Was tragen die DJs Wolfram, Richie Hawtin und Dixon in Lissabon? | ABC-Z

DJs
Die Könige der Nacht
Von JULIA VON DER HEIDE ( Fotos), MARKUS EBNER (Styling)
8. März 2025 · Diese drei DJs reisen dauernd um die Welt, um aufzulegen. Aber die Basis von Wolfram, Richie Hawtin und Dixon ist Lissabon. Denn wer die Nacht zum Tag macht, braucht Sonne.
Wann hast du erstmals als DJ gearbeitet?
Das muss 1988 gewesen sein, in einem Nachtclub namens „Hoppas“ in Windsor, in Kanada, in der Nähe von Detroit.
Was ist dein Plan für die Zeit danach?
Meine Generation ist die erste der internationalen DJs, daher weiß niemand, wie lange es gehen kann. Es ist schwer zu sagen, wann die Welle enden wird. Ich liebe Sake, für die Sake-Kultur will ich mir dann mehr Zeit nehmen.
Wie hat sich die Welt der DJs verändert?
Es ist eine Industrie, ein großes Geschäft. Als ich anfing, war alles klein, jeder hat gemacht, was er tun musste. Es gab Booker, aber keine Manager oder Agenten. So sind wir groß geworden. Heute kommt man da nicht so leicht durch, es ist ein Milliardengeschäft. Amsterdam, Berlin und New York haben jetzt Bürgermeister für die Nacht, das zeigt, wie groß dieses Business ist.
Wo war dein letzter Gig? Und wo ist der nächste?
Ich war gerade in Lima in Peru, und ich fliege bald nach Riad in Saudi-Arabien.
Haben DJs eine kulturelle Bedeutung?
Die wird immer wichtiger. Die Idee, dass es einen sicheren Ort gibt, an dem du deine Gefühle rauslassen kannst, und der DJ kreiert diese Situation. Menschen feiern zusammen, eine wichtige Erfahrung, sehr positiv.
Welche anderen DJs respektierst du?
Jeff Mills. Ich habe ihm als Jugendlicher in Detroit zugehört. Er spielt immer noch, mit über 60. Vom ersten Tag an hat er die gleiche Richtung verfolgt, mehr als 40 Jahre lang. Er klingt nach elektronischem Sound, der wie aus dem All auf die Erde gekommen ist. Elektronische Musik ist eine eigene Kunstform aus Technischem und Menschlichem. Das können nur wenige – Jeff ist einer von ihnen.
Wie hängen Mode und Musik zusammen?
Alles Visuelle war schon immer wichtig in der Musik. So kann man seine Ideen ausdrücken. Mit Mode zeigen wir, wie wir uns fühlen.
Für welche Modenschau würdest du gerne einmal den Soundtrack machen?
Ich habe vier Prada-Schauen gemacht. Für mich war das spannend, weil man nicht weiß, wie das finale Produkt sein wird, die Schau selbst. Einige davon waren während der Pandemie. Das war gut, weil es mehr der Soundtrack eines Films als eine Modenschau war.
Richie Hawtin wurde 1970 in England geboren. Als er elf Jahre alt war, zog die Familie nach Kanada. Er hat als DJ, Musiker und Produzent die Technomusik maßgeblich mitgeprägt.
Wann hast du erstmals als DJ gearbeitet?
Im „Bunker“ in Berlin 1992, als Ersatz für einen erkrankten DJ.
Was ist dein Plan für die Zeit danach?
In den vergangenen 30 Jahren habe ich mehrere Unternehmen gegründet, die alle auf unterschiedliche Weise mit Musik zu tun haben – darunter ein Label, einen Verlag, einen Vertrieb sowie Agenturen für Booking, Management und Eventorganisation. Mich weiterhin in diesen Bereichen einzubringen finde ich spannend. Das mir selbst gesetzte „Retirement-Alter“ habe ich schon ein-, zweimal überschritten – genau deshalb setze ich mir da auch keine festen Grenzen mehr.
Wie hat sich die Welt der DJs verändert?
Die Szene hat sich spürbar gewandelt. Der allgegenwärtige Einfluss von Social Media und das gleichzeitige Verschwinden einer tief gehenden Musikmedien-Landschaft haben dazu geführt, dass die Person des DJs mehr als die Musik im Mittelpunkt steht. Zudem gibt es, ähnlich wie in der Gesellschaft, ein Verschwinden der „Mittelschicht“. Es gibt Superstars mit enormer Reichweite und eine erstarkte regionale Community, dazwischen wird es dünn. Und da der Verkauf oder das Streamen von Musik kaum noch Einnahmen generiert, wird für viele talentierte Musiker aus dem Beruf eine Art Hobby – mit allen Konsequenzen für die Musikkultur.
Wo war dein letzter Gig?
Auf einem Event im „Club Space“ in Miami.
