Wie Trump sich ans Werk macht | ABC-Z
Diesmal soll alles ganz anders sein. Donald Trump ist es wichtig, deutlich zu machen, dass er in seiner zweiten Amtszeit keine Zeit verstreichen lässt. Am Tag nach seiner Vereidigung wartete sogleich ein strammes Programm auf den Präsidenten, obwohl er am Montag ausgiebig gefeiert und noch am späten Abend mehrere Inaugurationsbälle in Washington besucht hatte.
Am Dienstagnachmittag verkündete Trump vom Weißen Haus aus das erste Großprojekt: Die Tech-Konzerne OpenAI, SoftBank und Oracle würden eine viele Milliarden in die Infrastruktur für Künstliche Intelligenz investieren. Neben ihm standen die Konzernchefs Sam Altman, Masayoshi Son und Larry Ellison. In das „Stargate Project“ würden zunächst 100 Milliarden Dollar investiert. In den kommenden vier Jahren solle die Summe auf bis zu 500 Milliarden Dollar anwachsen. Das Projekt mit Sitz in Texas, das mit Sonderdekreten unterstützt werde, soll 100.000 Arbeitsplätze schaffen.
Absprachen im Parlament
Zuvor hatte Trump sich mit der republikanischen Kongressführung getroffen. Es ging um die legislative Agenda, um den Wunsch des Präsidenten, große Reformprojekte – Steuern, Energie und die Grenze – in ein großes Gesetz zu packen, und um die Frage, wie es gelingen könnte, die Schuldengrenze zu heben. Die Republikaner im Repräsentantenhaus wollen Trump folgen. John Thune, der Mehrheitsführer im Senat, ist da noch etwas zurückhaltender. Er hatte bislang für zwei Gesetze plädiert, damit die Reform der Grenzpolitik schnell auf den Weg kommt.
Mike Johnson, Sprecher des Repräsentantenhauses, wurde später noch gefragt, ob die Begnadigung der Gewalttäter vom 6. Januar 2021 durch den Präsidenten besprochen worden sei, was dieser verneinte. Mehrere republikanische Kongressmitglieder hatten ihren Unmut über den Schritt bekundet: Als „Law-and-Order“-Partei sende man ein falsches Signal, schließlich gehe es um Gewalt gegen Polizisten. Die Kongressführung gab die Losung aus, man blicke nach vorn.
Rubio ist nun Außenminister
Erfreulichere Nachrichten lieferte der Senat für Trump. Die zweite Kammer bestätigte noch am Montag Marco Rubio als Außenminister – mit 99 zu null Stimmen. Die einzige Stimme, die fehlte, war jene von J. D. Vance, der inzwischen Vizepräsident ist. Bei anderen Anhörungen von Trumps Kabinettskandidaten treten die Demokraten bislang auf die Bremse, was Thune verärgert.
Vance vereidigte Rubio am Dienstagmorgen. Der bisherige Senator aus Florida brach sogleich ins State Department auf und wandte sich an seine Mitarbeiter: „Alles, was wir tun, muss durch die Antwort auf eine von drei Fragen gerechtfertigt sein. Macht es uns stärker? Macht es uns sicherer? Und macht es uns wohlhabender?“ Ein zentrales Anliegen der Außenpolitik sei es, Frieden zu schaffen – Frieden durch Stärke natürlich. Die Trump-Regierung werde versuchen, Konflikte zu verhindern und zu vermeiden, „aber niemals auf Kosten unserer nationalen Sicherheit, niemals auf Kosten unserer nationalen Interessen und niemals auf Kosten unserer Grundwerte, als Nation, als Volk“, sagte er.
Damit formulierte Rubio Trumps Mission. Der Außenminister sagte aber auch, das State Department, wo einige der klügsten außenpolitischen Köpfe arbeiteten, solle im Zentrum stehen, wenn es um Amerikas Engagement in der Welt gehe. Das war eine Aufforderung an die Diplomaten mitzuziehen. Es waren andere Töne, als jene, die Mike Pompeo, Trumps zweiter Außenminister in der ersten Amtszeit, seinerzeit gewählt hatte: Er hatte das Ressort als „Deep State Department“ verunglimpft.
Operation Vergeltung
Den sogenannten tiefen Staat hat Trump aber freilich trotzdem im Visier. Er verfolgt die Operation Vergeltung: So wurden sogleich ranghohe Beamte im Justizministerium aus zentralen Abteilungen in die Peripherie versetzt. Der Präsident rächt sich auch an ehemaligen Mitarbeitern, die sich von ihm abgewandt haben, so an seinem früheren nationalen Sicherheitsberater John Bolton, der seinen Personenschutz verlor, obschon das iranische Regime ihn ins Visier genommen hat.
