Warum Politikerinnen eine Obstmesse besuchen | ABC-Z

Unterbelichtet blieb im Bundestagswahlkampf bislang das Thema Frischobst. Ein Versuch der Linken, das zu ändern, fruchtete nicht. Ihr Spitzenkandidat Jan van Aken forderte am Dienstag mit dem Hinweis darauf, dass unter anderem der Bananenpreis steiler gestiegen sei als die Inflationsrate, eine Preisaufsicht. Ohne die sei nicht überprüfbar, ob „wir hier abgezockt“ werden („Schon jetzt ist Lidl-Gründer Dieter Schwarz der reichste Deutsche“). Doch die Mahnung verklang so rasch wie die Meldung, dass einer Umfrage zufolge zehn Prozent der Eltern bei gesundem Essen für ihre Kinder sparten. Das trägt zur ernsten Lage im Land bei. Viele Deutsche wären wahrscheinlich besser drauf, wenn sie öfter mal in eine supersüße Ananas aus Costa Rica bissen.
Zum Glück arbeitet die Politik im Schatten des Wahlkampfs daran. So auch am Mittwochmorgen in Berlin: Hier hat soeben die weltweit wichtigste Handelsmesse der Frischfruchtbranche ihre Türen geöffnet, die „Fruit Logistica“. Herein spazierten auch die grüne Staatssekretärin Silvia Bender aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium und die Berliner SPD-Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey. Sie absolvieren einen Rundgang, dessen straffer Zeitplan den Ultrakurzbesuch diverser Stände vorsieht. Dabei kommen vor allem Fotos heraus. So ist das nun mal bei solchen Terminen: Politiker zeigen auf Dinge, um die sie sich kümmern wollen, wenn keiner mehr hinschaut.
Verlorene Jugend im Apfeluniversum
Aber erst mal Vitamine. Wo, wenn nicht hier? Am Stand der Deutschen Frischemärkte nehmen Giffey und Bender frisch gepressten Orangensaft ein. Bei der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse posieren sie vor einem Banner mit überlebensgroßem Salat: „Eisberg voraus“ steht darüber, „praktisch keine Kalorien, dafür herrlich knackig“. Eine Hostess reicht Sekt und Apfelspalten. Welche Apfelsorte das sei? „Bioapfel!“ Hier zeigt sich die erziehungsbedingte Verlorenheit der Jugend im Apfeluniversum am lebenden Beispiel. Anders aufgestellt ist Giffey. Nicht nur, dass der Apfel, wie sie der F.A.S. anvertraut, ihre Lieblingsfrucht ist. Sie nennt auch ihre Lieblingssorte: Jonagold.
Weiter durch die Messehallen. Anzugträger probieren Riesenblaubeeren, spannen bunte Gummibänder über die Finger, die im Handel Spargel zusammenhalten. Doch auch politisch geht es zur Sache: Bender hat später noch Gespräche mit Abgesandten aus Israel, und mittags informieren zwei Vertreter der EU-Kommission darüber, wie der Handel mit frischen Früchten besser und transparenter geregelt werden könnte. Trockener Stoff. Aber Kostproben von supersüßer Costa-Rica-Ananas stehen bereit.