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Warum Unternehmen von grünen Lieferketten profitieren | ABC-Z

Nachhaltigkeitsmanagement ist in der Logistikbranche längst strategisch verankert und weit mehr als eine freiwillige Maßnahme. Unternehmen stehen damit vor der Herausforderung, ökologische, soziale und ökonomische Interessen miteinander in Einklang zu bringen.

Dabei kommt der Logistik als global vernetzter Sektor eine besondere Verantwortung zu. Nach Berechnungen des Fraunhofer IML auf Basis mehrerer Studien gehen rund elf Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen auf Logistik und Transport zurück (inklusive der Emissionen an Logistikstandorten). Trotz dieser Relevanz zeigt sich jedoch noch immer ein deutliches Umsetzungsdefizit: Fast 45 Prozent der Unternehmen erfassen laut Studien ihre Emissionen gar nicht oder nur teilweise.

Dazu kommt: Betriebe haben eine unterschiedliche Wahrnehmung, wie hoch der ökologische Nutzen nachhaltiger Maßnahmen tatsächlich ist. Laut einer aktuellen Umfrage von KPMG und der Bundesvereinigung Logistik (BVL) gibt es hier einen Zusammenhang mit dem Unternehmensumsatz. Befragt wurden 90 Entscheiderinnen und Entscheider der Branche. Demnach bewerten 41 Prozent der beteiligten Logistikunternehmen mit einem Jahresumsatz unter einer Milliarde Euro die Auswirkungen ihres eigenen Betriebs auf den Klimawandel als gering oder sehr gering. Bei Unternehmen mit über einer Milliarde Umsatz liegt dieser Wert dagegen nur bei 15 Prozent.  

Gleichzeitig zeigt sich mit Blick auf die nächsten fünf Jahre ein ambitionierter Kurs: In derselben KPMG/BVL-Umfrage gaben über 71 Prozent der Befragten an, bis spätestens 2030 klimaneutral wirtschaften zu wollen. Der Wille zeichnet sich ab – doch der Schritt von der Planung zur Umsetzung bleibt weiterhin eine Herausforderung.

Die Erwartungshaltung steigt: Kundinnen und Kunden, Politik und Investoren fordern klimafreundlichere Prozesse, transparente Lieferketten und soziale Standards. Das betrifft die gesamte Wertschöpfungskette – von der Prozessgestaltung über technische Lösungen bis hin zur Unternehmenskultur. Besonders kleine und mittelständische Logistik- und Transportunternehmen empfinden diesen Wandel als komplex, langwierig oder gar nicht umsetzbar. Doch wer nicht handelt, riskiert nicht nur Wettbewerbsnachteile, sondern auch regulatorische Konsequenzen wie Bußgelder, denn gesetzliche Vorgaben nehmen weiter zu.

Wer ökologische Maßnahmen übernimmt, hält soziale Standards ein, erfüllt gesetzliche Forderungen und verschafft sich neben regulatorischer Sicherheit auch klare wirtschaftliche sowie Wettbewerbsvorteile:

  • Gesetzliche Vorgaben
    Der politische Druck auf Unternehmen wächst. Gesetzlich werden Unternehmen zunehmend verpflichtet, ihre ökologischen und sozialen Auswirkungen zu dokumentieren und zu verbessern. Dazu gehört unter anderem: 

    • Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (seit 2021): Unternehmen müssen Risiken in der Lieferkette erkennen und Maßnahmen zu Menschenrechten, Arbeits- und Umweltschutz ergreifen.
    • EU-Taxonomie (seit 2020): Definiert, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als nachhaltig gelten – Grundlage für grüne Investitionen.
    • Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD, seit 2023): Verpflichtet viele Unternehmen zur Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsdaten – ähnlich wie bei Finanzberichten.
    • CO₂-basierte Lkw-Maut (seit 2023): Die Maut richtet sich nach Emissionen – emissionsfreie Lkw sind bis Ende 2025 befreit.

