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Pro-Palästina-Demos: Antisemitismus am Verwaltungsgericht Frankfurt? | ABC-Z

Sieht man sich die Google-Bewertungen des Frankfurter Verwaltungsgerichts an, finden sich dort Sätze wie diese hier: „Ich finde es eine Schande, dass Ihr Gericht den Judenhass und Antisemitismus gewähren lässt“ oder „Sag mir, dass du Antisemit bist, ohne mir zu sagen, dass du Antisemit bist. Ich wusste auch gar nicht, dass Hass und Hetze und Antisemitismus von der Meinungsfreiheit gedeckt werden.“ Es sind Kommentare, die die vergangenen zwei Jahre der Justizbehörde widerspiegeln.

Seit dem 7. Oktober 2023, dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, wurden in Frankfurt mehrfach propalästinensische Kundgebungen angemeldet – und von der Stadt Frankfurt verboten. Doch die Entscheidung, ob diese Demonstrationen wirklich nicht stattfinden dürfen, haben am Ende meist die Richter des Frankfurter Verwaltungsgerichts getroffen. Wie sie dabei entschieden haben, gefällt nicht jedem.

In den vergangenen zwei Jahren seien insbesondere zu den Gerichtsbeschlüssen zu solchen Demonstrationen viele Reaktionen von Bürgern per E-Mail eingegangen, berichtet Gerichtssprecher Philipp Kratzer. Auch nachdem das Frankfurter Verwaltungsgericht jüngst das von der Stadt Frankfurt ausgesprochene Verbot der „United 4 Gaza“-Demo aufgehoben hat, hätten sich einige Menschen gemeldet. Viele hätten in ihren Nachrichten ihr Unverständnis geäußert oder nach den genauen Gründen gefragt, die zu dieser Entscheidung geführt haben.

Aus Sorge, jüdische Bürger seien in Gefahr

Beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel, der für Beschwerden gegen die Entscheidungen aus Frankfurt zuständig ist, ist laut Gerichtssprecherin Stefanie Buchwald lediglich eine E-Mail zu der Entscheidung zum „United 4 Gaza“-Protest eingegangen. Darüber hinaus erhalte der VGH gelegentlich Zuschriften zu allen möglichen Entscheidungen.

Anders als bei der Frankfurter Justizbehörde gingen aber auch hin und wieder Anrufe bei der Pressestelle oder der Verwaltung ein, da bei beiden Abteilungen die Nummer öffentlich zu finden ist. So viele Menschen wie beim Gericht in Frankfurt würden sich aber insgesamt nicht melden.

Die Nachrichten, die beim Verwaltungsgericht ankommen, sind Kratzer zufolge keine pöbelnden Mails. Vielmehr meldeten sich vor allem Bürger, die sich Sorgen machten und diese ausdrücken wollten. So habe sich noch am Abend der Entscheidung eine Frau gemeldet und an die Ausschreitungen bei den Frankfurter Blockupy-Protesten im März 2015 erinnert, berichtet Kratzer. Sie habe befürchtet, dass jüdische Bürger in Frankfurt in Gefahr seien.

Richter schützen Grundrecht auf Versammlungsfreiheit

Manche Nachrichten sind auch herablassend oder gar beleidigend: Zwar seien es inzwischen weniger Nachrichten als noch vor rund zwei Jahren, dafür würden dem Gericht aber krasse Anschuldigungen gemacht, berichtet Philipp Kratzer vom Frankfurter Verwaltungsgericht. Ihnen werde beispielsweise vorgeworfen, Antisemitismus nicht zu erkennen oder gar selbst antisemitisch zu sein. Manche zögen sogar Vergleiche zur Justiz der NS-Zeit. „Das ist wirklich eine traurige Entwicklung, dass dieses Grundvertrauen verloren gegangen ist.“

Kratzer glaubt, dass vor allem Unkenntnis über die Arbeit der Richter der Grund dafür ist. Die Kritik der Bürger und auch die Presseberichterstattung gehe teilweise an der juristischen Grundlage vorbei, sagt er. Im Fall der „United 4 Gaza“-Demonstration sei es zum Beispiel so, dass die Richter mit der Entscheidung „nichts anderes als Grundrechteschutz für alle übrigen Versammlungsteilnehmer gemacht“ hätten. „Da haben 10.000 teilgenommen, und selbst wenn hundert davon gewaltbereit waren, haben 9900 nach wie vor ihr verfassungsrechtliches Recht, die Meinung auf der Straße sagen zu dürfen.“ Versammlungen zu verbieten sei daher nahezu unmöglich.

Sorgen machen würde den Richtern des Verwaltungsgerichts, dass versucht werde, Meinungen im Vorhinein zu verbieten, die unerwünscht sind. Doch auch diese Meinungen seien durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt, sagt Kratzer. Nicht jeder Antisemitismus sei strafbar und könne verboten werden. Wenn Aussagen getätigt würden, die es doch seien, sei das immer eine „knifflige Einzelfallentscheidung“, die Strafrichter im Nachhinein träfen. In den meisten Fällen sind Fragen wie diese auch gar nicht Gegenstand der Gerichtsbeschlüsse über Versammlungsverbote. „Aber unser Staat ist so konstituiert, dass er all das aushält.“

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