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Warum immer mehr Deutsche den Jagdschein machen | ABC-Z

Immer mehr Deutsche wollen jagen: 21.104 Männer und Frauen haben im vergangenen Jahr die staatliche Jägerprüfung absolviert – das ist der dritthöchste Wert seit 75 Jahren, wie der Deutsche Jagdverband am Dienstag in Berlin mitteilte. Nur in den beiden Vorjahren lag die Zahl mit 23.713 (2022) und 22.248 (2023) noch höher. Damit hat sich die Nachfrage in den letzten 20 Jahren nahezu verdoppelt – ein Zeichen dafür, dass das Jagdfieber in Deutschland nicht abzuebben scheint.

Doch was treibt die Nachwuchsjäger an? „Wir machen seit 2011 Umfragen in den Vorbereitungskursen für die staatliche Jägerprüfung“, sagt Torsten Reinwald, Pressesprecher des Deutschen Jagdverbandes. „Auf Platz eins ist seit jeher: der Wunsch nach dem intensiven Naturerlebnis. Die Leute suchen einen Ausgleich zum Alltag.“ Außerdem sähen sich Jägerinnen und Jäger als aktive Naturschützer: Oft müssten etwa Teiche angelegt werden, die in der Landschaft fehlten, sagt Reinwald. „Davon profitieren natürlich nicht nur die Rehe, sondern auch ganz viele Amphibien.“

In Niedersachsen war die Jägerausbildung im vergangenen Jahr besonders gefragt: Mehr als 5400 Menschen wollten dort die Prüfung ablegen – jeder Vierte in Deutschland kam demnach 2024 aus diesem Bundesland. In Bayern und Baden-Württemberg ist der Andrang ebenso groß, jeweils mehr als 2200 Menschen ließen sich dort prüfen.

Die deutsche Jägerprüfung gilt als besonders anspruchsvoll

Auch die Corona-Pandemie ist laut Reinwald für den Jagdboom in Deutschland verantwortlich. Die Ausgangssperren und der gezwungene Rückzug in die eigenen vier Wände habe in vielen Menschen das Bedürfnis nach Aktivitäten im Freien forciert. „Allerdings war dann eine Zeit lang die Durchfallquote auch sehr hoch“, sagt Reinwald. Denn die deutsche Jägerprüfung gilt als besonders anspruchsvoll. Sie verlangt umfassende theoretische und praktische Kenntnisse: Etwa 21 Prozent der Kandidaten scheitern beim ersten Versuch. Torsten Reinwald überrascht das nicht. Der studierte Biologe ist selbst Jäger, an der Prüfung kam auch er nicht vorbei. „Ich muss sagen, ich habe seit meinem Diplom nicht mehr so gebüffelt wie für den Jagdschein“, sagt er.

Mit 120–130 Stunden Theorie und 30–40 Stunden Praxis müssten die Nachwuchsjäger rechnen. „Ich lerne etwa viel über Fleisch: über die Hygiene und die Zubereitung. Als Jäger muss ich erkennen, ob ein Tier krank ist und ob ich das Fleisch essen kann oder nicht. Ich lerne etwas über Zoologie und Botanik, ich muss mich auskennen in den Grundzügen der Forstwirtschaft, der Landwirtschaft, im Naturschutzrecht, Tierschutzrecht und Jagdrecht“, sagt Reinwald. Und natürlich den Umgang mit Waffen. Wer da einen Fehler mache, falle durch die Prüfung, unabhängig davon, wie gut er in den anderen Fächern abschneide.

Der Anteil an Frauen wächst

Zudem ist die Ausbildung teuer: 2200 Euro kostet sie im Schnitt. Wer tatsächlich auf die Pirsch gehen will, muss zusätzlich ein polizeiliches Führungszeugnis und – falls gefordert – ein Eignungszeugnis vorlegen. Außerdem prüfen Behörden die Zuverlässigkeit der Antragsteller.

„Mir ist wichtig zu betonen, dass die meisten das ehrenamtlich machen. Es gibt 460.000 Jägerinnen und Jäger in Deutschland – davon sind gerade einmal 1200 Berufsjäger“, sagt Reinwald. Auch der Anteil an Frauen, die zur Jagd wollen, nehme stetig zu. Ob jemand gut jagen könne oder nicht, hänge nicht vom Geschlecht ab, sondern vom Verantwortungsgefühl für die Natur und von der Leidenschaft für das Ehrenamt, betont Reinwald. „Wenn es dann darum geht, einen dicken erlegten Hirsch aus dem Busch zu ziehen, ist ein Mann genauso aufgeschmissen wie eine Frau. Das geht nur mit Teamwork.“

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