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Wie wurde der Klub zum Bundesliga-Aufstiegskandidaten | ABC-Z

Herr Book, als vor der Saison der Spielplan veröffentlicht wurde und Sie gesehen haben, dass Sie an diesem Sonntag (15.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur zweiten Bundesliga und bei Sky) zum letzten Saisonspiel beim FC Schalke 04 antreten: Hätten Sie gedacht, dass es da um den Aufstieg oder die Relegation gehen kann?

Ehrlich gesagt nicht. Das musste man von beiden Mannschaften nach der letzten Saison auch nicht zwingend erwarten. Ich habe es aber gesehen und fand damals, dass es ein spannendes Spiel mit sehr vielen Zuschauern werden könnte.

Die SV Elversberg steht nach 33 Spieltagen auf Platz drei. Wie hat man es in diese Ausgangslage geschafft?

Ich glaube, das ist auch eine Entwicklung der vergangenen Jahre. Aber in dieser Saison haben wir eine große Qualität im Team, die Jungs haben sich wirklich gut zusammengefunden und sind eine tolle Mannschaft geworden. Viele Spieler haben sich nochmal entwickelt, und wenn man die Art und Weise sieht, wie wir spielen, erkennt man Substanz. Es sind also viele Faktoren zusammengekommen: Gute, fleißige Arbeit von vielen Menschen und an der richtigen Stelle auch noch eine Portion Glück.

Mit 62 Treffern hat Elversberg den zweitbesten Angriff der in der zweiten Bundesliga. Das kann nicht nur Glück sein?

In der Offensive geben wir den Spielern Freiheiten und erlauben ihnen, kreativ zu sein. Darauf legt der Trainer Wert. Auf der anderen Seite haben unsere Spieler einfach eine sehr hohe Qualität. Sie haben die Spielidee, die der Trainer vorgibt, verinnerlicht und wollen sie jede Woche umsetzen. Das hilft uns total. Lieber 4:3 als 1:0 gewinnen ist Teil unserer DNA. Es gibt aber auch noch andere Faktoren, die es uns leichter machen: Dass der Druck von außen und auch intern nicht so gewaltig ist, wie vielleicht bei unserem nächsten Gegner. Das hilft natürlich, aber man muss auch den Respekt zollen, den die Jungs sich verdient haben. Es ist nicht nur Glück, Zufall, wenig Druck, sondern unsere Spieler sind richtig gut.

In Ihrer Mannschaft sind Spieler seit der Regionalliga dabei, dazu verpflichten Sie oft Talente.

Beides gehört dazu. Wir sind froh, dass einige Spieler seit der Regionalliga dabei sind und auch immer noch Leistungsträger sind. Das ist eine wichtige Säule, denn wir wollen Kontinuität haben. Auf der anderen Seite ist es aber als Verein, der noch stark in der Entwicklung ist, der normale Lauf der Dinge, dass man Veränderungen braucht. Qualitativ mussten wir wachsen und über die Jahre sind sehr viele harte Entscheidungen zu treffen gewesen. Diese waren aber immer im Sinn der Mannschaft: Dass wir uns dieser positiven Entwicklung verschrieben haben, auch wenn manchmal gute Jungs auf der Strecke geblieben sind, weil sie nicht das nötige Niveau hatten.

In den vergangenen Jahren spielten mit Nick Woltemade oder Paul Wanner hochveranlagte Spieler auf Leihbasis in Elversberg. Wie lassen sie sich vom Verein überzeugen?

Solche Spieler, die auch schon Bundesligaluft geschnuppert haben, kommen natürlich aus anderen Sphären, von Vereinen, bei denen die Kultur, Stadt und Infrastruktur größer sind. Wir wollen vorher ein Gefühl entwickeln, ob sich die Spieler auf uns einlassen. Sie müssen mit Überzeugung zu uns kommen und die Bedingungen, die nicht luxuriös sind, annehmen. Auf der anderen Seite kann das auch leistungsfördernd für Talente sein, dass nicht alles für einen gemacht wird. Es geht bei uns noch um mehr als nur die Arbeit auf dem Platz.

Was macht denn einen guten Leihspieler für die SV Elversberg aus?

Ob es eine Leihe oder eine feste Verpflichtung ist, ist egal. Natürlich sollte er sehr gut Fußball spielen können, technisch gut sein, viel laufen können. Das sind die Grundelemente, die bei uns immer wichtig sind, dazu wenig Ego. Wir versuchen schon noch ein bisschen genauer hinzuschauen im Scouting-Prozess. Bei uns muss das Gefühl entstehen: Ja, wir können ihn gut in die Gruppe integrieren. Wir haben auch ein paar Verrückte dabei. Aber sie müssen positiv sein und Lust darauf haben, mit der Mannschaft an einem Strang zu ziehen. Und bei Leihspielern ist noch mehr im Fokus, dass er eine hohe Qualität mitbringt. Denn es muss sich auch lohnen, einen Spieler nur für ein Jahr zu verpflichten. Da sind wir noch etwas anspruchsvoller, weil man nicht sagen kann: Okay, vielleicht wird es auch im zweiten und dritten Jahr besser.

