Bencic in einseitigen 71 Minuten nie aus dem Räderwerk ihrer Gegnerin rauskam. „Ich bin stolz auf mich und superaufgeregt“, sagte Swiatek mit Blick auf ihre erstes Wimbledon-Finale.

„Hier im Finale zu stehen ist unbeschreiblich“

Das Duell zwischen Anisimova und der Weltranglistenersten Sabalenka war stark von den Nerven geprägt und zeigte nur selten das Niveau, das von den beiden Haudraufs zu erwarten gewesen wäre. Letztlich bewies die US-Amerikanerin auch auf dem Londoner Rasen, warum sie eine Art Angstgegnerin Sabalenkas ist, und gewann 6:4, 4:6, 6:4. „Wir haben schon viele harte Schlachten geschlagen“, sagte die Dreiundzwanzigjährige, die erstmals ein Grand-Slam-Endspiel erreicht hat: „Hier im Finale zu stehen ist unbeschreiblich.“ Sabalenka dagegen scheiterte nach 2021 und 2023 auch im dritten Versuch, in Wimbledon das Halbfinale zu überstehen.

Anisimova waren schon als Teenager große Taten zugetraut worden. Mit 17 stand sie in Roland Garros unter den letzten vier, nachdem sie unter anderem die Titelverteidigerin Simona Halep besiegt hatte. Wenig später warf sie der plötzliche Tod ihres Vaters und Trainers aus der Bahn. 2023 zog sie sich wegen eines Burnouts und mentaler Probleme vorübergehend vom Profitennis zurück. Nach ihrer Rückkehr arbeitete sich die US-Amerikanerin bis auf Weltranglistenplatz zwölf vor und wird nach ihrem Wimbledon-Lauf einen weiteren Sprung mindestens auf Position sieben machen.

Anisimova bewahrte in ihrem Schlagabtausch öfter die Ruhe, Sabalenka antwortete auf die Wucht der gegnerischen Schläge ebenfalls mit Tempo. Nach 19 Minuten folgte der erste Ballwechsel, der die Zuschauer in der Hitze des Centre Courts aus ihrer Mittagsruhe riss. Anisimova gewann ihn. Sabalenka merkte, dass sie diesmal eine andere Herausforderung zu bewältigen hatte als im Match zuvor gegen die trickreiche Siegemund.

Ihren ersten großen Moment hatte Sabalenka, als ihr mitten im ersten Satz auffiel, dass es einer Frau auf der Tribüne schlecht ging, und sie eine gefüllte Wasserflasche dorthin trug. Dafür gab es so viel Applaus wie in der Woche zuvor, als Carlos Alcaraz sich in einem ähnlichen Fall ebenso verhalten hatte. Zwanzig Minuten später war die Weltranglistenerste abermals unterwegs zu den Zuschauerplätzen in der Sonne, weil eine weitere Person behandelt werden musste. Im zweiten Halbfinale kollabierte abermals eine Person.

Anisimova präsentiert sich als die solidere Spielerin

So erschreckend die Zwischenfälle waren, so schienen sie die Spielerinnen doch ein wenig abzulenken und von ihrer Verkrampfung zu befreien. Der Schlagabtausch näherte sich allmählich dem Niveau, das man sich von zwei solchen Haudraufs erhoffen und erwarten sollte. Anisimova präsentierte sich als solidere Spielerin, die zwar taktisch weitgehend überraschungsfrei agierte, aber die von ihr bekannten Muster konzentriert wiederholte. Ihren ersten Satzball verhaute die US-Amerikanerin, beim zweiten musste sie nichts anderes tun, als auf Sabalenkas Doppelfehler zum 6:4 zu warten.

Der gleiche Patzer unterlief Anisimova im zweiten Satz beim Stand von 3:3, das Break nahm Sabalenka dankend an und rettete den Vorteil bis zum Satzgewinn. Im dritten Durchgang gaben die Spielerinnen hüben wie drüben den Aufschlag ab. Doch während der Ballwechsel agierte Anisimova ruhiger und nutzte nach 2:36 Stunden Spielzeit ihren vierten Matchball mit einem Vorhandwinner: „Das fühlt sich gerade nicht real an“, sagte die US-Amerikanerin: „Ich bin draußen fast gestorben.“

Iga Swiatek setzte sich und ihre Gegnerin erst gar nicht dem Risiko einer Erschöpfung aus. Fokussiert wir in den vergangenen Runden, durch die sie ebenfalls durchrauschte, sicherte sich die 24 Jahre alte Polin ihre zweite Finalteilnahme auf Rasen nach den Bad Homburg Open vor zwei Wochen. Dort unterlag sie Jessica Pegula – vielleicht hat sie gegen die nächste US-Amerikanerin mehr Fortüne.

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