Der zweite Tag im Amt hatte nicht gerade angenehm für den Präsidenten angefangen. Beim morgendlichen Gottesdienst nach der Amtseinführung in der National Cathedral hatte die anglikanische Bischöfin von Washington, Mariann Edgar Budde, versucht, Trump ins Gewissen zu reden. Am Ende ihrer Predigt wandte sie sich direkt an ihn: „Im Namen unseres Gottes bitte ich Sie, dass Sie sich der Menschen in unserem Land erbarmen, die jetzt Angst haben.“ Es gebe „schwule, lesbische und transsexuelle Kinder in demokratischen, republikanischen und unabhängigen Familien. Manche fürchten um ihr Leben.“
Weiter sagte sie, die Erntehelfer und Reinigungskräfte, die Arbeiter in Geflügelfarmen und Fleischverarbeitungsbetrieben, in Restaurants und Krankenhäusern seien „vielleicht keine Staatsbürger oder haben nicht die richtigen Papiere, aber die große Mehrheit der Einwanderer ist nicht kriminell“. Trump und Vizepräsident J. D. Vance tauschten Blicke aus, die ihr Missfallen zum Ausdruck brachten.
Trump hält sich eher zurück
Nach der Rückkehr ins Weiße Haus wurde Trump im Rosengarten von einer Journalistin gefragt, was er von dem Gottesdienst gehalten habe. Er denke nicht, dass er gut gewesen sei, erwiderte er. Ansonsten hielt er sich zurück. Vor acht Jahren wäre er in die Luft gegangen – und hätte seinen Ärger an den Journalisten ausgelassen. Das tat er diesmal nicht.
Überhaupt bemüht er sich derzeit um einen konzilianten Ton gegenüber den Medienvertretern. Am Montagabend, als er im Oval Office einen großen Stapel an Dekreten unterzeichnete, lud er die Presse dazu und kommentierte mit großer Genugtuung seine ersten Amtshandlungen. Ein langer Tag steckte da schon in seinen Knochen, doch er antwortete geduldig und entspannt.
Post von Biden
Irgendwann fragte er, wie oft Joe Biden zu so später Stunde zu einer solch lockeren Pressebegegnung geladen habe. Eine ironische Frage in Anspielung darauf, dass der frühere Präsident recht selten länger mit den Journalisten geredet hatte und um diese Uhrzeit häufig auch schon im Bett lag. Ein Journalist fragte, ob Biden ihm einen Brief hinterlassen habe. „Oh“, sagte Trump, er habe noch gar nicht geschaut. Dann öffnete er die Schublade des „Resolute Desk“, des schweren Eichenholzschreibtisches, und zog einen Umschlag mit der handschriftlichen Aufschrift „47“ heraus. Er las ihn aber nicht vor. Am Dienstag sagte er aber, es sei ein sehr netter Brief seines Vorgängers gewesen. Biden habe geschrieben, er möge gute Arbeit leisten.
Vor vier Jahren hatte Trump Biden zwar nicht zur Amtsübergabe im Weißen Haus empfangen, wohl aber auch ein Schreiben hinterlassen, über das der Demokrat seinerzeit sagte, es sei wohlwollend gewesen. Diesmal hatte Biden Trump im Weißen Haus sogar mit den Worten begrüßt: „Willkommen zuhause.“ Tatsächlich fühlte sich der neue Präsident schnell wieder heimisch: „Was für ein großartiges Gefühl“, sagte er, als er das Oval Office betrat.
In den Stunden der Amtseinführung im Kapitol war sein Büro umgeräumt worden. Ein Teppich wurde ausgetauscht. Das Porträt des Demokraten Franklin D. Roosevelt über dem Kamin wurde abgehängt und durch eines von George Washington ersetzt. Eine Büste Winston Churchills wurde aufgestellt, die Trump schon in seiner ersten Amtszeit an der Stelle stehen hatte. Auch ein Porträt Andrew Jacksons wurde wieder angebracht. Trump identifiziert sich mit dem siebten Präsidenten, der ein Populist und Disruptor seiner Zeit war. Hinter Trumps Schreibtisch standen schon seine Familienbilder. Trump verabschiedete die Journalisten vergnügt. Wie lange wird die gute Laune halten?