Haben DJs eine kulturelle Bedeutung?
Ein guter DJ ist für mich ein Entertainer, dessen Stärke darin liegt, in Echtzeit die richtigen Entscheidungen zu treffen, um einen besonderen Moment auf der Tanzfläche zu erschaffen. Durch die starke Fixierung der Gäste auf den DJ und das Festhalten dieser großen Momente in Social Media hat sich die Außenwirkung enorm verstärkt. Auftreten, Präsenz und Stil des DJs hinterlassen Spuren weit über das Event hinaus. Viele DJs setzen Trends, prägen Mode, Kunst und Lifestyle und sind insofern Kulturstifter und Gestalter einer globalen Musikbewegung.
Welche anderen DJs respektierst du?
Laurent Garnier, für seine Hingabe, seine Geradlinigkeit und die Würde, mit der er die vielen Begleiterscheinungen dieses Berufs meistert.
Woher stammt dein DJ-Name?
Von einer Jacke, die ich mit 16 trug – darauf stand groß „Dixon & Scott“. Damals habe ich vor allem englische Breakbeats gespielt und dachte, ein englischer Künstlername wäre somit passend. Und wie das oft so ist: Einmal gewählt, bleibt er. Als Künstler hat man immer ein wenig Angst, seinen Namen zu ändern – aus Sorge, dass man dadurch Fans verliert. Auch wenn es am Anfang meiner Karriere natürlich nur sehr wenige waren und diese Sorge gar nicht notwendig war.
Dixon wurde 1975 als Steffen Berkhahn in Anklam geboren. Er ist einer der bekanntesten DJs und Produzenten von Housemusik.
Wann hast du erstmals als DJ gearbeitet?
Zum 16. Geburtstag habe ich einen Technics-DJ-Plattenspieler bekommen. Seitdem war ich DJ in meinem Kinderzimmer. Der erste bezahlte Gig war dann die Eröffnung des Museums moderner Kunst Stiftung Ludwig in Wien 2001.
Was ist dein Plan für die Zeit danach?
Unter Umständen sehe ich meine Zukunft in der bildenden Kunst, das habe ich unter Daniel Richter in Wien studiert. Etwas mit „artist residencies“ an einem schönen Ort, den ich dazu anschaffen will.
Wolfram trägt Louis Vuitton.
Wolfram trägt Jacke, Hemd und Hose von Stone Island.
Wolfram trägt Emporio Armani.
Wie hat sich die Welt der DJs verändert?
Früher haben alle mit Vinyl aufgelegt, jetzt ist alles digital. Der DJ legt digital auf, und das Publikum schneidet digital mit.
Wo war dein letzter Gig? Wo ist der nächste?
Das „Watergate“-Closing in Berlin. Als nächstes dann mit Heron Preston in Dubai.
Haben DJs eine kulturelle Bedeutung?
Als ich begonnen habe, Platten zu sammeln und DJ zu sein, war das ein Blick in die Zukunft. Mittlerweile ist House Music die Musik der Eltern von Jugendlichen. Das Futuristische an Techno, das ich vorfand, ist leider verloren gegangen. Wenn ich jetzt noch einmal 15 wäre, weiß ich nicht, ob ich das spannend fände. Man muss fast sagen, dass es sich vom Kulturellen zum Kommerziellen entwickelt hat.
Welche anderen DJs respektierst du?
DJ Harvey, weil er in seiner eigenen Kategorie ist. Das heißt nicht, dass er der beste DJ ist, aber man kann ihn nicht einordnen. Er ist sehr eklektisch und fluid und erzählt eine großartige Geschichte. Er hatte einen Club auf Hawaii, in dem ich einmal an Neujahr spielen durfte.
Wie hängen Mode und Musik zusammen?
Man weiß ja, dass Raf Simons schon Kollektionen gemacht hat, die auf Alben von Joy Division basierten, grafisch und von der Atmosphäre. Es kommt meistens von der Musik zur Mode und nicht andersrum.
Für welche Modenschau würdest du gerne einmal den Soundtrack machen?
Für eine Helmut-Lang-Comeback-Show, wenn es sie gäbe.
Wolfram Eckert, geboren 1983 in St. Veit an der Glan in Kärnten, hat 2011 sein erstes Album veröffentlicht. Er ist einer der großen lebenden musikalischen Exportschlager Österreichs.
Fotografie: Julia von der Heide
Styling: Markus Ebner
Produktion: Pureza Fino
Mode-Assistenz: Alex Rottenmanner
Styling-Assistenz: Nicole Peixe
Foto-Assistenz: Tomás Varela Viera Talents: Dixon, Wolfram, Richie Hawtin
Haare und Make-up: Maria Nobre de Almeida
Dank an: Ben Turner, Eva Planas, Telma Rodrigues
Fotografiert am 9. und 10. Dezember 2024 in Lissabon.