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Wespen: Von vermeintlichen Plagegeistern und wichtigen Helfern – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Erst war es ein äußerst kalter und nasser Winter, der die Sehnsucht auf den Sommer geschürt hat. Doch kaum waren die ersten warmen Tage da, folgte eine Mückenplage – und als sich viele endlich wieder unter freien Himmel trauten, brummte es allerorten: Ob im Biergarten oder im Café, dem heimischen Garten oder am Balkon, die Wespen waren schon da. Gerade in diesem Spätsommer hat es nach der vorangegangenen Mückenplage so gewirkt, als könne man sich vor den gelb-schwarzen Insekten ebenfalls nicht mehr retten. Friedl Krönauer, Bund-Naturschutz-Vorsitzender im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, erklärt jedoch, dass der Schein trügt.

Friedl Krönauer ist Kreisvorsitzender des BN. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Eine Zunahme der Wespenpopulation ist laut Krönauer ein Phänomen, das in jedem Jahr im August und September auftritt. Es fühle sich dann immer so an, als würden die Wespen aggressiver und hartnäckiger werden, dabei nehme einfach nur deren Anzahl zu. Der Grund für das Ansteigen der Population lässt sich dem Bayerischen Landesamt für Umwelt zufolge damit erklären, dass im Spätsommer die meisten Wespen ausgewachsen sind und nur noch wenige Larven schlüpfen. Erwachsene Wespen, die sich unter anderem von süßem Zuckersaft ernährt haben, den die Larven ausscheiden, sind nun auf süße Alternativen angewiesen, um zu überleben. Diese suchen sie außerhalb des Nests. Auf der Suche nach Fallobst oder Nektar werden die Insekten auch vom Geruch von Süßspeisen auf dem Esstisch angelockt. Krönauer sagt: „Generell schwankt der tatsächliche Wespenbestand zwischen den Jahren und lokal natürlich immer, je nachdem, ob gerade gute Vermehrungsbedingungen für die Insekten gegeben sind.“ Es sei also ganz normal, dass in einem Jahr etwas weniger, im nächsten etwas mehr Wespen vorkommen.

Der Wespenbestand schwankt von Jahr zu Jahr. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Gegen Ende des Sommers können Wespen trotzdem ganz schön nervig werden, und ihre Nester stellen manchmal sogar eine Gefahr dar – vor allem dann, wenn sie in der Nähe von Kindergärten, Spielplätzen und Krankenhäusern hängen oder wenn Allergiker gefährdet sind. In diesem Fall sollte man laut Pressestelle des Landratsamtes Bad Tölz-Wolfratshausen Wespenberater der Naturschutzbehörde, die Feuerwehr oder auch Schädlingsbekämpfer kontaktieren, die sich dann um eine sichere Lösung bemühen. Wer jedoch eigenhändig und ohne einen vernünftigen Grund ein Nest entfernt, kann mit einem Bußgeld von bis zu 10 000 Euro rechnen. Bei Wespenarten wie der Gemeinen oder der Deutschen Wespe gilt nämlich gemäß Paragraf 39 des Bundesnaturschutzgesetzes die allgemeine Regelung des Artenschutzes. Demnach ist es verboten, die Insekten ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu töten und ihr Nest zu zerstören.

Wildbienen, Hummeln und einige andere Wespenarten wie die Hornisse stehen hingegen unter besonderem Schutz. Für jegliche Bekämpfung und Umsiedlung muss in jedem Fall eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung bei der Unteren Naturschutzbehörde eingeholt werden. In diesem Jahr wurden bisher acht Erlaubnisse zur Entfernung eines Hornissennests erteilt, so das Landratsamt.

Notfallset bereithalten

Trotz Vorsicht kann es manchmal nicht vermieden werden, dass eine Wespe sticht. Irmi Burgmair arbeitet in der Kur-Apotheke in Bad Tölz und erklärt, was bei einem Stich zu tun ist: „Das Wichtigste ist, die Stelle direkt zu kühlen und so die Schwellung ein wenig vorzubeugen. Am besten sollte man aber im Sommer ein kleines Notfallset bereithalten, vor allem in einem Haushalt mit Kindern.“ Ein Antiallergikum sei wichtig, falls es zu einer allergischen Reaktion kommt. Um eine Entzündung zu vermeiden, gehöre eine kortisonhaltige Salbe zur Wespen-Erste-Hilfe. Auch Hausmittel wie eine halbe Zwiebel oder eine Zitrone könne man auf den Stich legen, um die Schwellung zu reduzieren, so Burgmair.

Das Zusammenleben mit den Wespen ist, egal, was man von ihnen hält, im Endeffekt ohnehin nur zeitweise. Dem Bayerischen Landesamt für Umwelt zufolge sterben alle Arbeiterinnen und Männchen mit der alten Königin, nachdem neue Königinnen im Spätsommer geschlüpft sind und sich gepaart haben. Im Herbst löst sich der Wespenstaat also auf, und das alte Nest wird nicht mehr bezogen. Im Großen und Ganzen solle man Wespen nicht direkt als Schädlinge abtun, das ist Friedl Krönauer sehr wichtig.

Der BN-Vorsitzende fordert Toleranz

„Natürlich können sie mal nerven, vor allem dann, wenn wir leckeres Essen auf unserem Teller liegen haben. Eigentlich sind sie aber ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems“, sagt er. Beispielsweise seien die gelb-schwarz gestreiften Insekten ein essenzieller Bestandteil der Pflanzenbestäubung. Noch dazu verwerten die Tiere organischen Abfall, indem sie ihre Larven mit Aas und den Larven von Schädlingen füttern oder ihre Nester aus einer Mischung aus morschem, totem Holz und Speichel bauen.

Alles in allem sei es laut Krönauer ein generelles Problem im Naturschutz, dass Tiere häufig auf den Status eines Schädlings reduziert werden, weil sie nicht in die Lebensweise des Menschen hineinpassen. Krönauer gibt zu bedenken: „Wenn wir immer das aus der Kette der Natur entfernen, was uns stört, funktioniert irgendwann gar nichts mehr. Auch das nicht, worauf wir zum Leben angewiesen sind.“ Toleranz gegenüber allen Lebewesen, auch der Wespe, sei also essenziell.

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