Wie gefährlich sind Kreuzfahrten im Roten Meer? Auswirkungen des Nahost-Konflikts | ABC-Z
Eigentlich sollte man sich auf einer Kreuzfahrt um nichts kümmern müssen. Fürs Essen ist gesorgt, einen Plan mit Reisezielen muss man sich vorher auch nicht überlegen – und neue Leute lernt man garantiert kennen. Sobald es also an Deck geht, liegt die Verantwortung für einen schönen Urlaub zum überwiegenden Teil beim Reiseveranstalter. Die pure Entspannung. Eigentlich. Denn seit sich der Nahost-Konflikt zwischen Israel und der Hamas immer weiter zuspitzt, ist eine Kreuzfahrt durch das Rote Meer oder das östliche Mittelmeer gefährlich geworden.
Das liegt daran, dass die Huthi-Miliz aus dem Jemen Schiffe angreift, die an der Küste Israels vorbeifahren. Sie will damit laut eigenen Angaben die militant-islamistische Hamas unterstützen und Israel dazu drängen, ihre militärischen Einsätze im Gazastreifen zu beenden. Möglicherweise weitet die Huthis ihre Angriffe auch aufs Mittelmeer aus, bis sie ihr Ziel erreicht haben.
Ein harter Schlag für die Handelsschiffe, von denen einige bereits überfallen und gekapert wurden – aber auch für die Kreuzfahrtbranche, wie der zuständige Verband Cruise Lines International Association (Clia) berichtet.
Welche Auswirkungen hat der Nahost-Konflikt auf die Kreuzfahrtbranche?
Die Kreuzfahrtgesellschaften haben ihren Passierbetrieb in den vergangenen Monaten um 70 Prozent zurückgefahren und die Reiserouten geändert. „Die Sicherheit und das Wohlergehen der Passagiere und der Besatzung stehen für unsere Kreuzfahrtunternehmen an erster Stelle“, sagte der deutsche Clia-Direktor Georg Ehrmann. Das werde bei der Planung von Reisen immer berücksichtigt, so auch die geopolitische Lage im Roten Meer. Der daraus resultierende Verlust von Investitionen in die örtliche Infrastruktur sowie das Ökosystem der Häfen werde langfristige wirtschaftliche Auswirkungen haben – auch in benachbarten Regionen, hieß es von Ehrmann. „So wurden beispielsweise die Anläufe in Zypern und Ägypten im Jahr 2024 bereits um mindestens 30 Prozent reduziert“, sagte er. Darunter würden vor allem Einheimische leiden, die in hohem Maße vom Tourismus und den Aktivitäten an den Häfen abhängig sind.
Wie reagieren die Reedereien auf die Sicherheitslage?
Aida Cruises aus Rostock hatte seit Beginn des Jahres mehrere Kreuzfahrten abgesagt und israelische Häfen gemieden. Für weitere Reisen ändert der Anbieter offenbar die Routen. Tui Cruises aus Hamburg beobachte die Sicherheitslage im Roten Meer sehr genau und tausche sich darüber mit globalen Partnern und Sicherheitsbehörden aus, hieß es auf Anfrage. Seit diesem Frühjahr sei kein Schiff der Tui-Flotte „Mein Schiff“ mehr durch den Suez-Kanal gefahren.
Wie sehen die geänderten Routen aus?
Das kommt ganz auf den Anbieter an. „Je nach Reiseangebot der Reedereien werden attraktive Alternativrouten angeboten und aufgrund der längeren Fahrzeit rund um Afrika entstehen neue Angebote und Anschlussreisen, die gut aufgenommen werden“, sagte Ehrmann. So auch bei Tui Cruises. Vor dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 fuhren zwei Schiffe des Kreuzfahrtunternehmens durch den Suez-Kanal. Nun kann man mit dem einen stattdessen das südliche Afrika bereisen. Und das andere hält auf dem Weg nach Asien jetzt auch an den Inseln Mauritius und La Réunion, am Kap der Guten Hoffnung und vor Namibia.
Welche Rechte haben Reisende?
Wird die Kreuzfahrt abgesagt, müssen die Kunden ihr Geld vom Anbieter zurückerhalten. „Sie können sogar Schadenersatz von ihm verlangen – für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit“, sagt Rechtsanwalt Paul Degott aus Hannover, der sich auf Reiserecht spezialisiert hat. Dafür brauche es allerdings einen Anwalt – oder die Unterstützung der Verbraucherzentrale. Und was ist, wenn die Route geändert wurde? Auch dann ist es möglich, vom Reisevertrag zurückzutreten, das Geld zurückzuverlangen und Schadenersatz zu fordern. „Der Präzedenzfall war ein Urteil von 2005, bei dem die Kläger eine Unterkunft auf den Malediven bezahlt hatten, dann aber wegen Überbuchung auf einer Nachbarinsel einquartiert werden sollten“, sagt Degott. Der Bundesgerichtshof sprach ihnen eine Entschädigung für die nutzlos aufgewendete Urlaubszeit zu (Aktenzeichen: X ZR 118/03).