Wie Stephan Braunfels die Gasteig-Sanierung billiger machen will | ABC-Z
Es wird nicht nur teuer, sondern sehr teuer. Und lang dauern wird es auch: bis 2035 nach letztem Stand. Rund 900 Millionen Euro soll die Generalsanierung des Gasteig kosten. Geplant ist ein Partnering-Modell, bei dem der Bau einer Tochtergesellschaft der Stadt übertragen werden soll, die ihrerseits private Investoren mobilisieren will.
Die Durchführung dieses Verfahrens kostet aber auch erst einmal etwas mehr über sechs Millionen Euro, die der Stadtrat in der Vollversammlung am Mittwoch bewilligen soll.
Ökologisch eine Todsünde
“Ich bin inzwischen 74 Jahre alt und möchte die Wiedereröffnung der Philharmonie noch erleben”, sagt Stephan Braunfels. Der Architekt der Pinakothek der Moderne begrüßt die Generalsanierung: “Dass die Foyers dieser bunkerhaften Trutzburg große Glasfenster mit herrlichen Blicken auf München bekommen sollen, ist eine enorme Verbesserung.”
Dass der große Konzertsaal mit seinen 2400 Plätzen zwecks Verbesserung der Akustik und einer Schadstoffsanierung mehr oder weniger abgerissen und mit 1800 Plätzen neu gebaut werden soll, sei “ökologisch eine Todsünde”. Das treibe die Kosten erst auf jene 900 Millionen, die einige Stadträte regelmäßig schaudern lässt.
Alte Lösung, neu gedacht
Braunfels schlägt vor, den bestehenden Saal für 40 bis 50 Millionen zu verkleinern und mit eingehängten Akustiksegeln und Akustikwänden seitlich des Orchesterpodiums “zu einem der akustisch besten Konzertsäle der Welt” umzubauen. Außerdem sollten der hintere Bereich links und rechts des in den Raum hineinragenden Turms abgetrennt und geschlossen werden. Diese Plätze in den Blöcken M bis R sind zu weit vom Orchester entfernt. Ohnehin war bei der Planung des Gasteig in den 1980er Jahren gedacht, sie durch fahrbare Wände abzutrennen, um die Plätze bei kleineren Konzerten von 2400 auf 1800 zu reduzieren, was aber aus Kostengründen nicht verwirklicht wurde.
Braunfels möchte auf diese Weise das übergroße, akustisch nachteilige Raumvolumen reduzieren. Ansonsten soll der Saal unverändert bleiben. Auf diese Weise könnten 400 bis 500 Millionen gespart werden, “so dass die Gesamtkosten der Generalsanierung des Gasteig nur rund 350 bis 450 Millionen betragen, was sich die Stadt München leisten kann”, so der Architekt.
Einen schweren Brocken genießbarer machen
Der Vorschlag hat tatsächlich einigen Charme. Er würde die notwendige Öffnung des Bibliothekstrakts und die Verbindung der Gebäudeteile durch eine gläserne “Kulturbühne” nicht antasten. Eine Halbierung der Kosten würde das Projekt gesellschaftlich und politisch akzeptabler machen.
Die Gasteig-Sanierung ist wegen der veralteten Haustechnik und einiger Bauschäden unvermeidlich. Wirklich geliebt wird dieses Projekt allerdings von niemandem. Und paradoxerweise hat die Sanierung wegen der erfolgreichen Interimsbauten und der Zwischennutzung zunehmend auch ein Akzeptanzproblem.
Jeder Besucher der Fat Cat fragt sich, warum dieses Gebäude eigentlich saniert werden muss, obwohl es irgendwie funktioniert. Die Antwort lautet bekanntlich: Weil sich die Schäden hinter dicken Beton- und Ziegelmauern befinden. Aber die sieht kein Besucher. Und auch der Erfolg der nur 40 Millionen teuren Isarphilharmonie lässt Zweifel wachsen, ob man wirklich mehr als das Zehnfache für die neue Philharmonie am Gasteig ausgeben muss. Dazu kommt noch die Entschlossenheit des Freistaats, dem Drängen des BR-Symphonieorchesters nach einem Neubau im Werksviertel nachzugeben.
Da könnten Überkapazitäten entstehen, und vielleicht wäre es vernünftig, bei der Philharmonie nicht nur an die Bedürfnisse der Klassik zu denken, sondern Stadt und Freistaat dazu zu bringen, ein Gesamtkonzept für Münchens musikalische Veranstaltungsbauten zu entwickeln. Braunfels liefert mit seinen Sparvorschlägen einen interessanten Denkanstoß. Der Architekt ist im besten Sinn ein Querkopf. Was leider dazu geführt hat, dass seine Vorschläge oft nicht ernst genommen werden. Was schade ist.
Wer die Debatte um den Gasteig verfolgt, dürfte auch wissen, dass die von Braunfels vorgeschlagenen Veränderungen an der Philharmonie nicht neu sind. Aber es ist der richtige Zeitpunkt, angesichts der Sparzwänge der Stadt im Kulturbereich über solche Ideen neu nachzudenken.
Noch ist die Gasteig-Sanierung in einem Stadium, an dem sich unter Ächzen das Ruder noch herumreißen lässt.