Wieder im Kino: Höfliches Duell | ABC-Z

W ie ein zum Markenzeichen gewordenes Konzept plötzlich schief gehen kann, zeigt Paolo Sorrentinos jüngster Film „Parthenope“. Ähnlich wie in dem wirklich tollen „La Grande Bellezza“, in dem sich ein Gesellschaftsreporter durch das fantastisch fotografierte Rom treiben lässt, begegnet in „Parthenope“ einer gleichnamigen Anthropologin ein Querschnitt der Gesellschaft von Neapel – sie trifft auf Reiche und Arme, die Mafia und die Kirche. Doch hier vermitteln sich keine Einblicke, alles ist nur Oberfläche: Hübsche Menschen stehen in hübschen Kulissen und haben nichts zu tun – fast wie in einer Selbstparodie.
Warum erzähle ich das überhaupt an dieser Stelle? Natürlich, um auf einen besseren Film überzuleiten: In „Youth“ („Ewige Jugend, 2015) schickt Sorrentino zwei alte Freunde, einen sich schon halb im Ruhestand befindlichen Komponisten und Dirigenten (Michael Caine) und einen noch immer sehr aktiven Filmregisseur (Harvey Keitel), in ein Hotel-Sanatorium in der Schweiz.
Dort philosophieren sie dann über das Pinkeln, ihre Erinnerungen und das Älterwerden und sehen sich in einer Vielzahl tragikomischer Begegnungen mit der Realität, den eigenen Unzulänglichkeiten sowie den Trug- und Traumbildern von Jugend konfrontiert. Das gibt durchaus Anlass zum Nachdenken und ist zugleich – dank der Kamera von Luca Bigazzi – eine ästhetische Freude („Youth“, 2. Juni, 22.15 Uhr, Babylon Mitte; Wer es mit „Parthenope“ trotzdem probieren will: 29. Mai, 18.30 Uhr, 30. Mai bis 3. Juni, 18.45 Uhr, Central).
„The Man Who Knew Too Much“ nimmt im Werk von Alfred Hitchcock eine Sonderrolle ein, denn den ursprünglich 1934 in England entstandenen Krimi konnte der Regisseur in den 1950er Jahren mit James Stewart und der „Que sera, sera“ singenden Doris Day noch einmal neu auflegen. Heute ist das die ungleich bekanntere Version der Geschichte um ein Ehepaar, das zufällig von dem geplanten Attentat auf einen Staatsmann erfährt und von den beteiligten Agenten dadurch zum Schweigen gebracht werden soll, indem man ihr Kind kidnappt.
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Im Filmkunst 66 gibt es in der Reihe „Frühe Meister der Filmkunst“ jetzt allerdings die weitaus seltener gespielte britische Version zu sehen: Zwar ist die Story de facto dieselbe, doch der Eindruck ist völlig anders. Denn der britische Film hat mehr Tempo, ist weitaus witziger und verzichtet auf die im Remake unangenehm wirkende amerikanische Überheblichkeit des Vaters (Stewart). Stattdessen finden sich der Vater des Kindes (Leslie Banks) und der Anführer der Agenten (Peter Lorre) hier in einer intellektuellen Duellsituation wieder, die stets von britischer Höflichkeit geprägt ist (1. Juni, 20.30 Uhr).
Demokratisierung des guten Geschmacks
Zwei Hände kneten einen Teig, sorgsam entsteht daraus ein kleines Kunstwerk von Pastete. Bereits die ersten Bilder von „À la carte – Freiheit geht durch den Magen“ (R: Eric Besnard) machen deutlich, dass dieser Koch sich als Künstler versteht. Doch wie die meisten Künstler ist auch Pierre Manceron, der Koch des Herzogs von Chamfort, Ende des 18. Jahrhunderts von seinem Gönner abhängig.
Die neue Pastete fällt durch, der sture Koch wird gefeuert und findet sich alsbald gemeinsam mit seinem Sohn in der verfallenen elterlichen Poststation wieder, wo wenig später noch Louise aufkreuzt, eine angebliche Marmeladenköchin, die bei Manceron unbedingt das richtige Kochen lernen will.
„À la carte“ ist genau jene Art von Wohlfühlkino, auf das sich die Franzosen prima verstehen: Man sieht gute Schauspieler:innen in sympathischen Rollen, und jede Einstellung leuchtet, als hätte Rembrandt persönlich das Licht gesetzt. Sieht gut aus, ist angenehm zu schauen und hat einen ungefähren dramatischen Gehalt wie das Sandmännchen. Aber dass Manceron und Louise am Ende einfach ein Restaurant eröffnen, in dem jeder zahlende Gast etwas Ordentliches zu essen bekommt, ist im Sinne der Demokratisierung des guten Geschmacks eine sympathische Sache(4. Juni, 20 Uhr, Capitol Dahlem).