Zumal durch Leihen keine Transfererlöse erzielt werden?

Es ist schon so, dass Leihgeschäfte für uns auch wirtschaftlich interessant und attraktiv sind. Zum Teil deutlich attraktiver als feste Verpflichtungen. Denn es ist nicht so, dass wir Spieler, die wir kaufen, für viele Millionen weiterverkaufen. Der Benefit geht für uns über den sportlichen Erfolg hinaus, aber durch diesen haben alle einen Gewinn.

Wanner, Woltemade und in dieser Saison Fisnik Asllani sind allesamt Offensivspieler. Lassen sich Offensivabläufe bei kurzfristigen Leihen schneller einstudieren als defensive?

Ich glaube, es hat eher mit dem Alter zu tun. Unsere Leihspieler sind ausnahmslos sehr jung. In der Defensive ist es wichtiger, keine Fehler zu machen, im Angriff kann man etwas mutiger sein. Ich glaube, dass wir in der Defensivreihe eine sehr hohe Qualität haben und es für uns leichter war, diese Spieler, die unseren Qualitätsansprüchen genügen, fest an uns zu binden. In der Offensive war es einfacher, hochtalentierte, junge Spieler, auszuleihen.

„Ich glaube, dass jeder Standort Vor- und Nachteile hat“: Sportdirektor Nils-Ole Book
„Ich glaube, dass jeder Standort Vor- und Nachteile hat“: Sportdirektor Nils-Ole Bookpicture alliance / Fußball-News Saarland

Sie selbst haben Ihre Profikarriere in der zweiten und dritten Liga verbracht. Wissen Sie besonders gut, welche Eigenschaften dort besonders gefordert sind?

Ich habe viele Sachen erlebt. Mein Debüt ist 20 Jahre her, das war noch alte Schule. Ich denke mir, dass wir Dinge heute anders machen sollten, als sie damals waren, etwa besser mit den Spielern umgehen. Unser Trainer, der noch mal 15 Jahre früher angefangen hat, sieht das genauso.

Sie sprechen die raueren Sitten von damals an. Ist das Mannschaftsklima in Elversberg also harmonisch?

Wir reden nicht über Klavierkonzerte, aber es ist ein menschliches Miteinander. Trotzdem ist es eine Fußballkabine und es kann lauter werden. Aber am Ende des Tages ist es wichtig, wie wir miteinander umgehen und dass wir einen respektvollen Umgang haben, bei allem Spaß, den die Jungs auch mal untereinander haben können. Wir passen aber höllisch auf, dass wir niemanden runterziehen, wenn es uns selbst mal schlecht geht. In so einer Gruppendynamik geht es um viele Kleinigkeiten, für die unser Trainer ein waches Auge hat.

Seit 2018 ist das Horst Steffen. Was zeichnet ihn aus?

Horst ist ein sehr menschlicher Trainer, die Spieler können sich auf seine Art verlassen – und das seit vielen Jahren. Das ist auch ein Punkt, mit dem wir junge Spieler anwerben können, diese Kontinuität. Horst glaubt an das Gute in den Jungs. Das ist wichtiger, als man denkt: Er gibt ihnen einen Vertrauensvorschuss und bekommt diesen häufig auch zurück. Die Jungs laufen für sich selbst und den Verein, aber auch für ihren Trainer. Denn die Spieler identifizieren sich mir seiner offensiven Spielidee: Lieber nach vorne spielen als nur verteidigen. Horst muss nicht alles kleinteilig und mit der Schablone vorgeben, sondern fördert die Kreativität. Es ist eine sehr belastbare Beziehung zwischen der Mannschaft und dem Trainer.

Ein Blick auf den nächsten Gegner Schalke 04 zeigt, wie schwer es manchmal für einen Trainer sein kann.

Das ist natürlich ein Wettbewerbsvorteil, den wir haben. Aber ich glaube, dass jeder Standort Vor- und Nachteile hat. Wir haben bei Weitem nicht die Möglichkeiten von den allermeisten Vereinen in dieser Liga, werden oft unterschätzt. Auf der anderen Seite haben wir darin auch Chancen erkannt. Wir wollen zusammenhalten und immer vernünftig und konstruktiv in die gleiche Richtung arbeiten. Dass die Medienlandschaft hier nicht so groß ist und wir nicht diese unglaubliche Fan-Wucht und Tradition haben, kommt dazu. Genauso kann es aber auch ein Vorteil sein kann, wenn man als Heimmannschaft auf Schalke von 60.000 Zuschauern getragen wird.

Manchmal wird Elverberg mit dem 1. FC Heidenheim verglichen. Haben Sie den Verein in den vergangenen Wochen intensiver verfolgt?

Ich verfolge fast alles im Fußball, da ist mir nicht entgangen, warum Sie diese Frage stellen. Im Verein haben einige Leute sicher in die Spiele reingeschaut. Aber für uns ist das einzige, das zählt, der nächste Gegner, Schalke 04. Das sieht auch der Trainer so.

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