Angst vor Sondermüll am Campus Martinsried – Landkreis München | ABC-Z

Soll es in Martinsried – ganz in der Nähe der wissenschaftlichen Institute auf dem Campus und der anschließenden Wohnbebauung – schon bald eine Art Sondermülldeponie mit belastetem Aushubmaterial geben? Wenn man den Worten von Gemeinderat Peter von Schall-Riaucour (Pro Planegg und Martinsried) und dem örtlichen Bund Naturschutz glauben darf, sieht es ganz danach aus.
In der Sitzung des Umweltausschusses des Gemeinderats am Donnerstagabend bezog sich Schall-Riaucour in der Fragestunde auf Aussagen des abwesenden Rathaus-Geschäftsführers Stefan Schaudig. In einem Interview hatte Schaudig angekündigt, die vormalige Zwischenlagerfläche für belastete Materialien der U-Bahnbaustelle auch weiterhin nutzen zu wollen. Alle Voraussetzungen für eine weitere Verpachtung seien gegeben, Interessenten hätten sich schon gemeldet. Der Freistaat bewirbt die Fläche bereits über seinen Immobilien-Dienstleister Imby, die Angebotsfrist läuft nur noch bis zum 24. November.
Im Gemeinderat löste Schaudigs Ankündigung Irritation und lautstarkes Unverständnis aus, das Wort „Skandal“ fiel. Denn niemand war informiert, auch nicht Zweite Bürgermeisterin Judith Grimme (Grüne), die die Sitzung in Vertretung von Rathauschef Hermann Nafziger (CSU) leitete: „Davon weiß ich nichts“, sagte sie und erntete damit Kopfschütteln von etlichen Gemeinderäten. Ihr Fraktionskollege Jürgen Peters allerdings kritisierte Schaudigs Vorgehen scharf und rief nach sofortigen Konsequenzen.
Denn tatsächlich sieht der Vertrag mit der U-Bahn-Projektmanagement-Gesellschaft vor, dass die riesige, 65 000 Quadratmeter umfassende Sondermüllfläche an der Ecke Würmtalstrasse und Am Klopferspitz nach Beendigung aller U-Bahn-Aushubarbeiten zurückgebaut werden muss. Diese Kosten, sagte Schaudig, könne man sich jedoch sparen und die Fläche weiterhin privat verpachten, Interessenten gebe es genügend. Darauf habe er sich mit dem Geschäftsführer der Projektmanagement-Gesellschaft Dimitri Steinke bereits verständigt.
„Es ist unerhört, dass wir Gemeinderäte darüber nicht informiert worden sind“, schimpfte Schall-Riaucour. Denn immerhin handele es sich teilweise um belastete Abfälle, die eigens entsorgt und entsprechend behandelt werden müssten. Es gehe nicht an, „dass die Gemeinde mit belastetem Sondermüll Geld verdiente“, empörte sich Schall-Riaucour. Unterstützt wurde er von Jürgen Peters, der als Wissenschaftler lange Zeit in der Nähe am Max-Planck-Institut gearbeitet hatte: „Dass wir nicht befragt wurden, ist ein Skandal. Als Grüner rege ich mich darüber auf, dass da belasteter und unbelasteter Aushub gelagert werden soll.“
Adeline Spieleder (CSU) dagegen sagte: „Panikmache und Schreien finde ich nicht in Ordnung.“ Man solle das Thema erst einmal in den Fraktionen besprechen. Darauf entgegnete Schall-Riaucour, schon ganz im Wahlkampf-Modus: „Sie sind genauso intransparent wie ihr Bürgermeister.“
Der Bund Naturschutz hat Bürgermeister Hermann Nafziger jetzt einen 16 Einzelpunkte umfassenden Fragenkatalog zugeschickt. Darin geht es um Fragen der behördlichen Zulässigkeit einer „mobilen Aufbereitungsanlage, mit der mineralische Stoffe behandelt, sortiert, getrennt, zerkleinert oder gereinigt werden.“ Die Naturschützer wollen wissen, „wie Natur und Menschen vor Kontamination durch das belastete Material geschützt werden sollen“. Sie verweisen auch auf die unzähligen Lkw-Fahrten, die im Falle einer bleibenden Deponie nötig würden und auf den vorliegenden behördlichen Planfeststellungsbeschluss, „der einen Rückbau der Zwischenlagerfläche vorsieht.“ Der Fragenkatalog ging auch an das Landratsamt München als Genehmigungsbehörde und die Regierung von Oberbayern.
Inzwischen hat sich ein offensichtlich aufgeschreckter Stefan Schaudig zu Wort gemeldet. Den Gemeinderäten teilte der Rathaus-Geschäftsführer mit, er allein sei verantwortlich, möglicherweise habe er „die mögliche Brisanz dieses Teilprojekts nicht richtig eingeschätzt, vielleicht sogar unterschätzt.“ Er habe Verständnis „für den Missmut“, der jetzt entstanden sei. Vom Projekt selbst wollte sich Schaudig jedoch nicht distanzieren. Sollte sich ein Pächter für die Fläche finden – wovon auszugehen ist – müssten die notwendigen Genehmigungsverfahren erfolgen. Schaudig betonte, dass die Lagerfläche zeitlich begrenzt werden soll. Zu den 16 Fragen des Bundes Naturschutz sagte Schaudig nichts. Bürgermeister Nafziger hat sich bis zum Montag nicht geäußert.





















