Wie sich Starmer und Macron für das Treffen mit Trump rüsten | ABC-Z

Der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer haben in getrennten Telefongesprächen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj den Rücken gestärkt. Starmer habe „dem demokratisch gewählten Anführer“ der Ukraine seine Unterstützung zugesichert, hieß es anschließend aus der Downing Street.
Der Premierminister ging damit indirekt auf Vorwürfe des amerikanischen Präsidenten Donald Trump ein, der Selenskyj als „Diktator“ bezeichnete, da er seine turnusgemäße Wiederwahl im vergangenen Jahr wegen des Krieges mit Russland ausgesetzt hatte.
Starmer gab gegenüber dem ukrainischen Präsidenten an, es sei „vollkommen verständlich“, Wahlen in Kriegszeiten auszusetzen, so habe Winston Churchill das während des Zweiten Weltkrieges auch getan. Weiter hieß es in London, Starmer habe seine Unterstützung „für die von den Vereinigten Staaten angeführten Bemühungen“ bekräftigt, „einen dauerhaften Frieden in der Ukraine zu erreichen, der Russland von jeder künftigen Aggression abhält“. Der britische Premierminister reist nächste Woche zu Gesprächen mit Trump nach Washington.
Macron, der schon zu Beginn der Woche im Weißen Haus erwartet wird, sieht es unterdessen als seine Mission, der „klaren und einheitlichen Position“ der Europäer bei Trump Gehör zu verschaffen. Europaminister Benjamin Haddad sagte am Donnerstag im Fernsehsender LCI, Macron „wird die Stimme der Europäer sein und sagen, dass nicht ohne sie über die Zukunft der Ukraine entschieden werden kann“.
Ein „großartiges Gespräch“ mit Macron
Nach informellen Gipfelgesprächen in Paris mit insgesamt 22 EU-Partnern und den NATO-Verbündeten Großbritannien, Kanada, Island und Norwegen legte Macron die Grundsätze der Friedensbemühungen dar, wie er sie Trump übermitteln will. Dazu zählen eine Einbeziehung der Ukraine sowie solide und glaubwürdige Sicherheitsgarantien.
„Die Sicherheitsbedenken der Europäer müssen berücksichtigt werden“, sagte Macron. In seinem Telefonat mit Selenskyj schilderte er dem ukrainischen Präsidenten, wie er im Weißen Haus auftreten wolle. Selenskyj sprach hinterher auf der Plattform X von einem „großartigen Gespräch“ mit Macron. „Wir schätzen diese einheitliche Position sehr“, so Selenskyj. Die nächsten diplomatischen Termine seien eng miteinander koordiniert worden. „Frankreich schätzt die Freiheit genauso sehr wie wir“, gab der ukrainische Präsident nach dem Telefonat an.
Im Gegensatz zu Starmer verzichtete der französische Präsident auf öffentliche Kritik an Trumps jüngsten Äußerungen. Macron hält sich den direkten Draht zu Trump zugute, der nie abgerissen ist. Im November 2018 hatte Trump wutentbrannt Paris verlassen, weil er Macrons Rede zum 80. Jahrestag des Ersten Weltkriegs unerträglich fand.
Macron prangerte darin den Nationalismus an, worauf Trump in den sozialen Netzwerken über die niedrigen Umfragewerte des französischen Präsidenten und den schlechten Zustand Frankreichs lästerte. Die Franzosen hätten 1944 schon angefangen Deutsch zu lernen, zum Glück hätten dann aber die amerikanischen Soldaten in den Krieg eingegriffen, so Trump.
Britisch-französische Beiträge zu einer Friedenstruppe
Das war nur wenige Monate, nachdem Trump im Weißen Haus dem Ehepaar Macron als ersten Staatsgästen seiner Amtszeit den roten Teppich ausgerollt hatte. Macron nutzte jedoch im vergangenen Jahr Trumps Interesse an der Kathedrale Notre-Dame de Paris, um ihn im Dezember als Ehrengast zur Wiedereröffnung der Kirche zu empfangen. Bei dieser Gelegenheit knüpfte sein Team wertvolle Kontakte zu Trumps Stab.
