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Willibaldritt Jesenwang: Auf Hufen durch die Kirche – Fürstenfeldbruck | ABC-Z

Zu Ehren eines Heiligen durch die Kirche zu reiten, ist angeblich einmalig in Europa. Beim Willibaldritt in Jesenwang, der 2022 in das Verzeichnis des immateriellen UNESCO-Kulturerbes aufgenommen wurde, hat das Durchreiten durch die dem Viehpatron geweihte Kirche indes eine lange Tradition: In diesem Jahr fand die besondere Pferdewallfahrt bereits zum 303. Mal statt. Pferdefreunde kommen von weit her, um die besondere Herausforderung für Tier und Reiter anzunehmen und um den priesterlichen Segen zu erhalten.

Fast 300 Reiter hatten sich am Sonntag vor dem Gedenktag des Heiligen (7. Juli) mit ihren herausgeputzten Haflingern, Arabern, Trakehnern, Oberländern, Oldenburgern oder Ponys in die Pferdeprozession eingereiht, die rund 3000 Zuschauer anlockte. „Das ist nach Corona ein neuer Rekord und macht zuversichtlich, dass die Brauchtumsveranstaltung weiterhin leben wird“, freute sich der Vorsitzende des Freundeskreis St. Willibald, Martin Schmid, dessen Mitglieder seit Jahrzehnten das Willibaldfest organisieren.

Beim Ritt wurden auch vier Ochsen, eine Kuh und einige Esel durch die Kirche geführt. „Der Willibaldritt vereint Brauchtum, Pferdezauber und lebendigen Glauben optimal“, fand eine Ochsenführerin, die mit ihrem Tier aus Nürnberg angereist war. Etwa 20 Gespanne, Sulkys, Kutschen und Leiterwagen mit Modellen der Willibaldkirche zogen im Takt von vier Musikkapellen vom Gemeinschaftshaus zum Gotteshaus. In der Kolonne fuhren auch der Fahnenwagen der Vereine und Kastenwagen, von denen Honoratioren, Ministranten und Altenheimbewohner den Zuschauern zuwinkten. Mädchen, die auf Steckenpferden mitritten, erhielten von den Zuschauern einen Sonderapplaus. Schmid zeigte sich mit der regen Teilnahme zufrieden. „Es war kein Badewetter, aber ideal zum Ausreiten“, sagte er, „ein Willibaldwetter eben.“  Nach dem Durchritt sei bis in den späten Abend hinein im Biergarten neben der Kirche gefeiert worden.

Auf dem Hügel unter dem Kastaniendach hatte vor dem Durchritt Bürgermeister Erwin Fraunhofer daran erinnert, dass das Willibaldfest auf ein Gelübde im Jahre 1712 zurückzuführen sei. Eine Tierseuche habe seinerzeit überwiegend Pferde dahingerafft. Nachdem die Jesenwanger Bauern dem heiligen Willibald versprochen hätten, ihm jedes Jahr einen Tag zu widmen, sei jedoch kein Tier mehr verendet. „Das Gelöbnis jährlich zu erfüllen und damit das Brauchtum zu bewahren, wird vom Freundeskreis St. Willibald sehr ernst genommen, dafür gebührt ihm großer Dank“, lobte der Gemeindechef.

Viele junge Reiterinnen und Reiter beteiligen sich

Auch Ochsen nehmen an der Wallfahrt teil. (Foto: Fotogruppe Mammendorf)
Die örtliche Prominenz winkt vom Kastenwagen aus.
Die örtliche Prominenz winkt vom Kastenwagen aus. (Foto: Fotogruppe Mammendorf)

Die Teilnehmer kamen aus dem Oberland, aus dem Raum Bodensee, aus dem Bayerischen Wald und aus Franken, gewissermaßen aus ganz Bayern. „Ich habe voriges Jahr zugeschaut und war so begeistert, dass sich heuer unbedingt mitreiten musste“, verriet eine Frau aus Niederbayern. Begeisterung löste unter den Zuschauern eine Abordnung des Münchner Traditionsvereins des ehemaligen königlich bayerischen 4. ChevaulegerRegiments „König“ aus. „Getragen“ wird der Ritt laut Schmid „von treuen Pferdefreunden und Reitställen aus dem Jesenwanger Umland“. Besonders freue ihn, dass sich auch Organisatoren anderer Pferdeumritte wie vom Leonhardverein Froschhausen (Allgäu) und von den St. Georgsreitern vom Auerberg (Pfaffenwinkel) beteiligt hätten.

Erfreulich sei auch der hohe Anteil jugendlicher Reiter, sagte Schmid. Diese seien über soziale Medien gut vernetzt, sie nutzten den Willibaldritt für ein Treffen und brächten Freunde als Zuschauer mit. Für Lena Haselbauer, die bereits zum 30. Mal dabei war, ist die Teilnahme für Pferdefreunde in der Region eine Selbstverständlichkeit. Die Mundpropaganda über die Einzigartigkeit des Rittes locke auch Reiter von weit her an, erzählte sie. Und Videos auf Youtube hätten die Pferdewallfahrt zudem bekannt gemacht. „Allerdings wissen Jüngere oft nicht, warum der Ritt ausgeführt wird.“

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