Weihnachtsmann, Waffelduft und Kinder-Eisenbahn für Geflüchtete | ABC-Z
Jedes Jahr gibt es im brandenburgischen Eisenhüttenstadt eine Weihnachtsfeier für die etwa 1.000 Geflüchteten und Asylsuchenden, die dort untergebracht sind. Für viele ist es der erste Kontakt mit der christlichen Tradition.
Etwas schüchtern steht der zehnjährige Dylan neben dem Weihnachtsmann, den er als Santa Claus kennt. Einen Pappteller mit einer frischgebackenen Waffel hat er in der Hand. Der Mann trägt das typische Kostüm: roter Mantel, Zipfelmütze und weißer Rauschbart. Er sitzt umringt von Kindern und fotografierenden Müttern unter einem weißen Zeltdach, greift in seinen Jutesack, zieht ein kleines Päckchen heraus und drückt Dylan das Geschenk in die Hand.
“Komm, wir machen noch ein Foto für Mama”, sagt der Rauschebart mit extra tiefer Stimme. Dylan lächelt immer noch schüchtern. Seine Mutter Esther hält die Szene mit ihrem Handy fest und lacht. Die beiden kommen aus Kenia und sind seit zwei Monaten in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt.
Sie kennen Weihnachten, in Nairobi haben sie immer am 25. Dezember gefeiert, sagt Esther. Doch so groß wie hier in Deutschland über vier Wochen lang mit den Adventstagen, das sei eine ganz neue Erfahrung. Auch das mit den Geschenken, fügt die 34-Jährige begeistert hinzu.
Mini-Weihnachtsmarkt als Abwechslung
Auf Biertischen unter weißen Zeltdächern werden Waffeln gebacken, Popcorn gemacht und Kaffee gekocht. Eine Handvoll solcher Stände nebst Pappweihnachtsbäumen und Schneemannaufstellern sind auf dem Freigelände zwischen den Kasernengebäuden und ein paar Wohncontainern aufgebaut.
Eine kleine Elektrolok mit zwei Anhängern dreht auf einem Gleisoval ihre Runden, ein Spaß für die Kinder. Rund 300 Bewohner sind auf den Mini-Weihnachtsmarkt gekommen.
Etwa 1.000 Geflüchtete und Asylsuchende sind derzeit in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt untergebracht. Sie warten auf die Entscheidung, ob sie in Deutschland bleiben dürfen oder nicht. Die meisten von ihnen kommen aus Syrien. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat nach dem Sturz des Assad-Regimes die Entscheidung über ihre Asylanträge vorerst ausgesetzt.
Andere Geflüchtete und Asylsuchende sind aus Afghanistan, Libyen, Kenia oder Russland. Unterschiedliche Traditionen und Glaubensrichtungen prallen hier aufeinander. Bei ihrem kleinen Weihnachtsmarkt geht es den Betreuern des DRK nicht um Religion. Sie wollen für etwas Abwechslung im oft eintönigen Alltag der Bewohner der Erstaufnahme sorgen.
Auch eine Miniatureisenbahn für Kinder gibt es an diesem Tag in der Erstaufnahmeeinrichtung.
Weihnachten oft die erste Erfahrung mit deutscher Tradition
Björn Wotschefski arbeitet seit fünf Jahren bei der DRK-Flüchtlingshilfe in Ostbrandenburg. Er ist der Koordinator für Bildung und soziale Teilhabe in Eisenhüttenstadt und hat zusammen mit seinen Mitarbeitern die Weihnachtsfeier organisiert.
“Hier geht es wirklich ums Ankommen, kleines bisschen auch schon um das Kennenlernen von deutscher Kultur, Tradition. Auch das ist eine Aufgabe, die für uns hier wichtig ist. Es sind Menschen, die in der Regel hier bleiben wollen”, beschreibt der 46-Jährige sein Anliegen.
Erst seit ein paar Wochen ist Taha Grada in Eisenhüttenstadt. Bis jetzt hatte er keine Ahnung davon, was Weihnachten bedeutet, sagt der 25-jährige Libyer in gebrochenem Deutsch.
Auch für ihn ist der Markt eine willkommene Abwechslung. Was ihm am besten gefalle? Er mag den Kaffee, antwortet Taha Grada. Für Popcorn und Waffeln sei er nicht so zu haben. Der studierte Ingenieur ist nach Deutschland geflohen, um sich hier eine Arbeit zu suchen, sich eine Existenz aufzubauen. Er hofft, dass er bleiben darf. Eine Hoffnung, die er mit vielen hier teilt.