Wie die EU eine Strategie im Umgang mit Donald Trump sucht | ABC-Z
Am Tag der Amtseinführung Donald Trumps blieb der große Knall für die Europäische Union aus. Denn zumindest vorerst hat der neue US-Präsident keine Einfuhrzölle für EU-Produkte angekündigt. Während des Wahlkampfes hatte Trump angedroht, neue Zölle in Höhe von 10 bis 20 Prozent auf Importe aus der EU erheben zu wollen.
Überhaupt spielte Europa in den ersten Stunden von Trumps zweiter Amtszeit keine große Rolle, stellte man am Dienstag auch im EU-Parlament fest. Dafür diskutierte man innerhalb der EU umso mehr darüber, wie man mit der neuen Trump-Regierung umgehen solle.
Beim Weltwirtschaftsforum in Davos sprach sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für Pragmatismus aus. „Wir werden pragmatisch sein, aber wir werden immer zu unseren Prinzipien stehen“, betonte die Spitzenpolitikerin. Oberste Priorität sei es nun, gemeinsame Interessen zwischen den USA und der EU zu diskutieren und offen für Verhandlungen zu sein.
Am Montag hatte Trump lediglich gesagt, dass er das Handelsdefizit mit der EU entweder durch Zölle oder durch einen größeren Export von Energie – wie etwa Erdöl und Erdgas – ausgleichen wolle.
Im EU-Parlament betont Handelskommissar Maroš Šefčovič, dass die EU bereits jetzt der größte Importeur US-amerikanischen Flüssiggases sei. Rund 50 Prozent des LNG-Gases in der EU stamme aus den USA. Man sei jedoch bereit, diese strategische Kooperation mit der neuen Trump-Regierung auszubauen, sagte der Slowake – wohl bereits mit Blick auf mögliche Verhandlungen. Gleichzeitig sei man aber auch vorbereitet, seine legitimen Interessen zu verteidigen, sollte dies nötig sein.
Dieser Ansatz dürfte das sein, was Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses, eine „Doppelstrategie“ nennt. Laut dem Sozialdemokraten solle die EU, wo möglich, verhandeln und sich, wo nötig, gegen Angriffe verteidigen.
Im Gespräch mit der DW betont David McAllister, Vorsitzender des Außenausschusses im EU-Parlament, dass die EU-Kommission auf Trumps zweite Amtszeit besser vorbereitet sei. Außerdem habe man dieses Mal bereits sehr früh im Kontakt mit der neuen Regierung gestanden und dabei deutlich gemacht, dass Zölle und Gegenzölle zu einer Lose-Lose-Situation führen würden, betont der Christdemokrat.
Unter den Parlamentariern besteht weitgehend Einigkeit, dass die Eskalation eines Handelskonfliktes mit Donald Trump verhindert werden müsse. So betont der Spanier Francisco José Millán Mon, dass ein Handelskrieg niemanden nützen würde. Vielmehr müsse die EU sich um die Handelsbeziehungen zu den USA bemühen, sagt der Politiker der konservativen Europäischen Volkspartei. Außerdem sollten die Europäer geschlossen auftreten und nicht versuchen, einzeln Regelungen mit Washington zu finden.
Auch die Grünen-Abgeordnete Anna Cavazzini findet „Europe united“ müsse die Antwort auf „Make America great again“ sein. Dazu gehöre auch, dass man bei der Regulierung von großen Technologiekonzernen keinen Millimeter nachgebe. Cavazzini fordert die EU-Kommission auf, die Hebel zu nutzen, die ihr nach dem Gesetz über die digitalen Dienste zustehen.
Gerade vor dem Hintergrund des Amtsantrittes Trumps und dessen Nähe zu Elon Musk, dem Besitzer der Plattform X, hat in der EU eine Diskussion an Fahrt aufgenommen, wie sichergestellt werden kann, dass sich große Tech-Konzerne an die europäischen Regeln halten. Dabei sieht das Gesetz für Digitale Dienste unter Androhung von Geldstrafen vor, dass gegen unrechtmäßige Inhalte vorgegangen werden muss.
Insbesondere von dänischen Abgeordneten, wie etwa Stine Bosse, gab es auch deutliche Worte zu Grönland. So betonte die Abgeordnete der liberalen Renew-Fraktion, dass die Zukunft Grönlands nur durch die Grönländer selbst bestimmt werden könne. Trump hatte auch nach seinem Amtsantritt noch einmal betont, die USA bräuchten Grönland für die „internationale Sicherheit.“
Der Sozialdemokrat Vytenis Povilas Andriukaitis kritisierte die Entscheidung Trumps, das Pariser Klimaschutzabkommen aussetzen zu wollen – dies sei eine „Schande“. Auch bedauert der Litauer, dass bei der Antrittsrede die Ukraine nicht vorgekommen sei.
Lob an Donald Trumps ersten Amtshandlungen kam vor allem aus dem Rechtsaußen-Lager. So lobte etwa Christine Anderson, Mitglied der vom deutschen Verfasssungsschutz in Teilen als rechtsextrem eingestuften AfD, Trumps Antrittsrede als „einen frischen Wind“. So stelle er die innere Sicherheit wieder her, indem er die Grenze schließe und alle illegalen Migranten abschiebe.
Zu Schluss der Debatte zeigt sich Handelskommissar Šefčovič zuversichtlich, dass es zwischen zwei derart engen Partnern wie den USA und Europa keine Probleme gebe, die nicht freundschaftlich und kooperativ gelöst werden könnten.
Von Lucia Schulten