Warum Trump genau diesen Iraner nicht tot sehen will | ABC-Z

Washington. Israel hat viele Top-Generäle und Anführer des Irans getötet. Doch beim Ajatollah ist US-Präsident Donald Trump zurückhaltend.
Donald Trump, so viel ist gewiss, ist kein Fan von Ali Khamenei. Der oberste Religionsführer des Iran, supreme leader genannt, wärmt in öffentlichen Reden seit Jahrzehnten das Narrativ vom „großen Satan” auf, den die Vereinigten Staaten von Amerika angeblich verkörperten. Sollte Israel den 86-Jährigen analog zu den vielen Top-Generälen, die in den vergangenen Tagen getötet wurden, aus dem Verkehr ziehen, dürfte sich beim amerikanischen Präsidenten die Empörung in Grenzen halten. Der Papierform nach.
In der Realität hat Trump jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt erhebliche Bedenken gegen die Ausschaltung des iranischen Führers. In Regierungskreisen in Washington wurden am Montag Berichte bestätigt, wonach Trump das klare Ansinnen von Premierminister Benjamin Netanjahu, Khamenei wegzubomben, abgelehnt hat. „Haben die Iraner bisher einen Amerikaner getötet?”, soll Trump intern gesagt haben, „Nein. Und solange sie das nicht tun, reden wir nicht einmal darüber, die politische Führung anzugreifen.”
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Netanjahu bleibt vage – Trump setzt auf Verhandlungen
Netanjahu weigerte sich am Sonntag, gegenüber dem US-Sender Fox News die Substanz des Dissenses zu bestätigen. „Es gibt so viele falsche Berichte über Gespräche, die nie stattgefunden haben, und ich werde mich dazu nicht äußern“, sagte er Star-Moderator Brett Baier und fügte kryptisch hinzu: „Aber ich kann Ihnen sagen, dass wir meiner Meinung nach das tun, was wir tun müssen, und dass wir das tun werden, was wir tun müssen, und ich denke, die Vereinigten Staaten wissen, was gut für die Vereinigten Staaten ist.“

Woher rührt Trumps Zurückhaltung?
© AP/dpa | Alex Brandon
Woher rührt Trumps Zurückhaltung? Aus seinem Umfeld war am Wochenende zu hören, dass der Republikaner immer noch die Option sieht, dass der Iran an den Verhandlungstisch zurückkehrt und zu einer diplomatischen Lösung über das umstrittene Atom-Programm bereit ist.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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Trumps These/Hoffnung laut Eingeweihten: Die extensiven Mordanschläge auf hohe Militärs und Atomwissenschaftler Teherans, die ausgeweiteten Angriff der Israelis auf iranische Energie-Infrakstruktur und die deutliche militärische Überlegenheit der Israelis gerade in der Luft „müssten Khameneis Überlebensinstinkte wecken und ihn zur Räson bringen”.
Trump zögert – aus Sorge vor ungewollten Folgen
Ein anderes Motiv für Trumps vorläufiges „No” sei die offene Frage, ob die Ermordung Khameneis den Religionsführer zum Märtyrer machen würde und dadurch die repressiven Kräfte des Regimes gestärkt würden; möglicherweise mit noch radikaleren Vertretern an der Spitze. Oder ob der völkerrechtlich umstrittene Gewaltakt eine „Revolution zum Guten” auslösen und das Ende der Theokratie einleiten würde.
Trump und seine Berater zögerten auch deshalb, weil keine erkennbare starke Oppositionsfigur zu sehen sei, die in einer Phase der Umwälzung für ausreichend Stabilität sorgen könne.

Nach inoffiziellen US-Angaben hat Ajatollah Khamenei seine Residenz in Teheran verlassen.
© DPA Images | Vahid Salemi
Flucht aus Teheran: Khamenei zieht sich mit Familie zurück
Khamenei regiert seit über 35 Jahren im Iran. Er ist gesundheitlich angeschlagen. Weil er seit geraumer Zeit befürchten muss, Opfer eines israelischen Anschlags zu werden, versucht der 86-Jährige, seine Nachfolge zu bestellen. Favorit ist nach Angaben von US-Geheimdienstkreisen Khameneis 55-jähriger Sohn Modschtaba. Der schiitische Geistliche würden den ersten Generationswechsel seit Gründung der Islamischen Republik 1979 verkörpern. Er ist 30 Jahre jünger als sein Vater.
Nach inoffiziellen US-Angaben hat Ajatollah Khamenei nach den ersten israelischen Angriffen seine Residenz in Teheran verlassen und in einem Bunker in Lavizan, nordöstlich von Teheran, Schutz gesucht. Mit dabei: die Söhne Modschtaba, Masoud und Mostafa.