Weltnaturkonferenz in Kolumbien endet abrupt | ABC-Z
Kein abschließender Hammerschlag, kein Jubel, kein Klatschen nach Tagen harter Verhandlungen. Nur Delegierte, die etwas ratlos herumstanden und eine Konferenzpräsidentin, die plötzlich sagte, man sei leider nicht mehr beschlussfähig – die Weltnaturkonferenz in Kali endete am Samstagnachmittag abrupt, und zwar aus formalen Gründen: Es waren nicht mehr genug Regierungsvertreter für eine Verabschiedung weiterer Texte da. Eigentlich hatte das Treffen von Regierungsvertretern aus 196 Ländern am Freitag enden sollen. Die abschließende Vollversammlung, bei der es viele strittige Punkte gab, dauerte jedoch die Nacht hindurch und ging ohne Pause am Samstag weiter. Immer mehr Delegierte mussten sich auf den Weg zum Flughafen machen.
Keine Strategie, wer Naturschutz bezahlt
Zwei zentrale Themen der COP 16 konnten darum nicht mehr zu Ende verhandelt werden: Die Strategie zur Mobilisierung von Geld, das den Naturschutz künftig finanzieren soll, sowie der Überprüfungsmechanismus, der die Bemühungen der einzelnen Länder messbar machen soll. Die Finanzierungsstrategie war das Thema, das die ganze Konferenz hindurch die meiste Aufmerksamkeit auf sich zog.
Die Länder des globalen Südens fordern einen Biodiversitätsfond, in den Geld aus dem öffentlichen und privaten Sektor fließt und der ihnen hilft, die in der Biodiversitätskonvention festgehaltenen Ziele zum Schutz von Artenvielfalt und dem Erhalt von Ökosystemen in Angriff zu nehmen. Sie sollen dazu beitragen, die Finanzierungslücke von 700 Milliarden Euro zu schließen, die es weltweit beim Naturschutz gibt. Ohne diesen Betrag wird es nicht gelingen, Ökosysteme ausreichend zu schützen und Wirtschaft und Lebensweise so zu transformieren, dass die Natur nicht mehr übernutzt wird.
Hätte es das plötzliche Ende der Konferenz nicht gegeben, die Diskussion um einen eigenen Fond für Biodiversität hätte vermutlich noch lange angedauert. Mehrere Länder des globalen Südens haben immer wieder betont, dass dieser für sie unabdingbar sei. Die Industrieländer halten jedoch einen bestehenden Fond unter dem Dach der Globalen Umweltfazilität für ausreichend, die Umweltschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern finanziert. Diese Haltung drückten sie auch erneut aus, bevor sich das Treffen auflöste.
Erste Zusammenkunft seit dem Weltnaturschutzabkommen
Die Konferenz in Cali war die erste Zusammenkunft seit der der Verabschiedung des „Global Biodiversity Framework“ 2022 in Montreal. Darin bekennen sich die Vertragsstaaten dazu, bis zum Jahr 2030 den Verlust der Artenvielfalt zu stoppen und die Natur auf einen Weg der Erholung zu bringen. Dass die COP 16 wegen des abrupten Endes gescheitert sei, kann man nicht sagen. Es fielen mehrere wichtige und nicht unbedingt zu erwartende Entscheidungen.
Beim Thema der digitalen Sequenzinformation, kurz DSI, gab es zumindest Bewegung. Hier geht es darum, die an Biodiversität reichen südlichen Länder an den Profiten zu beteiligen, die etwa Pharmaunternehmen auch deswegen machen können, weil in Arzneien oft Substanzen von Pflanzen stecken, die aus jenen besonders biodiversitätsreichen Gebieten kommen. Inzwischen sind diese Substanzen digital gespeichert. Die geforderte Verpflichtung für Firmen, darum bis zu ein Prozent ihres Gewinns abzugeben, gibt es nicht – wohl aber einen Fond, in den diese auf freiwilliger Basis Geld einzahlen sollen. 50 Prozent dieses Geldes wird an indigene Gemeinschaften gehen.
Der meistbejubelte Beschluss der Konferenz hat ebenfalls mit IPLC – die englische Kurzbezeichnung für indigene Völker und lokale Gemeinschaften – zu tun. Sie bekommen ein eigenes ständiges Gremium, das ihre von der Biodiversitätskonvention anerkannte Rolle als „Hüter der Natur“ in ihren traditionellen Territorien noch einmal deutlich stärken wird.
Die Delegationen werden in den nächsten Tagen noch einmal digital zusammenkommen, um unter anderem das Budget der Konvention zum Schutz der biologischen Vielfalt zu verabschieden, das auch noch auf der Agenda gestanden hatte. Sonst wäre das UN-Organ für die nächsten zwei Jahre handlungsunfähig.
Die anderen Punkte auf dem Tagungsplan werden allerdings bis zum Jahr 2026 warten müssen. Dann findet die nächste Konferenz statt, und zwar in Armenien – auch das wurde entschieden.
„Wir hatten ein wunderbares Klima“, sagte die COP-Präsidentin und kolumbianische Umweltministerin Susana Muhamad nach der Auflösung des Plenums. Doch am Ende liege es an den Parteien und am Verhandlungsprozess. Und da ging es eben zu langsam. „Nun werden wir weiterarbeiten“, sagte Muhamad, da gebe es keine Wahl. „Die Krise ist zu groß“.