Weßling: Unbekannte zerstören Nistkästen – Starnberg | ABC-Z
Zum wiederholten Male haben unbekannte Täter in Hochstadt bei Weßling an Bäumen befestigte Nistkästen abgerissen und beschädigt. Wie das Max-Planck-Institut mitteilt, ereigneten sich die Taten in den vergangenen Wochen. Demnach seien bei 40 Nistkästen die elastischen Bänder, mit denen die kleinen Holzkisten an den Bäumen befestigt sind, durchgeschnitten oder durchgebrannt worden und die Kästen auf den Boden geworfen worden. Das Institut hat Anzeige erstattet und bittet um Zeugenhinweise aus der Bevölkerung an die Polizei.
Eine Forschungsgruppe des Max-Planck-Instituts für biologische Intelligenz in Seewiesen führt im Ettenhofer Holz bei Hochstadt seit 2013 eine Langzeitstudie an Kohlmeisen durch und befestigte dafür 123 Holznistkästen entlang der Waldwege. Das Hauptziel der Studie ist es herauszufinden, wie Meisen mit dem Klimawandel zurechtkommen, vor allem mit immer häufiger auftretenden extremen Wetterereignissen wie Kälteeinbrüchen oder Hitzeperioden. Dafür erfassen die Forscher der Gruppe in jedem Jahr den Bruterfolg der Meisen, um auf deren biologische Fitness rückschließen zu können. Denn nur Tiere, die sich gut auf plötzliche Wetterphänomene einstellen können, haben auch die Kraft und Energie, viele Jungvögel großzuziehen.
Ein wichtiger Hinweis, wie gut sich Meisen auf Umweltbedingungen wie das Wetter einstellen, sind ihre Stresswerte im Blut, heißt es in der Mitteilung. Stark erhöhte Konzentrationen bestimmter Hormone würden die Tiere in einen Stress-Modus versetzen, welcher sich langfristig negativ auf die Fortpflanzung und die Gesundheit auswirkt. Um die Hormone zu messen, entnehmen die Forscher den Meisen ein paar Tropfen Blut aus der Flügelvene, woraus sie später im Labor die darin enthaltenen Stresshormone bestimmen. Die Vögel werden vor Ort noch gewogen und vermessen, bekommen einen nummerierten Ring der Vogelwarte Radolfzell zur individuellen Markierung und werden dann wieder an der Fangstelle freigelassen. „Um zu verstehen, wie sich ändernde Umweltbedingungen auf die Kohlmeisen auswirken, brauchen wir Beobachtungen über viele Jahre hinweg“, erklärt die Leiterin der Forschungsgruppe, Professor Doktor Michaela Hau.
Eine Auswertung der Langzeitdaten zeigt, dass sich Fang und Blutentnahme weder auf den Bruterfolg noch auf das Überleben der Meisen negativ auswirkt. Im Gegenteil: Die Meisen sind in diesem Wald sehr langlebig. In der Literatur wird oft ein Mittelwert von ungefähr 1,5 Jahren Lebensdauer angegeben. Dieser ist vor allem durch die hohe Sterblichkeit der Küken kurz nach dem Ausfliegen so niedrig. Im Ettenhofer Holz hingegen brüten manche Tiere mindestens sieben Jahre lang, sogar oft im gleichen Kasten und auch mit dem gleichen Partner. „In unseren Nistkästen sind bisher aus 663 Nestern 1921 junge Kohlmeisen flügge geworden“, fasst Hau den beeindruckenden Bruterfolg zusammen.
Die in diesem Herbst begonnene Zerstörung beschädigt nicht nur die von den IWL-Werkstätten Machtlfing in Handarbeit gefertigten Nistkästen, er gefährdet auch die Ausbildung junger Wissenschaftler, die hier ihre ersten eigenständigen Forschungsarbeiten durchführen. „Noch schlimmer ist jedoch, dass er den Bestand und die Gesundheit der Kohlmeisen und einiger anderen Tierarten gefährdet“, so das Institut. So würden in den Nistkästen nicht nur Kohlmeisen, sondern auch Blau- und Tannenmeisen brüten, ebenso der Kleiber.