Was die Bonusprogramme von Rewe und Edeka können | ABC-Z

Haben Sie schon die Rewe-App?“ Diese Frage bekommen Kunden beim Bezahlen ihrer Einkäufe an der Ladenkasse seit einigen Wochen mit schöner Regelmäßigkeit zu hören. Der Platzhirsch unter den Lebensmittelhändlern in der Region hat sich mit seiner Discounter-Tochter Penny vom Treueprogramm Payback verabschiedet. Um Rabattpunkte zu sammeln, müssen Kunden seit Anfang Januar die Rewe-App herunterladen und das Bonusprogramm aktivieren, eine physische Karte gibt es nicht mehr.
Das bedauern ältere Kunden, die digital nicht so flott unterwegs sind wie die jüngeren, womöglich auch kein Smartphone besitzen. Aber auch Verbraucher, die an Payback gewöhnt sind und darüber hinaus keine Lust haben, ihr Handy im Supermarkt anzuschalten, sind wenig begeistert.
„Die kommen dann zu uns“, erzählt eine Verkäuferin bei Edeka Georg im Frankfurter Stadtteil Riedberg. Seit Jahresanfang sei ein verstärkter Zulauf „ganz klar“ zu spüren. Das bestätigt Ingo Haller, der als selbständiger Kaufmann drei Edeka-Märkte in der Region betreibt, unter anderem das E-Center Haller in Raunheim. „Wir haben auf jeden Fall mehr Kunden“, sagt Haller. „Und das ist erst der Anfang.“
„Payback ist eine ganz andere Liga“
Der Kaufmann gehört mit seinen Supermärkten zur Edeka-Region Südwest, die wie fünf weitere Regionen des genossenschaftlich organisierten Handelsunternehmens – in Deutschland ist Edeka die Nummer eins – bisher beim Deutschlandcard-Vorteilsprogramm mitgemacht haben und nicht lange überlegen mussten, zu wechseln. „Payback ist eine ganz andere Liga“, sagt er. Damit kann man bei mehr als 700 Partnern punkten, so auch bei Alnatura, Aral, dm, Amazon, Thalia, Sparkassen und Sky, um nur einige zu nennen.
Einzig die Edeka-Region Hessenring, die an den Norden der Rhein-Main-Region grenzt und bis nach Thüringen hineinreicht, macht bei Payback nicht mit. Und hatte zuvor auch die Deutschlandcard abgelehnt. Das heißt, Edeka-Kunden in Limburg, Wetzlar, Bad Nauheim und Fulda haben keine Möglichkeit, beim Einkaufen Rabattpunkte zu sammeln.
Das ist bei einigen sauer aufgestoßen. Auf der Kampagnenplattform Change.org läuft eine Unterschriftenaktion. „Ganz Deutschland“ könnte bei Payback Punkte sammeln, beschwert sich ein Teilnehmer. „Nur wir Hessen nicht. Diese Kleinstaaterei ist doch wirklich nicht zu fassen.“ Bisher haben 2125 Kunden die Aufforderung unterschrieben, auch Edeka Hessenring möge dem Programm beitreten.
Rewe-App lockt Kunden mit Einkaufs-Coupons
Über die Gründe für die Zurückhaltung der Hessenring-Kaufleute lässt sich nur spekulieren, die Suche dieser Zeitung nach einem offiziellen Ansprechpartner blieb erfolglos. Sprecher der Edeka-Zentrale verweisen auf die genossenschaftliche Struktur und darauf, dass die eigenständigen Kaufleute über alle unternehmerischen Fragen eigenständig entschieden.
So lässt sich nur vermuten, dass die Gebühren, die Handelsketten zahlen, um bei Bonusprogrammen mitzumachen, die Hessenring-Kaufleute abschrecken. Gerüchten zufolge soll Rewe knapp 150 Millionen Euro im Jahr an Payback überwiesen haben, was als ein möglicher Grund für den Ausstieg des Konzerns angesehen wird. In der Regel holen sich die Händler das Geld über höhere Preise von den Kunden zurück.
Payback gibt es noch als Karte für das Portemonnaie, Rewe wirbt nur im Kartenformat für seine neue App. Nutzer brauchen zum Punkten ein Handy.Sophie Boyer
Zur Rewe-Entscheidung soll laut Handelsexperten aber auch beigetragen haben, dass der Konzern bei der Digitalisierung schon viel weiter ist als die Konkurrenz und nun die Gelegenheit nutzt, die eigene App mit dem Bonusprogramm voranzubringen.
Interessant für Kunden ist etwa der „Bonus-Booster“, bei dem gilt: Je mehr jemand in einem Monat bei Rewe einkauft, desto höher ist die Gutschrift für den nächsten Monat, bis zu zehn Prozent sind drin. Konkret: Wer in einem Monat Waren im Wert von 400 Euro einkauft, erhält einen 40-Euro-Coupon, den er beim nächsten Einkauf einlösen kann. Das ist eine Ansage.
Daten für personalisierte Werbung
Die Rewe-App und die unterschiedlichen Sammelmöglichkeiten müssen Kunden aber erst einmal verstehen. Rewe-Mitarbeiter, die dafür in den Märkten abgestellt sind, stellen fest, dass die App mit ihren unterschiedlichen Werbeaktionen erklärungsbedürftig ist. An die Hand genommen werden müssten aber auch Edeka-Kunden, sagt Ingo Haller.
Bis Ende Februar haben sie Zeit, ihre Deutschlandcard-Punkte einzulösen. Danach wird die Karte an den Kassen von Edeka und der Discounter-Tochter Netto nicht mehr akzeptiert. Die Deutschlandcard ist damit im Übrigen nicht Geschichte, sondern soll in diesem Jahr weiterentwickelt werden, auch dahingehend, mehr personalisierte Werbung zu verschicken.
Stiftung Warentest empfiehlt keine Kundenprogramme
Genau darauf zielten alle Kundenprogramme ab, kritisieren Verbraucherschützer. Das Kalkül: Die gezielte und regelmäßig per App versendete Werbung sorge dafür, dass Kunden öfter in einem Unternehmen einkauften. Dafür sammelten die Apps Daten. Weiträumige Rechte dazu räumten Nutzer bereits bei der Installation der App mit der Zustimmung zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein.
Dagegen sei die Ersparnis meistens nur gering. „Keine Rabatt-App im Test bringt bei jedem Einkauf so große Preisvorteile, dass Sparfüchse sie auf ihrem Handy haben sollten“, so das Urteil der Stiftung Warentest im Sommer 2023. Nach Analyse der Tester ist der Nachlass von händlerübergreifenden Apps wie der Deutschlandcard und Payback mit 0,5 bis einem Prozent verschwindend gering.
Höhere Rabatte seien nur mithilfe von Sonderaktionen möglich. Gewiefte Kunden wissen diese zu nutzen und Guthaben zu sammeln. Zumindest aber geben Kundenkarten ihren Nutzern ein gutes Gefühl beim Einkaufen. Ein Rewe-Kunde in einem Frankfurter Markt lehnt jedoch dankend ab: „Ich habe schon so viele Apps.“