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Warum es in München nun doch keinen Entscheid zu Hochhäusern gibt | ABC-Z

München – Mehr als 35.000 Münchner haben unterschrieben, dass sie keine Hochhäuser an der Paketposthalle wollen. Sie dachten, dass sie mit ihrer Unterschrift einen Bürgerentscheid anstoßen – und dass dann die ganze Stadt über die zwei geplanten 155 Meter hohen Türme an der Friedenheimer Brücke entscheiden darf.

Wahrscheinlich kommt es jetzt doch anders. Die Rechtsabteilung im Rathaus vertritt die Auffassung, dass das Bürgerbegehren rechtlich unzulässig ist. Es verstoße gegen “das Abwägungsgebot”, heißt es in der Beschlussvorlage, die der AZ vorliegt.

Was heißt das genau? Dafür muss man den Juristen-Sprech aus der Beschlussvorlage erst einmal übersetzen. Grob zusammengefasst steht da: Die Planungshoheit liegt grundsätzlich bei der Gemeinde, also der Stadt München. Sie alleine entscheidet, wie eine Bauleitplanung aussehen soll – und muss dabei öffentliche und private Belange abwägen. Sie kann mit Investoren verhandeln – dass er zum Beispiel höher bauen darf und sie dafür mehr bezahlbaren Wohnraum bekommt. Ein Bürgerentscheid, bei dem man bloß Ja oder Nein ankreuzen darf, kann das nicht leisten.

Am Mittwoch entscheidet der Stadtrat

Die Hochhaus-Gegner wollten mit ihrem Bürgerbegehren die Gebäude an der Paketposthalle auf 60 Meter begrenzen. Doch das würde nach Auffassung der Juristen dazu führen, dass der Stadtrat in seinen Abwägungen zu sehr eingeschränkt würde.

Entscheiden, ob er dieser Rechtsauffassung folgen will, muss aber der Stadtrat selbst – und zwar nächsten Mittwoch. SPD-Chef Christian Köning und der CSU-Fraktionsvorsitzende Manuel Pretzl kündigen gegenüber der AZ an, dass sie den Juristen nicht widersprechen werden. Die Grünen wiederum wollen das Ganze erst besprechen. Doch so oder so hätten SPD und CSU eine gemeinsame Mehrheit, um das Bürgerbegehren für unzulässig zu erklären.

“Scheinbar hat das Rathaus Angst vor den Münchnern”

Der CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper, der das Bürgerbegehren angestoßen hatte, gibt sich von der Entscheidung der Rathaus-Juristen wenig überrascht: “Wir haben damit gerechnet.” Schon seit Wochen habe es Hinweise dazu gegeben. Doch freilich freut sich Brannekämper trotzdem nicht: “Scheinbar hat das Rathaus Angst vor den Münchner Bürgern und will jetzt die juristische Notbremse ziehen.”

Brannekämper kündigt an, dass er gegen die Entscheidung klagen werde. Bei einer Pressekonferenz am Freitag werde er darlegen, wie er sie anfechten will.

155 Meter sollen die Hochhäuser an der Friedenheimer Brücke hoch sein. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens wollen die Höhe auf 60 Meter begrenzen.
155 Meter sollen die Hochhäuser an der Friedenheimer Brücke hoch sein. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens wollen die Höhe auf 60 Meter begrenzen.
© Büschl-Gruppe
155 Meter sollen die Hochhäuser an der Friedenheimer Brücke hoch sein. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens wollen die Höhe auf 60 Meter begrenzen.

von Büschl-Gruppe

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Auch Alt-OB Christian Ude (SPD) ist für diese Pressekonferenz angekündigt. Eigentlich war Ude selbst ein Freund von Hochhäusern. Doch 2004 bremste ihn ein Bürgerentscheid aus. Seitdem werden in München keine Häuser mehr gebaut, die höher als die Frauenkirche sind. Ude forderte schon vor drei Jahren in der AZ, dass es einen neuen Bürgerentscheid zu Hochhäusern in München geben müsse.

“Gift für unsere Demokratie”

Das sieht auch ÖDP-Chef Tobias Ruff so, der zu den Hochhaus-Gegnern gehört. Er findet: Die Stimmen der 50.000 Menschen, die für einen Bürgerentscheid unterschrieben haben, “abzuwürgen” sei “Gift für unsere Demokratie”. Tatsächlich zählte das KVR zwar nur rund 35.000 gültige Stimmen. Doch so oder so fordert Ruff – ebenso wie der Chef der Linken, Stefan Jagel –, dass der Stadtrat all diese Menschen nicht ignorieren darf. Er müsse ein Ratsbegehren auf den Weg bringen. Wie bei einem Bürgerentscheid stimmen da die Münchner Wähler ab. Die Frage denkt sich allerdings der Stadtrat aus.

Auch die Grünen waren eigentlich immer für ein Ratsbegehren. “Unsere Position ist seit Jahren, dass es einen allgemeinen Entscheid über die Hochhausfrage hätte geben sollen”, sagt Fraktionschef Sebastian Weisenburger. Doch jetzt wollen die Grünen erst einmal beraten. Denn noch kennen sie die Vorlage des Planungsreferats nicht. Deswegen könne er dazu keine Stellung nehmen, sagt Weisenburger.

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SPD und CSU wollen keinen Ratsentscheid

Für SPD-Chef Christian Köning hingegen ist die Sache klar: “Für uns gibt es keinen Grund, sich über die Rechtsauffassung der eigenen Juristen hinwegzusetzen.” Einem Ratsbegehren steht er skeptisch gegenüber. “Bis jetzt hat noch niemand eine rechtlich einwandfreie Frage vorgelegt”, sagt er.

Auch CSU-Chef Manuel Pretzl will kein Ratsbegehren auf den Weg bringen. “Das hätte der Stadtrat, wenn dann schon vor zwei oder drei Jahren tun müssen”, findet er. In der Zwischenzeit habe der Stadtrat mehrheitlich (auch mit Stimmen der CSU) die Pläne des Investors an der Paketposthalle unterstützt. “Jetzt plötzlich die Meinung zu ändern, wäre falsch.”

Für die Münchner heißt das: Außer die Klage der Hochhaus-Gegner hat Erfolg, müssen sie sich mit einem neuen Stadtbild abfinden – zu dem dann auch zwei 155 Meter hohe Wolkenkratzer gehören. 

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