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Weltrekordversuch am Samstag: In Wombach kommt ein 400 Kilogramm schwerer Kloß den Topf – Bayern | ABC-Z

Der Kloß ist ein ästhetisch eher mäßig aufregendes Lebensmittel, gemessen an seiner optischen Schlichtheit hat er unsere Sprache aber auf bemerkenswerte Weise geprägt. Wer sich beklommen fühlt, der hat der Redewendung zufolge einen Kloß im Hals. Und wenn etwas ganz und gar eindeutig ist, ist die Sache klar wie die dazugehörige Brühe, wenngleich die für gewöhnlich eher trüb ist. Freunden der Floskel wird es gleich sein, sie müssen sich nur bedienen.

Dass der Kloß trotz seines schlichten Wesens in manchen Landesteilen eine außerordentliche Bedeutung besitzt, lässt sich dieser Tage in Franken beobachten, genauer gesagt in Wombach, einem Stadtteil von Lohr am Main im Spessart, dessen Bewohner in der Gegend als „Klößköpf“ bekannt sind. Aus Anlass des 700-jährigen Ortsbestehens wollen sie am Samstag – man muss es im Angesicht des angestrebten Eintrags in das Guinness-Buch der Rekorde so sagen – mit einem Kloß sogar Weltgeschichte schreiben. Die Wombacher wollen das bisher größte bekannte Exemplar dieses Planeten zubereiten. 400 Kilogramm soll es wiegen und damit das bisherige Schwerstgewicht aus Jena und dem Jahr 2010 um 35 Kilogramm übertreffen.

Manche werden dies als Provinzialität abtun, die nächste Jagd nach einem größten, schwersten, längsten Lebensmittel, fad wie ein schlechter Kloß. Unterschätzen sollten müde lächelnde Skeptiker die zu erbringende Leistung trotzdem nicht. Die Rekordköche sehen sich schließlich nicht nur mit den gewöhnlichen Tücken der Knödelzubereitung konfrontiert, zu denen das Auseinanderfallen des Teigs im heißen Wasser zählt sowie das Zerkochen zu einem ungenießbaren Brei. Sie stehen auch vor logistischen und thermodynamischen Fragen: Wie lassen sich 400 Kilogramm Teig unversehrt in einen Topf befördern? Und wie lassen sie sich so garen, dass der Kloß außen nicht längst braun wird, während er innen noch roh ist?

Anruf deshalb bei Jürgen Grün, Bewohner Wombachs, Maschinenbau-Professor an der Hochschule Koblenz und in dieser Doppelfunktion so etwas wie der Chefstratege bei dem Unternehmen. Grün war es auch, der seinen vom Gedanken an den Rekordkloß euphorisierten Mitbürgern nahebrachte, dass dieser nicht so einfach zu fertigen sein würde, wie sie vielleicht dachten. Und dass es einiger Vorbereitungen bedürfte. Inzwischen sind diese getroffen.

„Die Anspannung steigt“, sagt Grün am Mittwoch und beschreibt das Vorgehen: Zunächst wird der von einem lokalen Betrieb gespendete Kloßteig in kleineren Mengen in sogenannten Konvektomaten, also großen Heißluftöfen, in einer nahegelegenen Großküche mit Wasserdampf erwärmt. Ohne diese Vorbereitung müsste der Teig Grüns Berechnungen zur „instationären Wärmeleitung“ eines Kloßes zufolge nämlich 80 Stunden garen und würde, während er innen noch roh wäre, außen längst oxidieren.

Nach dem Erwärmen gelangt der Teig über eine Lebensmittelpumpe in einen eigens genähten „Kloßteigsack“, wie der Professor sagt. Anschließend wird dieser mit einem Bagger – es klingt ein bisschen nach Außenwette bei „Wetten, dass … ?“ – zum Dorffest transportiert, wo er am Freitag um 20 Uhr in einen aus Bremen angelieferten Kochtopf mit 1,60 Meter Durchmesser abgesenkt wird, um darin unter der Beigabe von Salz und Schwefel (hilft gegen die Oxidation) in 2000 Litern Wasser bei 90 Grad 21 Stunden lang zu garen. Das Wasser erhitzt ein vom mehr als 15-köpfigen Projektteam extra konstruierter Gasbrenner. Soll sich noch einer lustig machen angesichts dieses ausgeklügelten Plans.

„Die Idee klingt ja zunächst simpel. Aber das unterschätzt man komplett“, sagt Grün und muss selbst etwas ungläubig lachen. „Die technischen Dimensionen, die dahinterstecken – gigantisch!“ Ob der Aufwand von Erfolg gekrönt ist, wird sich am Samstag gegen 17 Uhr zeigen. Nur wenn der Kloß nach der Entnahme mit einem Kran und dem Halbieren erstens nicht zerfällt und die Wombacher ihn hernach zweitens in Gänze verspeisen, tragen die Leute von Guinness den Rekord in ihr Buch ein. 2000 bis 2500 Portionen Kloß mit Soß wird es Grün zufolge geben und er ist „zuversichtlich“, dass nichts übrig bleibt.

Für den unwahrscheinlichen Fall der Ungenießbarkeit des Knödels haben die Wombacher trotzdem vorgesorgt: An der sogenannten Kloßmeile auf dem Dorffest gibt’s Klöße in handelsüblicher Größe, sicher ist sicher. Unabhängig vom Ausgang des Rekordversuchs lässt sich deshalb bereits jetzt sagen: Kloß enough. Beziehungsweise close enough, zu deutsch: Passt schon. Oder eben auf fränkisch: Bassd scho.

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