Wirtschaft

Wie Unternehmen Inklusion vermeiden – und davon auch noch profitieren | ABC-Z

Im Jahr 2022 haben knapp 111 000 Arbeitgeber in Deutschland zu wenig Menschen mit Behinderung eingestellt. Auch der Süddeutsche Verlag, zu dem die Süddeutsche Zeitung gehört.

Es gibt große Unterschiede zwischen privaten Firmen und öffentlichen Arbeitgebern. Öffentliche Arbeitgeber sind zum Beispiel Behörden und Ämter. Sie stellen mehr Menschen mit Behinderung ein. Aber viele öffentliche Arbeitgeber geben auch mehr Aufträge an Werkstätten. Sie sollen das auch machen.

Experten wie Ulrich Scheibner glauben nicht, dass es nur um Geld geht. Er sagt: Die finanziellen Vorteile sind nicht groß genug.

Die Forscherin Gudrun Wansing glaubt: Für Firmen ist es eben einfacher, wenn Menschen mit Behinderung in Werkstätten arbeiten. Dann müssen die Firmen keine Arbeitsplätze anpassen und keine Hilfen beantragen.

Wansing erklärt: Der Arbeitgeber muss sich um vieles kümmern, wenn er behinderte Menschen einstellen will. „Das ist unbequem“, sagt sie.

Arbeitgeber haben Vorurteile

Ing Han Ong denkt, dass Vorurteile ein wichtiger Grund sind. Er hat das selbst erlebt, als er im Supermarkt gearbeitet hat.

Er erzählt: „Die eine Chefin hat so ein bisschen Mobbing gemacht, also war gegen mich – gegen Behinderte.“ Ing Han Ong hat gehört, wie seine Chefin über ihn geredet hat. Er erzählt: Sie hat immer zu den anderen Mitarbeitern gesagt, dass ich langsam bin. Und dass ich die Sachen nicht gut gepackt habe.

Auch deshalb arbeitet Ing Han Ong lieber wieder in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Er sagt: Vielleicht haben die Firmen ein bisschen Angst vor Menschen mit Behinderung. Und Angst, dass etwas in der Firma schiefgeht.

Die Expertin Gudrun Wansing sieht es ähnlich. Sie sagt: Viele denken, dass Menschen mit Behinderung nicht gut ausgebildet sind oder nicht viel leisten können. Aber das stimmt nicht.

Sie erzählt: Bei den arbeitslosen Menschen mit schwerer Behinderung gibt es sogar mehr gut ausgebildete als bei den arbeitslosen Menschen ohne Behinderung.

Der Pharma-Konzern Merck sagt das auch. Das Unternehmen hat etwas mehr als 5 von 100 Mitarbeitern mit Behinderung. Die Firma Merck sagt: Menschen mit Behinderung sind oft sehr motiviert und besser ausgebildet. Dass sie Dinge anders sehen und andere Erfahrungen haben, bringt oft neue Ideen und bessere Lösungen.

Eine Studie vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sagt: Um Menschen mit Behinderung besser in Firmen zu integrieren, muss man zuerst Vorurteile abbauen. Weil es nicht genug gut ausgebildete Mitarbeiter gibt und die Menschen in Deutschland immer älter werden, ist es besonders wichtig: Firmen sollen die Talente von Menschen mit schwerer Behinderung nutzen.

Damit das in Deutschland besser geht, müssen noch viele Dinge getan werden. Es gibt Vorschläge, wie man das System ändern kann:

Die Regeln für die Ausgleichs-Abgabe sollen neu gemacht werden.

Es soll nicht mehr so einfach sein, dass Firmen durch Aufträge an Werkstätten weniger Strafe zahlen.

Werkstätten sollen sich mehr öffnen und der normale Arbeitsmarkt auch.

Dafür gibt es zum Beispiel das „Budget für Arbeit“. Dieses Modell wird bisher aber wenig genutzt. Beim „Budget für Arbeit“ bekommen Menschen mit Behinderung Hilfe beim Start in den Beruf. Und bis zu 75 von 100 Euro des Gehalts werden bezahlt.

Vielleicht bekommt dann auch Ing Han Ong eine neue Chance. Er möchte nicht nur einen Arbeitsplatz in der Werkstatt, sondern einen normalen Job. Ing Han Ong sagt: „Am liebsten würde ich irgendwas mit Service machen. Das ist mein Ziel, irgendwann mal wieder in die Gastronomie zu gehen. Weil immer verpacken ist auch manchmal ein bisschen langweilig.“

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