  • Wirtschaftliche Vorteile
    Nachhaltigkeit rechnet sich – auf lange Sicht und teils auch kurzfristig:

    • Kostenreduktion durch geringeren Energieverbrauch, optimierte Auslastung und Digitalisierung
    • Kundenvorteile: Nachhaltigkeit wird zunehmend kaufentscheidend, B2B wie B2C
    • Förderprogramme für E-Lkw, Ladeinfrastruktur oder nachhaltige Logistikimmobilien (z. B. BAFA-Förderung, De-minimis)

  • Soziales Standing: Image und Arbeitgeberattraktivität
    Logistik steht beim Thema Nachhaltigkeit oft in der Kritik. Unternehmen, die proaktiv agieren, profitieren von einem besseren Image, gewinnen leichter Fachkräfte und stärken ihre Arbeitgebermarke.

Partnerschaften und Kooperationen spielen eine wichtige Rolle, um Hürden zu überwinden, Kräfte zu bündeln und Nachhaltigkeitsziele gemeinsam zu erreichen. 

  • Investitionen in Ladeinfrastruktur, alternative Antriebe oder Digitalisierung sind teuer – gemeinsame Projekte senken das Risiko und erhöhen die Wirtschaftlichkeit.
  • Kooperationen erlauben es kleinen und mittleren Unternehmen, von Lösungen großer Partner zu profitieren (z. B. durch gebündelte Transporte oder gemeinsame Beschaffung).
  • Nachhaltigkeit braucht offene Datenstandards, gemeinsame CO₂-Bilanzen und kompatible Systeme (z. B. bei Telematik oder Ladeinfrastruktur).
  • Förderprogramme: Viele staatliche und EU-weite Förderprogramme fordern Konsortien oder Projektpartnerschaften (z. B. im Rahmen von „Innovative Logistiklösungen für die letzte Meile“ oder „HyLand“-Projekten für Wasserstoffinfrastruktur).
  • Zusammenarbeit in nachhaltigen Projekten verbessert die Reputation bei Kunden, Investoren und Öffentlichkeit.

Um es für Betriebe überschaubarer, praktikabler und effizienter zu machen, auf nachhaltige Strategien und Prozesse umzustellen, empfiehlt das BMUV, schrittweise vorzugehen: Hier finden Sie eine stark gekürzte Zusammenfassung der sieben Schritte aus dem “Leitfaden für Unternehmen zum nachhaltigen Lieferkettenmanagement”. Zur vollständigen BMUV-Broschüre geht es hier. 

  1. Erfassen: Ist‑Analyse 
    Untersuchen, welche Prozesse existieren – vom Rohstoff bis zum Endprodukt. Erfassen der bestehenden Umweltauswirkungen und Risiken entlang der gesamten Kette.

  2. Priorisieren: Risiko- und Chancenbewertung
    Bewerten der einzelnen Stufen auf potenzielle Menschenrechts- und Umweltverstöße. Priorisieren der kritischsten Risikobereiche als Ausgangspunkt für gezielte Maßnahmen.

  3. Sollzustand definieren: Nachhaltigkeitsziele festhalten
    Definieren von klaren Nachhaltigkeitszielen und Visionen für das Unternehmen. Diese Leitlinien dienen als Maßstab für das gewünschte Niveau und binden das gesamte Unternehmen ein.

  4. Konkrete Maßnahmen ableiten
    Ableiten konkreter Maßnahmen – z. B. Auditpläne, Schulungen, vertragliche Bedingungen – basierend auf den identifizierten Risiken und dem gewünschten Sollzustand.

  5. In Geschäftsprozesse integrieren
    Verankern der Nachhaltigkeitskriterien vertraglich und in Einkaufsprozessen. Transparent machen im Unternehmen und bei Partnern und Zulieferern, dass sie verbindlich Umwelt- und Sozialstandards erfüllen.

  6. Fortschritte festhalten: Monitoring und Kontrolle
    Verfolgen der Fortschritte durch Audits, Kennzahlen und Reports. Prüfen, ob Maßnahmen greifen, und verbessern Prozesse bei Bedarf. Kommunizieren der Erfolge im Team motiviert.

  7. Probleme analysieren und optimieren
    Wenn Probleme auftauchen, gleich mit korrigierenden Maßnahmen eingreifen. Fehler nutzen, um daraus zu lernen, die passende Strategie anzupassen und das Lieferkettenmanagement weiterzuentwickeln.

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