Kultur

Helga Schubert: In der Sonne | ABC-Z

Das ist die Geschichte einer Liebe, die für immer ist. Fast sechzig Jahre waren sie ein Paar, Helga Schubert und Johannes Helm, sie Schriftstellerin, er Maler, beide waren auch Psychologen. “Zwei alte Liebesleute” hat Helga Schubert sie beide in ihrem vorletzten Buch Der heutige Tag genannt. Es ist eine unglaublich schöne, zarte Liebeserklärung. Er hat es nicht gelesen, er litt lange schon unter Demenz. Sein Geist hatte sich verwandelt oder verflüchtigt, er war jahrelang schwer pflegebedürftig. Helga Schubert schreibt, dass ein Spezialist für Schlafforschung ihr schon Jahre zuvor geraten hatte, ihrem Mann “einfach ein paar Tropfen Morphium mehr” zu geben. Das sei doch kein Leben mehr. Aber ein Spezialist für Schlafforschung ist nicht unbedingt ein Spezialist für die Liebe oder fürs Leben jenseits des Schlafes. Helga Schubert liebte ihren Mann auch ohne Gedächtnis und so hilflos, wie er nun war. Er sie auch. In den wachen, guten Momenten. In den anderen sicher auch. “Jede Sekunde mit dir ist ein Diamant”, hat er einmal unverwandt zu ihr gesagt und sie umarmt, als sie morgens an sein Pflegebett kam. “Derden” nennt sie ihn. Sie war 17, als sie ihn zum ersten Mal sah. Heute ist sie 85. In dem Buch Der heutige Tag, das 2023 erschien, scheint der Tod Derdens jederzeit unmittelbar bevorzustehen. Sie stellt sich vor, wie es sein wird, wenn er im Schlaf sterben wird: Die Pflegerin, die jeden Morgen kommt, hätte dann “gar nicht seine Augen schließen müssen, weil er sie nach dem Schlaf nicht mehr geöffnet hätte. Die Schwester würde mich in den Arm nehmen. Und ich würde nicht weinen, sondern in wundersame Entfremdung geraten.” Aber Derden starb noch nicht.

Back to top button