Unterdessen mehren sich Mutmaßungen, welche Beiträge britische und französische Streitkräfte zu einer Friedenstruppe leisten könnten, die einen dauerhaften Waffenstillstand in der Ukraine zu überwachen hätte. Nach Meldungen in britischen Zeitungen zielen die Überlegungen mittlerweile vor allem auf eine Luftraumüberwachung; eine zentrale Rolle könnten die Strukturen einer gemeinsamen Eingreiftruppe (CJEF) bilden, die London und Paris vor 15 Jahren gegründet haben.
Am vergangenen Wochenende hatte Starmer die Bereitschaft gezeigt, britische Truppen in die Ukraine zu entsenden. Einschätzungen ehemaliger führender Offiziere lauteten jedoch, die in den vergangenen Jahrzehnten stark geschrumpfte britische Armee könne wohl höchstens 10.000 Soldaten für die Dauer eines Jahres abstellen.
Nun hieß es in den britischen Zeitungen „Times“ und „Financial Times“, Bodentruppen kämen wohl vor allem für den Schutz strategisch wichtiger Orte, etwa Häfen oder Kernkraftwerke, infrage. Stattdessen sollten Kampfflugzeuge eingesetzt werden, um den Luftraum über einer Waffenstillstandslinie zu überwachen und Russland von Attacken auf ukrainisches Gebiet abzuhalten. Die Flugzeuge müssten nicht in der Ukraine selbst stationiert sein, sondern könnten diese Aufgabe auch von Polen oder Rumänien aus wahrnehmen.
Handlungsunfähig ohne die Zustimmung der USA
Seit 2020 ist die französisch-britische Combined Joint Expeditionary Force (CJEF) mit 10.000 Soldaten voll einsatzfähig und stellt eine Erstschlagkraft für multilaterale Koalitionen dar. Schon im Lancaster-House-Abkommen im Jahr 2010 war das Ziel formuliert worden, dass CJEF gebraucht werde, sollten die Vereinigten Staaten sich bei Einsätzen in Europa nicht beteiligen wollen.
Das Rückgrat der CJEF ist ein Netzwerk von 120 Austauschoffizieren auf beiden Seiten des Ärmelkanals. Ohne die Zustimmung der Vereinigten Staaten ist das CJEF allerdings handlungsunfähig. Sowohl Frankreich als auch Großbritannien benötigen bei Kommunikation und Aufklärung die Unterstützung durch die NATO-Informationssysteme.
In London wurde nochmals daran erinnert, dass sowohl der britische Premierminister als auch sein Verteidigungsminister John Healey Anfang der Woche geäußert hatten, ohne eine amerikanische „Rückversicherung“ werde eine bewaffnete Überwachungsmission in der Ukraine nicht den gewünschten Abschreckungseffekt auf Moskau haben können. Das könnte auf eine Unterstützung durch amerikanische Luftstreitkräfte, aber auch auf amerikanische Aufklärungsfähigkeiten zielen.
Die kritischen Äußerungen Trumps über den ukrainischen Präsidenten bringen in Großbritannien auch die Führung der oppositionellen Konservativen und die Rechtspopulisten der Reformpartei in Bedrängnis. Sie wollen einerseits gern zu den Anhängern des amerikanischen Präsidenten zählen, andererseits haben sie den Abwehrkampf der Ukraine bislang leidenschaftlich unterstützt.
Der frühere Premierminister Boris Johnson sagte, die Europäer sollten aufhören, immer wieder über Trumps Äußerungen entsetzt zu sein und ihm stattdessen „helfen, diesen Krieg zu beenden“. Trumps Stellungnahmen beabsichtigten nicht, „historisch akkurat zu sein“, sie hätten vielmehr das Ziel, die Europäer zum Handeln zu treiben.
Die Parteichefin der Konservativen, Kemi Badenoch, sagte, so wie in der Vergangenheit werde die Partei auch unter ihrer Führung „immer an der Seite der Ukraine stehen“. Auch sie widersprach Trump und sagte, Selenskyj sei „kein Diktator“. Er sei der demokratisch gewählte Anführer der Ukraine, der tapfer Putins illegaler Invasion widerstanden habe.