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Warum das Kampfjet-Projekt FCAS ins Trudeln geraten ist | ABC-Z

Stand: 17.11.2025 10:02 Uhr

Es geht um Milliarden, und es geht um die Führung: Seit Monaten knirscht es beim deutsch-französischen Projekt eines Kampfjets namens FCAS. Im Zentrum des Gerangels steht dabei ein selbstbewusster Manager.

Seit Monaten schon wird das heiße Eisen mit dem Kürzel FCAS zwischen den Regierungen in Berlin und Paris immer wieder vertagt. Das hat etwas mit den ständigen Regierungsumbildungen in Frankreich zu tun. Aber auch damit, dass das 100-Milliarden-Euro-Prestigeprojekt eines Kampfjets der nächsten Generation so festgefahren ist, dass es in der bisherigen Form nun am Ende sein könnte.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte vor gut einer Woche: “Wir halten an dem Plan fest, bis Ende des Jahres eine Entscheidung zu treffen – ganz egal, wie die aussieht.”

Beim Betriebsrat des deutschen Projektpartners Airbus Defense and Space geht der Vorsitzende Thomas Pretzl schon weiter: Der neue Kampfjet solle ohne den französischen Partner Dassault gebaut werden, so gerade wieder die Forderung auf einer Betriebsversammlung am bayerischen Airbus-Standort Manching.

“Herr Trappier spielt eine offenkundig zentrale Rolle”

Der Unmut auf deutscher Seite richtet sich vor allem gegen einen Mann in Paris, der auch vom deutschen Verteidigungsminister öffentlich benannt wird: “Das ist ja nicht alleine eine Frage, die der französische Staat entscheidet, sondern wo auch eben Herr Trappier von Dassault eine offenkundig zentrale Rolle spielt, zumindest in der öffentlichen Kommunikation.”

Éric Trappier steht seit mehr als zwölf Jahren an der Spitze des französischen Flugzeugherstellers Dassault. Der selbstbewusste 65-Jährige, der sich neulich mit Asterix verglich, tingelt in Frankreich seit Wochen durch Interviews und Parlamentsausschüsse – mit der unüberhörbaren Botschaft: Airbus müsse akzeptieren, dass er beim gemeinsamen Kampfflugzeug Chef im Ring sei.

Ende September vor dem Wirtschaftsausschuss der Assemblée Nationale sagte Trappier: “Meine Partner akzeptieren nicht, dass ich der Leader bin. Alle Papiere und alles Geld nützen nichts, wenn das nicht anerkannt wird.”

Éric Trappier macht aus seiner Haltung zur Führung des Projektes FCAS keinen Hehl – er sieht sie bei seinem Unternehmen.

Kooperation auf Augenhöhe möglich, aber …

Für Dassault-Chef Trappier sieht die Sache so aus: Das künftige Kampfsystem mit dem Kürzel FCAS für “Future Combat Air System” besteht aus einem Kampfjet, Begleitdrohnen und einer sogenannten Combat-Cloud, also einer digitalen Vernetzung. Bei Drohnen und Cloud könne es gerne eine Kooperation auf Augenhöhe mit den Airbus-Partnern in Deutschland und Spanien geben.

Aber für den Bau des Kampfflugzeuges selbst habe nur Dassault die Kernkompetenz und müsse wie ein Chefarchitekt das Sagen haben, zum Beispiel, was die Auswahl der Zulieferer angeht.

Schon bei der aktuellen Kampfjet-Generation habe man mit den Maschinen vom Typ “Rafale” bewiesen, dass Frankreich erfolgreich Kampfflugzeuge bauen und später exportieren könne. Das dürfe man nicht aus der Hand geben.

2019 wurde der FCAS in Le Bourget bei Paris gezeigt – mit dabei die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Rückendeckung von der Verteidigungsministerin

Auch die neue französische Verteidigungsministerin Catherine Vautrin scheint diese nationale Sichtweise zumindest teilweise übernommen zu haben. Vautrin stellte vor wenigen Tagen in einem französischen Fernsehinterview fest: “Es gibt heute in Deutschland keine Kapazität, ein Kampfflugzeug zu bauen. Das geht nicht von heute auf morgen. Dafür braucht man etwas Sachverstand.”

Vautrin pocht darauf, dass das Flugzeug nicht zu schwer für die französischen Flugzeugträger sein dürfe und dass es einfach, sprich ohne Zustimmung des Bundestages, exportierbar sein müsse.

Und wenn man nicht zusammenkommt? Dassault-Chef Trappier antwortet mit einer rhetorischen Frage: “Kann ich ein Kampfflugzeug der neuesten Generation von A bis Z bauen? Die Antwort ist: ja!”

Dassault bringt beim Ringen um die Führung beim FCAS-Projekt seine Erfahrung im Bau von Kampffliegern ein, wie etwa dem Kampfjet Rafale.

Was, wenn Deutschland aussteigt?

Auf deutscher Seite wird im Hintergrund schon an einem Plan B oder C gearbeitet. So könnte sich Airbus zunächst auf die Entwicklung von Kampfdrohnen und Vernetzung über die Combat-Cloud konzentrieren. Beim Kampfflieger könnten sich Deutschland und Spanien einem schon fortgeschrittenen Projekt Großbritanniens, Italiens und Japans anschließen, dem “Global Combat Air Programme” (GCAP).

Airbus-Defense-Chef Michael Schöllhörn hatte zuletzt auch Schweden und Polen als alternative Kooperationspartner ins Spiel gebracht. Damit würden Deutschland und Frankreich jedoch beim Kampfflieger erneut getrennte Wege gehen.

Ob das Ruder hier doch noch einmal herumgerissen werden kann, wird Bundesverteidigungsminister Pistorius bei seinem Besuch in Paris ausloten.

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