Weihnachtsmarkt-Anschlag: Innenausschuss des Bundestages soll zu Sondersitzung zusammenkommen | ABC-Z
Nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt kommt der Innenausschuss des Bundestags noch vor dem Jahreswechsel zu einer Sondersitzung zusammen. Wie mehrere Medien übereinstimmend melden, sollen die Ausschussmitglieder am 30. Dezember von Innenministerin Nancy Faeser und den Spitzen der deutschen Sicherheitsbehörden über den Ermittlungsstand informiert werden.
Aus Ausschusskreisen wurde allerdings mitgeteilt, es gebe dafür noch keine Einladungen. Am selben Tag tagt voraussichtlich auch das Parlamentarische
Kontrollgremium, das unter anderem die Nachrichtendienste des Bundes
überwacht. Auch der Ältestenrat des Landtags von Sachsen-Anhalt kommt am Montagnachmittag zu einer Sondersitzung zusammen, der sich als Führungsgremium des Parlaments ein Bild machen soll, hieß es in einer Mitteilung.
Aus den Parteien kamen erste Rufe nach einer Reform bei Strukturen
und Befugnissen der Sicherheitsbehörden als Konsequenz der Tat. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene
Mihalic, und Vizefraktionschef Konstantin von Notz verlangen Aufklärung
darüber, wie die Sicherheitsbehörden mit den Informationen über die
Vorgeschichte des mutmaßlichen Attentäters Taleb A. umgegangen sind. “Auch
wenn es noch Unklarheit über die Motivlage und die genauen Umstände der
Tat gibt, so zeichnet sich doch ab, dass es wie auch schon in anderen
Fällen zuvor kein Erkenntnisproblem gab”, sagten sie dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Der Tatverdächtige und seine
extremistischen Ansichten seien den Behörden offenbar bekannt gewesen.
“Es gilt jetzt aufzuklären, wie mit den Informationen in diesem
konkreten Fall umgegangen wurde.” Der
FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle verlangte eine Neuordnung der
Aufgaben der Sicherheitsbehörden. Die Befugnisse der Sicherheitsbehörden
seien “unübersichtlich und oftmals unklar”, sagte er dem RND. “Deshalb
müssen Bund und Länder die Strukturen bei der Inneren Sicherheit
gemeinsam neu ordnen.”
Faeser: “Jeder Stein wird umgedreht”
Faeser sagte zu, dass die Bundesbehörden bei den Ermittlungen “jeden Stein umdrehen”. “Es gilt, alle Erkenntnisse zusammenzufügen, die ein Bild über diesen Täter ergeben, der in kein bisheriges Raster passt”, sagte sie. “Dieser Täter hat unfassbar grausam und brutal gehandelt – in der Begehungsweise wie ein islamistischer Terrorist, obwohl er ideologisch offenbar ein Islamfeind war.”
Die Ansichten und Äußerungen, die der Täter kundgetan hat, würden ebenso untersucht wie die Hinweise und Verfahren, die es bei verschiedenen Behörden und der Justiz gegeben habe, so die Ministerin. “Ich bin sicher, gleiches wird auch durch die zuständigen Landesbehörden geschehen.”
Kommunen: Weihnachtsmärkte dürfen nicht zu Festungen werden
Städte und Kommunen räumen der Sicherheit auf Weihnachtsmärkten derweil “oberste Priorität” ein, warnen allerdings vor zu
strengen Sicherheitsvorkehrungen. “Weihnachtsmärkte dürfen nicht zu uneinnehmbaren Festungen werden”,
sagte der Ehren-Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und
Gemeindebundes, Gerd Landsberg. Der Charakter des Miteinanders und der
Lebensfreude müsse erhalten bleiben.
“Eine absolute Sicherheit gibt es nicht”, sagte Landsberg.
Landsberg räumte aber auch ein: “Eine absolute Sicherheit gibt es nicht.” Wichtig sei die frühzeitige Erkennung von Gefährdern. “Das ist jedoch keine Aufgabe der Kommunen, sondern der Polizei und der Nachrichtendienste.”
Taleb A. soll in Magdeburg freigehaltene Rettungsgassen genutzt haben, um mit seinem Auto über den Weihnachtsmarkt zu rasen und mit großer Geschwindigkeit Menschen umzufahren. Nach Behördenangaben wurden vier Frauen im Alter von 45, 52, 67 und 75 Jahren sowie ein neunjähriger Junge getötet. Der Angriff auf den Weihnachtsmarkt löste nicht nur in Deutschland Entsetzen und Trauer aus, auch aus dem Ausland gab es bestürzte Reaktionen. Die Sicherheit von Weihnachtsmärkten stand bereits nach dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz 2016 immer wieder im Fokus.