Gesundheit

Wie sich die Krankenhausreform auf die hessischen Kliniken auswirken wird |ABC-Z

Kurz vor der Neuwahl ist die lange geplante Krankenhausreform doch noch im Bundesrat verabschiedet worden. Nun sind die Bundesländer am Zug: Sie müssen aus den allgemeinen Beschlüssen auf Bundesebene konkrete Reformen vor Ort machen.

Das wird vor allem bedeuten, dass die Kliniken noch mehr als bisher ihre Spezialisierungen hervorheben werden. Bestimmte Operationen können dann nur noch in Krankenhäusern angeboten werden, die zahlenmäßig viel Erfahrung mit einem Eingriff und außerdem eine bestimmte Zahl von Fachkräften vorweisen können. Diese Qualitätsanforderungen sollen bundesweit in 65 Leistungsgruppen festgelegt werden. Dann wird es Aufgabe der Planungsbehörden der Länder sein, ihre Krankenhäuser diesen Leistungsgruppen zuzuweisen – und gegebenenfalls so über Schließungen von Stationen oder ganzen Häusern zu entscheiden.

Dabei stellt sich die Frage, wie sich Bundesländer untereinander abstimmen, etwa dort, wo sich Patientenströme nicht um Ländergrenzen scheren – zum Beispiel zwischen Wiesbaden und Mainz, aber auch zwischen Montabaur und Limburg und von Nordhessen aus in Richtung Göttingen.

Vorteile für Patienten – aber „große Herausforderung“ für Krankenhäuser

Bei der Patientenversorgung in Wiesbaden und Umgebung spielt etwa die Mainzer Universitätsklinik bereits jetzt eine große Rolle: Dass Kranke aus Hessen auf der anderen Rheinseite be­handelt werden, ist eher Alltag denn Ausnahme. Die Patientenversorgung geschehe seit vielen Jahren auch über Bundesländergrenzen hinweg, heißt es hier.

Die Mainzer Universitätsmedizin erwartet im Zuge der Krankenhausreform künftig etwa zehn Prozent mehr Patienten mit komplexen Erkrankungen, weil solche nach der Reform eben nur noch von ausgewählten Häusern behandelt werden dürfen. Das hat laut Universitätsmedizin Vorteile für die Patientinnen und Patienten. Es bedeute aber auch, dass diese Angebote künftig besser koordiniert und abgestimmt werden müssten.

Der Geschäftsführer der Hessischen Krankenhausgesellschaft, Steffen Gramminger, sagt voraus, dass sich das Angebot der Krankenhäuser verändern wird. Eine Schließungswelle sieht er aber nicht. „Die Reform wird eine stärkere Zentralisierung und Spezialisierung fördern: Leistungen werden an weniger Orten angeboten, da komplexe Eingriffe zukünftig nur noch an Zentren erbracht werden sollen.“ Gramminger sieht darin Vorteile für Patienten. Sie möchten gut behandelt werden. Für die Krankenhausplanung sei das aber „eine große Herausfor­derung“.

Dass es kaum Planung über Landesgrenzen hinweg gebe, egal, wie eng der Raum vernetzt sei, sei „ein Nachteil des Föderalismus“, sagt Jürgen Graf, der Ärztliche Direktor des Frankfurter Universitätsklinikums. Damit die Reform ein Erfolg werde, müsse man bei der Planung „die Perspektive des Adlers einnehmen und nicht die der Ameise“.

Der „Adler“ muss neben den Ballungsräumen auch das Land im Blick haben. „Das größte Risiko liegt in der Sicherstellung der ländlichen Versorgung und hier insbesondere in der Notfallversorgung“, sagt Gramminger. „Während der urbane Raum durch die Reform vergleichsweise stabil bleiben könnte, besteht die Gefahr, dass die Versorgung in strukturschwachen ländlichen Regionen sich weiter verschlechtert.“

Wirtschaftliche Situation von kleinen Häusern angespannt

Doch die Krankenhausreform hat auch die Regionen im Blick und sieht Ausnahmeregelungen vor. Um eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen, sind Vorgaben gemacht worden, in wie viel Minuten ein Krankenhaus erreichbar sein muss. Außerdem werden bestimmte Fachgebiete, etwa Geburtsstationen, Zuschläge erhalten, um Standorte in der Fläche zu sichern.

Schließungen kleinerer Häuser sehen Fachleute dagegen in Großstädten wie auf dem Land voraus. Im Ballungsraum Rhein-Main haben schon Zusammenschlüsse stattgefunden: Im vergangenen Jahr schloss die Geburtsstation des Krankenhauses Sachsenhausen, weil dort die Zahl der Entbindungen nicht mehr ausreichte, um die Station wirtschaftlich zu betreiben, teilte damals die Klinikleitung mit.

Zum 1. Januar 2025 übernahm das Frankfurter Universitätsklinikum dann das gesamte Klinikum Sachsenhausen, das bisher zu einem Verbund diakonischer Gesundheitseinrichtungen gehörte. Die wirtschaftliche Situation gerade von kleinen Häusern – vor allem auch mit Blick auf die bevorstehende Krankenhausreform – sei „äußerst angespannt“, begründet Geschäftsführer Hubertus Jaeger die Übernahme.

„Wir nehmen mit der Übernahme Bettenkapazitäten aus dem überversorgten Markt heraus“, sagt Jürgen Graf. Er geht davon aus, dass die Krankenhausreform dazu führen wird, „dass in Regionen, in denen es überproportional viel Angebot gibt, Klinken schließen werden“.

Die stationäre Versorgung in Hessen

148 Krankenhäuser in Hessen

■89.000 Beschäftigte in Kliniken

■1,2 Millionen Patienten sind vollstationär behandelt worden

■35.000 Betten, die durchschnittlich zu 70 Prozent ausgelastet sind

■Patienten verbrachten im Schnitt 7,3 Tage im Krankenhaus

■Von den 128 Krankenhäusern, die Teil der Landeskrankenhausplanung sind, befinden sich 45 in öffentlicher Trägerschaft, 36 haben einen frei gemeinnützigen und 47 einen privaten Träger.

■Zwei Universitätskliniken in Frankfurt und in Gießen/Marburg.

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