Wenn Tiere erben: Testament für die Katz – Wirtschaft | ABC-Z
Man stelle sich vor: Die letzten Formalien sind geklärt, die Trauernden haben sich in ihre bequemen Ledersessel zurückgezogen und der Anwalt beginnt mit strengem Blick, das Testament vorzulesen. Doch anstelle der Aufteilung des Erbes geschieht etwas Unerwartetes: „Der gesamte Besitz des Verstorbenen, inklusive Strandhaus, Aktienpaket sowie der Kunstsammlung, geht an … Frau Nala.“ Vielleicht eine Tante aus England, von der niemand wusste? Nein, es handelt sich um die Perserkatze Nala, die täglich 18 Stunden schläft, Vögel von der Fensterbank beobachtet und Löcher in die neuen Wohnzimmermöbel kratzt. Und wer darf sich um die tierisch reiche Katze kümmern? Die hoffnungsvollen Erben.
Die eigenen Kinder leer ausgehen lassen, während Reiche ihre Haustiere Millionen vermachen: Dieses Szenario ist in den USA denkbar. In den Staaten funktioniert dies mit Hilfe von „Purpose Trusts“, sogenannte Zwecktreuhandfonds, die bei Nachlässen mit komplexen Bedürfnissen angewendet werden.
Es ist nicht genau erfasst, wie groß dieser Trend ist. Im Ausland kam es in den vergangenen Jahren jedoch immer wieder zu aufsehenerregenden Fällen. Die 94-jährige Italienerin Maria Assunta vererbte ihrem Kater Tommasion Grundstücke, Wohnungen und Bankkonten im Gesamtwert von zehn Millionen Euro. Und die Wall-Street-Erbin Gail Posner vermachte ihrem Chihuahua Conchita drei Millionen US-Dollar und eine Luxusvilla. Ihr Sohn focht das Testament natürlich umgehend vor Gericht an.
Prominenz erlangte auch der Schäferhund Gunther IV., der immer wieder als reichstes Tier der Welt genannt wird. Er soll von einer deutschen Gräfin mehrere hunderte Millionen Dollar, eine Luxus-Yacht sowie eine Villa geerbt haben, die einst Pop-Ikone Madonna gehörte. Dabei handelt es sich aber um ein Märchen: Gunters Herrchen, ein italienischer Unternehmer und selbst Pharma-Erbe, erfand die Geschichte und wollte durch das Medieninteresse um den Hund Aufmerksamkeit auf seine Investitionen lenken. Netflix nutzte den tierischen Stoff und drehte dazu eine Netflix-Dokumentation.
Auch in Deutschland erfreuen sich Haustiere großer Beliebtheit. Die Zahlen der Online-Plattform Statista zeigen, dass im letzten Jahr etwa 15,7 Millionen Katzen sowie 10,5 Millionen Hunde in deutschen Haushalten lebten. Hierzulande ist es jedoch nicht möglich, Tiere als Erbe zu benennen. Dem Gesetz zufolge können Tiere selbst keine Rechte wahrnehmen oder durchsetzen, sie können also auch nichts erben. Ist ein Tier direkt als Erbe bestimmt, ist es unwirksam – und damit sprichwörtlich für die Katz.
Aber wer sagt denn, dass Menschen die besseren Erben sind? Man denke an die Erbschaften, die in Sportwagen und Schampus geflossen sind. Wäre es da nicht besser, dieses Geld in Projekte wie Hundeleckerlis und Kratzbäume zu stecken? Diese befördern immerhin nicht die Schere zwischen Arm und Reich, sind also deutlich harmloser. Und Hunde und Hamster interessiert es nicht, wenn vermeintliche Investmentberater sich kurz nach dem Tod mit hohen Renditechancen bei geringem Risiko melden. Sie zahlen keine Steuern und geben sich mit weniger zufrieden.
Man sollte lieber einen Vertrauten im Testament als Erbe bestimmen
Nun könnte man sich natürlich fragen, warum Menschen überhaupt ihre Hunde als Erben eintragen wollen. Eine mögliche Erklärung: Sie wollen sichergehen, dass es ihrem geliebten Tier auch nach dem eigenen Ableben gut geht und sich weiter um ihn gekümmert wird. Doch wenn der Dalmatiner, der jahrelang und bis zum Tod treu an Herrchens Seite blieb, schon nichts erben darf – wie kann man ihn dann absichern?
Anruf bei Claus Büttner, Geschäftsführer der Nachlassberatung Erbmanufaktur. Er weiß alles zum Thema Erben und auch ein wenig über Haustiere. Büttner rät dazu, einen Vertrauten im Testament als Erbe zu bestimmen. Das geliebte Tier geht, wenn man selbst stirbt, dann in den Besitz des Erben über. Die bedachte Person kann auch mit Vorgaben, wie das Tier zu pflegen ist, versorgt werden. Um die Motivation zu erhöhen, sei darauf hingewiesen: Es sind auch Strafklauseln möglich, falls sich der neue Besitzer nicht so rührend um das Tier kümmert wie gewünscht.
Am Ende bleibt die Frage offen, was die Erbin Nala mit den Millionen anfangen würde. Ein luxuriöses Katzenparadies mit maßgeschneiderten Samtkissen, besetzt mit Diamanten und Edelsteinen? Einen Koch anstellen, der immerzu an Thunfisch- und Nassfutter arbeitet? Sie könnte das Geld auch nutzen, um ein Geburtstagspicknick im Schlossgarten von Versailles zu veranstalten. Letzteres machte vor wenigen Tagen zumindest Choupette, die schneeweiße Birma-Katze des vor fünf Jahren verstorbenen Modeschöpfers Karl Lagerfeld. Ganz sicher würden ihn die menschlichen Erben umschmeicheln, um doch noch an ihr hart erkämpftes Geld zu kommen. Ob das was nützt? Fraglich. Am Ende tun Tiere bekanntlich ja eh, was sie wollen.