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Wie Verleger die Pressefreiheit riskieren • Medieninsider | ABC-Z

Deutschlands Verleger fühlen sich mit ihren Problemen alleingelassen. Für mehr Aufmerksamkeit wollen manche ihre Redaktionen in Stellung bringen. Ein solcher Verzweiflungsakt würde mehr schaden als nutzen. Ein Kommentar.

Dieser Kommentar braucht einen Disclaimer. Ich arbeite in einer nicht immer ganz einfachen Doppelrolle: Als Chefredakteur bestimme ich die inhaltliche Ausrichtung von Medieninsider. Zugleich bin ich Gesellschafter und damit Unternehmer – in klassischer Sprache also Verleger. Verleger und Chefredakteure haben nicht immer dieselben Interessen. Ich kann also nicht frei von inneren Konflikten sein und verkörpere etwas, vor dem oft gewarnt wird: eine Einheit aus Verlag und Redaktion. Trotz und sogar wegen dieser Tatsache kann ich an dieser Stelle eine Idee kritisieren, die in dieser Woche laut geworden ist: Dass deutsche Verleger und Medienmanager ihre Redaktionen für Lobbyarbeit in eigener Sache einspannen wollen.

Beim diesjährigen BDZV Kongress in Berlin, dem Klassentreffen der deutschen Zeitungsverleger, meldeten sich gleich mehrere Vertreter mit entsprechenden Absichten zu Wort. Verlegerin Inken Boyens forderte, dass Zeitungen stärker in eigener Sache berichten müssen. Medienmanagerin Stephanie von Unruh appellierte, die Macht der Plattformen auch redaktionell kritischer zu beleuchten. Jochen Anderweit, Chef des Verlegerverbands Niedersachsen, sprach davon, Chefredakteure stärker für medienpolitische Themen sensibilisieren zu müssen. Und Matthias Ditzen-Blanke (Foto), Verleger der Nordsee-Zeitung und einer der BDZV-Vorstände, formulierte es unverblümt: Man müsse die „Trennung aufheben zwischen Verlag und Redaktion“.

Klar ist: Es geht den Verlegern hier nicht darum, Redaktionen Botschaften ihrer Werbekunden unterzujubeln. Es geht um medienpolitische Interessen – darum, Forderungen an Politik und Tech-Konzerne wie Google, Meta oder jetzt OpenAI mit publizistischer Schlagkraft zu untermauern. Aber auch das ist ein großes Problem.

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