Wie geht weiter? „Alles möglich – außer ein Bordell“ | ABC-Z

Zwischen den unterirdischen Säulen werden die Kameras gezückt. Die orange geflieste Unterführung am Messedamm ist seit Jahren ein beliebtes Fotomotiv bei Touristen. Mehr noch: Regelmäßig dient sie als Kulisse für die Produktion von Musikvideos und sogar Hollywoodfilmen. Doch an diesem Freitagnachmittag tummeln sich besonders viele Menschen mit ihren Kameras in dem orangen Fußgängertunnel, auf der Suche nach dem perfekten Fotomotiv.
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Denn an diesem Wochenende können Architekturfans nicht nur die Unterführung am Messedamm erkunden – sondern gleich das ehemalige Herzstück des Messegeländes. Das mittlerweile seit elf Jahren geschlossene Kongresszentrum ICC öffnet zum „Tag des offenen Denkmals“ abermals seine Tore. Das Besondere in diesem Jahr: Erstmals gibt es Hoffnung, dass das architektonisch einzigartige Bauwerk schon bald wieder belebt werden könnte. Aktuell findet ein Wettbewerb statt, in dem das beste Konzept für eine dauerhafte Nutzung des ICC gesucht wird.
3500 Sitzplätze hat der kleinere Saal im ICC. Doch seit über 10 Jahren finden hier keine Events mehr statt. Das soll sich ändern.
© Soeren Stache/dpa | Soeren Stache
Dementsprechend groß war der Andrang am Freitagnachmittag. Für insgesamt 49 Stunden öffnet das „Raumschiff“, wie das ICC oft genannt wird, seine Tore. Vom 12. September ab 17 Uhr bis zum 14. September um 19:30 Uhr ist das ICC tagsüber geöffnet – und bietet Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit, die Säle, Foyers und Flure im Originalzustand zu besichtigen.
38.000 kostenfreie Tickets wurden dafür vergeben, die in kürzester Zeit ausverkauft waren. Bereits vor der offiziellen Eröffnung am Freitagnachmittag bildete sich eine Schlange auf dem Vorplatz am Messedamm. Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey freute sich über das „riesige Interesse“ an dem historischen Gebäude, das seit 2019 unter Denkmalschutz steht. „Wir hatten so viele Anfragen, dass die Webseite fast überfordert war“, sagte sie und fügte hinzu: „Naja, nicht nur fast.“

Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD, M.) spricht während des Presserundgangs zur Veranstaltung „49h ICC“.
© Soeren Stache/dpa | Soeren Stache
Bei einem Rundgang durch das ICC betonte die SPD-Politikerin die Schwierigkeit, das Gebäude wiederzubeleben. „Viele sehen diese unglaublich beeindruckende Architektur und fragen sich, warum das ICC nicht einfach dauerhaft öffnen kann.“ Doch das sei nicht so einfach. Für die kurzzeitige Öffnung zum Tag des offenen Denkmals sei ein enormer Aufwand betrieben worden. Sicherheitskonzept, Brandschutz, Sanitäranlagen, Elektronik. Das alles auf die Beine zu stellen, sei bei einem eigentlich stillgelegten Gebäude eine echte Herausforderung. 2014 musste das ICC schließen. Die Betriebskosten hätten die Einnahmen damals überstiegen, hieß es.
Franziska Giffey: „Hier ist alles möglich – außer ein Bordell“
Die Aufgabe, nun ein wirtschaftlich tragbares Konzept zu entwerfen, dürfte also keine leichte sein. „Aber das wollen wir schaffen“, erklärte Giffey. „Das Wichtigste ist, dass wir das ICC wieder für die Öffentlichkeit zugänglich machen.“ Die Vorbereitungen dafür laufen – mit ungewissem Ausgang. Die erste Phase des internationalen Konzeptverfahrens wurde in dieser Woche beendet. Nun erarbeiten interessierte Investoren mit einer Jury detaillierte Konzepte für verschiedene Nutzungsmöglichkeiten. Im Sommer 2026 soll dann feststehen, welches Konzept gewonnen hat und umgesetzt werden soll.

Zu den Investoren und ihren eingereichten Konzepten hält sich Giffey noch bedeckt. Aufgrund von vereinbarter Vertraulichkeit könne sie keine Details nennen. Nur so viel: „Wir wollen ein möglichst breites Spektrum ansprechen, hier kann alles entstehen“, erklärt die Wirtschaftssenatoren und nennt dann aber doch noch einige Einschränkungen: „Einen Supermarkt oder ein Shoppingcenter wollen wir nicht. Und ein Bordell auch nicht.“ Ansonsten sei vieles denkbar. Von Nutzungen aus den Bereichen Kunst und Kultur bis hin zu Technik und Innovation sowie Events.
Ob das ICC dann wieder dauerhaft belebt wird, bleibt abzuwarten. Die Besucherinnen und Besucher vom Tag des offenen Denkmals haben jedoch schon mal gezeigt, wie schnell sich die Gänge und Hallen des ehemaligen Kongresscenters wieder füllen können.