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Wes Andersons „Der Phönizische Meisterstreich“ im Kino | ABC-Z

So wie man den Stammitaliener um die Ecke besucht, weil man erwartet, dass dort die Spaghetti Bolognese schmecken wie beim letzten Mal, gibt es Filmemacher, die ihrem Publikum verlässlich neue Variationen des immergleichen Erfolgsrezepts servieren. Wer beispielsweise in einen Film des Amerikaners Wes Anderson geht, erwartet symmetrisch arrangierte Kulissen, Nostalgie versprühende Accessoires in einer kräftigen Farbpalette und kleine Auftritte der großen Namen Hollywoods.

In „Der Phönizische Meisterstreich“ garantiert das Einpassen der Handlung in die Fünfzigerjahre allerlei Gimmicks der Prädigita­li­­sie­rungsära. Man tippt auf Schreibma­schi­nen, fährt in holzgetäfelten Eisen­bahn­­waggons und spricht in Telefone, die noch ihre Schnur an Ort und Stelle hält.

Eine malerische Bruchlandung

Die aufs Gleichmaß getrimmten Orte – allesamt entstanden in den Filmstudios in Potsdam Babelsberg – führen einmal vom Mittelmeerraum durch die Wüste und zurück. Gleich zu Beginn legt Benicio del Toro eine malerische Bruchlandung in einem Maisfeld hin. Der Star spielt hier einen eiskalten, sehr reichen Geschäftsmann, nach dessen Leben zahlreiche Konkurrenten und so einige Geheimdienste trachten, weshalb in seinem Privatjet eine Bombe hochgeht. Die Explosion reißt seinen Sekretär entzwei; Anderson hat sein Rezept diesmal nämlich mit etwas synthetischer Schärfe versehen und murkst alle Nase lang Nebenfiguren ab.

Aus dem Rumpf des Sekretärs spritzt noch etwas Kunstblut, damit der Schock gefällig nachzittert. Da es Anderson aber noch immer primär ums appetitlich Gediegene geht, lässt er auf den Schreck eine lange Titelsequenz folgen, in der die Kamera an der Decke eines Marmorbades hängt und del Toro in der Wanne beobachtet, wie seine Wunden von einer fleißigen Krankenschwester versorgt werden, während eine andere ihm gekühlten Weißwein einschenkt.

Irgendwo dort im Bade fasst der Mann den Entschluss, sein Unternehmen ei­nem Erben zu übergeben. In diesem Fall seiner Tochter Liesl, um deren Existenz er sich zuvor wenig scherte. Mia Threapleton betritt die Szenerie in weißer Nonnentracht, weil Liesl kurz davorstand, ihr Leben hinter Klostermauern zu verbringen. „Auf Probe“ will sie ihrem Vater für einige Tage begleiten und dann entscheiden, ob sie das Imperium übernehmen sollte. Schnell stellt sie fest, dass dieses Unternehmen auf Sand gebaut ist und der Vater ein Gauner, der mit seinem Ruf und leeren Versprechungen Bauprojekte verhökert. Sein letzter Plan, eben der titelgebende Meisterstreich, erfordert eine Reise zu mehreren Gläubigern.

Roadtrip zu einem absurden Basketballspiel

Und weil Anderson anscheinend halb Hollywood auf der Kurzwahltaste seines Telefons hat, führt der Roadtrip zu einem absurden Basketballspiel um den letzten Abschnitt eines Eisenbahntunnels mit Tom Hanks und Bryan Cranston, zu einer von Scarlett Johansson bewachten Wüstenbaustelle und in einen von Mathieu Amalric geleiteten marokkanischen Nachtklub. Benedict Cumberbatch hat sich ein halbes Schaf ums Kinn binden lassen, bevor er anfängt, del Toro im Bruderkampf durch Treppenfluchten zu schubsen. Michael Cera präsentiert seine beste Austin-Powers-Imitation als Insekten sammelnder Privatlehrer.

Zwischendurch, immer wenn eine Kugel del Toro mal wieder fast erwischt hat, stolpert Willem Dafoe in Schwarz-Weiß-Szenen durch einen Himmel, in dem kein Platz für skrupellose Geschäftsleute sein sollte. Anderson ließ Frauen bislang gern als Begleiterscheinungen herumflimmern. Im Mittelpunkt standen Jungen und Männer, die ihre Ideen gegen den Rest der Welt durchsetzten. Diesmal aber nimmt sich Mia Threapleton das Recht heraus, aus ihrer Sidekick-Rolle einen Hauptdarstellerinnenpart zu schnitzen.

Viel Spielraum gibt das Drehbuch ihr nicht, aber mit jedem Blick ihrer großen Augen beweist sie sich neben del Toro als ebenbürtig und erweitert dieses Film­gericht um eine Note, die ihm bislang gefehlt hat.

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