Was Flussbaden so beliebt macht | ABC-Z

Die Freiheit
Sich treiben lassen. Das sagt man, wenn man nichts geplant hat, mal hierhin, mal dorthin schauen, aber nirgends länger bleiben möchte. Es ist das Gegenteil von Getriebenheit, von Stress. Und nicht zufällig sind es Flüsse, in und mit denen man sich am schönsten treiben lassen kann, 50 Meter, 300 Meter, drei Kilometer. Im Gegensatz zum See muss man nicht einmal schwimmen, sondern sich nur über Wasser halten. Die Kraft der Strömung nimmt einen mit, arbeitet für den Schwimmer. Besonders wenn es heiß ist und man auf dem Rücken liegend, wie auf einem kühlen Sofa, die Isar, den Rhein oder die Aare hinuntertreibt, ist das Baden im Fluss eine besondere Wohltat. Man schwimmt an Menschen, Häusern, Enten vorbei, die Umgebung ändert sich, bis man sich irgendwo ans Ufer spülen und seine Haut auf dem Rückweg zum Badeplatz in Sonne und Wind trocknen lässt. Im Unterschied zu den gleichwohl schönen, aber doch eher statischen Seen ist der Fluss dabei auch ein Stück Naturgewalt, das mehr Risiko und Nervenkitzel mit sich bringt. Was, wenn die Strömung zu stark wird, wenn ich es nicht rausschaffe? Der Respekt vor der Natur gehört dazu, bevor man in einen Fluss steigt.
Es ist aber auch schön, nur am Ufer zu sitzen, dem Wasser zuzuschauen und sich an Hermann Hesses „Siddhartha“ zu erinnern, zu dem der Fährmann Vasudeva sagt: „Es ist doch dieses, was du meinst: dass der Fluss überall zugleich ist, am Ursprung und an der Mündung, am Wasserfall, an der Fähre, an der Stromschnelle, im Meer, im Gebirge, überall, zugleich, und dass es für ihn nur Gegenwart gibt, nicht den Schatten Vergangenheit, nicht den Schatten Zukunft?“
Foto: Michael Nguyen/IMAGO/NurPhoto
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