Warum Trump nach dem Panamakanal greift | ABC-Z
Der Panamakanal gilt als Lebensader des Welthandels, als achtes Weltwunder. Schon Goethe träumte von einem Kanal durch die zentralamerikanische Landenge, dessen Bau der deutsche Dichter aber nicht mehr erleben sollte. Einst mussten Schiffe vom Westen der Vereinigten Staaten den langen und teuren Umweg um das südamerikanische Kap Hoorn nehmen, um etwa nach New York oder Europa zu fahren, seit bald 111 Jahren steht ihnen eine Abkürzung zur Verfügung. Die sei aber mittlerweile zu teuer, klagt Donald Trump, der am 20. Januar als Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt wird – und sogar einen Militäreinsatz nicht ausschließt.
Seine erste Drohung setzte Trump kurz vor Weihnachten vor seinen Anhängern ab, als er hohe Durchfahrtsgebühren beklagte und warnte, der Panamakanal könne in die „falschen Hände“ fallen. An Weihnachten legte er dann auf seiner Plattform Truth Social nach und machte einmal mehr klar, was er damit meinte: „Frohe Weihnachten allerseits, auch an die wundervollen Soldaten aus China, die liebevoll sind, aber illegal den Panamakanal betreiben.“ Anfang dieser Woche wiederholte Trump diese Behauptung und forderte Panama auf, die Kontrolle über den Kanal wieder an die Vereinigten Staaten zu übertragen, sollte das Land den USA keinen Rabatt gewähren.
Auch kritisierte er den kurz vor dem Jahreswechsel verstorbenen Jimmy Carter, der als amerikanischer Präsident vor bald einem halben Jahrhundert Verträge ausgehandelt hatte, die Panama Ende 1999 die Kontrolle über den Kanal übertrugen. Dies sei ein „schwerer Fehler“ gewesen, sagte Trump.
Der Kanal nützte der damals neuen Weltmacht
Damit heizt Trump einen alten Konflikt an, der eigentlich schon beigelegt war. So bot der Kanal schon im 20. Jahrhundert reichlich Zoff zwischen den beiden Ländern.
Dabei gäbe es Panama ohne die USA nicht. Nachdem zunächst Frankreich unter Führung des „großen Franzosen“ Ferdinand de Lesseps, der bereits den Bau des Suezkanal geleitet hatte, mit der Errichtung des Panamakanals krachend gescheitert war, hatten die Vereinigten Staaten sich die Konkursmasse gesichert. In der Folge erklärte Panama mithilfe Washingtons seine Unabhängigkeit von Kolumbien. Die USA durften danach den Panamakanal bauen, den sie 1914 fertigstellten und jahrzehntelang kontrollieren sollten.
Den Vereinigten Staaten erleichterte er den Weg zur Weltmacht. So war er auch während des Zweiten Weltkriegs von geostrategischem Nutzen, um Schiffe zwischen dem Pazifik und dem Atlantik zu verschieben. 65.000 Soldaten sollen während dieser Zeit in Panama stationiert gewesen sein, auch um den Kanal, über dessen Zerstörung Nazi-Deutschland nachgedacht haben soll, zu schützen.
Die USA hatten sich einer Parallelwelt erkauft
Kein Wunder also, dass sich die USA schwer damit taten, der zunehmenden Unzufriedenheit Panamas etwas zu entgegnen. Nachdem Ägypten 1956 den Suezkanal verstaatlicht hatte, hegten auch immer mehr Menschen in Panama den Wunsch, den Kanal im Herzen ihres Landes ihr Eigen nennen zu können. Er hatte ihnen zwar die Unabhängigkeit gebracht, finanziell profitierten sie aber kaum bis gar nicht vom Schiffsverkehr.
Hinzu kam die von vielen kritisch beäugte Parallelwelt, die sich die Vereinigten Staaten vor dem Bau des Kanals erkauft hatten, die rund 1400 Quadratkilometer große Panamakanalzone. Das Gebiet erstreckte sich etwa acht Kilometer beiderseits des Kanals, es gab Kasinos, Highschools, Golfplätze, Restaurants, und auch sonst war das Leben für die Amerikaner dort besser als das der Einheimischen außerhalb der Zone, die praktisch als Teil der USA galt. In ihr wurde 1936 sogar ein späterer Präsidentschaftskandidat geboren: John McCain, der 2008 Barack Obama unterlag.
1976 sollte der Panamakanal auch eine Rolle im amerikanischen Wahlkampf spielen. Ronald Reagan, der sich vergeblich bemühte, schon in jenem Jahr Kandidat der Republikaner zu werden, vertrat damals eine in den USA mehrheitsfähige Meinung über den Kanal: „Wir haben ihn gekauft, wir haben ihn bezahlt, er gehört uns.“ So wie etwa Alaska.
Die Präsidentenwahl aber gewann der Demokrat Jimmy Carter, der sich für die Aussöhnung mit Panama einsetzte und letztlich auch einflussreiche Republikaner wie Henry Kissinger überzeugte. Carter handelte 1977 mit dem damaligen Diktator von Panama, Omar Torrijos Herrera, zwei Verträge aus. In dem einen verpflichteten sich die Vereinigten Staaten, Panama zur Jahrtausendwende die Kontrolle über den Kanal zu übertragen. In dem anderen wurde den USA zugesichert, intervenieren zu dürfen, wenn die Neutralität des Kanals verletzt wird.
Panama weist Trumps Vorwürfe zurück
Genau diesen Punkt sieht Trump nun verletzt, wenn er behauptet, China kontrolliere den Panamakanal. Das wäre in der Tat eine schlechte Nachricht für die Sicherheit der Vereinigten Staaten. Beweise legt Trump aber nicht vor. „Die Anschuldigungen, dass China den Kanal steuert, sind unbegründet“, sagte nun der Leiter der Panamakanalbehörde, Ricaurte Vásquez Morales, dem „Wall Street Journal“. Und er versicherte: „China hat keinerlei Einfluss auf unseren Betrieb.“
Gleichwohl gibt es an beiden Enden des Panamakanals zwei Häfen, die in der Hand einer Tochtergesellschaft des Hongkonger Hafenbetreibers CK Hutchison liegen, das aber schon seit Jahrzehnten. Wegen Chinas wachsendem Einfluss auf Hongkong in den vergangenen Jahren hinterfragen nicht nur Republikaner, was das in Zukunft für den Panamakanal bedeutet. Auch hat Panama im Jahr 2017 die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abgebrochen und sich Chinas „Neuer Seidenstraße“ angeschlossen.
Dennoch hat Panama zuletzt weiterhin auch die Nähe zu den Vereinigten Staaten gesucht. Einen Preisnachlass für amerikanische Schiffe lehnt die Regierung Panamas aber strikt ab. Wie Trump verweist auch sie auf den Neutralitätsvertrag: Niemand dürfe bei der Durchfahrt des Kanals bevor- oder benachteiligt werden, hieß es noch am Donnerstag.