Warum nimmt man im Winter zu? – Gesundheit |ABC-Z

Es soll Menschen geben, die über die Feiertage nicht zunehmen. An denen Festgelage, permanente Plätzchenverfügbarkeit und wenig Bewegung praktisch spurlos vorübergehen. Aber sie dürften die Ausnahme sein. Die meisten Menschen legen in der Festsaison zu, das lässt sich inzwischen auch mit wissenschaftlichen Daten aus Wohlstandsländern unterfüttern: In Deutschland schlägt Weihnachten besonders auf die Waage, in den USA kommt auch noch Thanksgiving dazu, und in Japan sorgt die „Goldene Woche“ Ende April regelmäßig für einen Ausschlag auf der Waage. Das zeigten Messungen über ein Jahr von gut 3000 Freiwilligen in diesen drei Ländern per mit dem Internet verbindbaren Digitalwaagen.
Das Beispiel Japan deutet darauf hin, dass es sich bei der Gewichtszunahme wohl weniger um ein geschickt eingefädeltes Programm der Evolution handelt, um den Menschen mit wärmenden Fettpolstern durch den kalten Winter zu helfen. Auch wenn sich Wale und Robben mit einer Fettschicht gegen kaltes Wasser schützen und Schwimmer häufig einen höheren Körperfettanteil als andere Ausdauersportler haben. Gegen diese anschauliche Interpretation spricht auch, dass die Fettschicht sich zunächst um die Hüften anlagert und nicht an den schnell frierenden Händen und Füßen oder der Nasenspitze.
Aber könnte es nicht doch sein, dass der Körper von der Evolution darauf getrimmt wurde, in der kargen Jahreszeit besonders effizient mit den Kalorien umzugehen und Überschuss in Depots anzulegen? Vielleicht nicht als Dämmmaterial, aber doch als Reserve, von der sich zehren lässt, wenn es im Winter an Nahrung mangelt? Schließlich waren die Menschen noch vor wenigen Generationen und noch weniger Jahrhunderten zumindest in den gemäßigten Breitengeraden sehr abhängig von den Jahreszeiten. Und auch vor Sesshaftwerdung und Landwirtschaft gab es nicht in jeder Weltregion, in die sich die Menschheit ausgebreitet hat, über den Jahreslauf konstant Nahrung. Schließlich gibt es ja reichlich Beispiele von Tieren, die sich eine Reserve für den Winterschlaf anfressen, wie Igel oder Siebenschläfer, oder für die Winterruhe, wie Bären.
Ein Übermaß an Kalorien bleibt die beste Erklärung
Dagegen spricht jedoch, dass Menschen keine Winterruhe machen. Außerdem schützen sich andere Landsäugetiere vor jahreszeitlichen Temperaturänderungen durch Fellwechsel, und der Mensch zieht sich den Wintermantel über, Stiefel an, Mütze auf. Mit Kälte umgehen kann der Mensch auch schon länger, als es Zentralheizungen gibt. Winterschlafende oder -ruhende Tier haben ihre Depots außerdem bereits im Herbst aufgefüllt, zu einer Zeit, in der Menschen zumindest in Japan, Deutschland und den USA tendenziell weniger wiegen als in den übrigen Monaten.
So bleibt als Erklärung für die im Winter wachsenden Speckpolster vor allem ganz banal: ein Übermaß an Kalorien. Womöglich hilft dabei aber auch die Art der Kalorien, die überreichlich zur Verfügung stehen. Denn Zucker und Butter sind nicht nur zentrale Zutaten für leckere Plätzchen, sondern auch für einen wachsenden Bauchumfang.
Falsches Fett zur falschen Jahreszeit ist ungesund, so lässt sich denn auch eine Untersuchung an Mäusen zusammenfassen, die im Oktober im Wissenschaftsjournal Science veröffentlicht wurde. Das Team um den Neurologen Louis Ptacek von der University of California in San Francisco wollte untersuchen, wie sich Ernährung und die biologische Uhr im Jahreslauf gegenseitig beeinflussen.
In ihren Fütterungsversuchen an Mäusen konnten die Forscher beobachten: Tiere, die im Winter überwiegend Nahrung mit gesättigten Fettsäuren zu sich nehmen, wie sie normalerweise eher im Sommer verfügbar ist, passten sich nicht so gut an kürzere Tageslängen an; die mit viel gesättigten Fettsäuren ernährten Mäuse wurden nachts später aktiv. Butter hat wenig ungesättigte Fettsäuren, Nüsse und pflanzliche Öle hingegen meist reichlich. Besonders deutlich war der Unterschied bei gehärteten Fetten, schreibt das Team. Solches wird aus technischen und Kostengründen oft in industriell gefertigter Nahrung verwendet. Aber ob solche Nahrung Menschen auch bequemer und dicker macht? Ob gesättigtes und gehärtetes Fett bei Menschen zu pralleren Speckdepots führe, sei mit ihrer Arbeit nicht gezeigt, schließen Ptacek und Team. Aber solange die Pfunde im Frühjahr wieder schwinden, spricht auch nichts gegen ein paar Kekse im Winter.





















