Gesundheit

Warum Arztpraxen immer schwerer erreichbar sind |ABC-Z

Telefonisch erreichbar ist die Facharztpraxis nur noch eineinhalb Stunden am Morgen, auf der Homepage wird auf die Möglichkeit verwiesen, online Termine zu vereinbaren. Ähnliches Bild bei einer weiteren Facharztpraxis, hier ist telefonisch gar kein Durchkommen und buchbare Online-Termine sind rar gesät. Eine Hausarztpraxis mit ebenfalls stets besetztem Telefon reagiert am schnellsten auf E-Mails. Das ist eine schwierige Situation vor allem für all jene, die nicht online unterwegs sein können oder wollen.

„Am Patientenschutztelefon häufen sich Rückmeldungen, dass Arztpraxen kaum noch telefonisch erreichbar sind. Entweder es ist besetzt oder der Betroffene landet in einer endlosen Warteschleife“, teilt die Deutsche Stiftung Patientenschutz auf Anfrage mit. Auch werde berichtet, dass Termine überwiegend online angeboten und vergeben würden.

Viele Ältere sind nicht online unterwegs

Besonders für betagte Menschen sei der digitale Weg jedoch keine Option. Jeder fünfte Mensch im Alter über 65 habe keinen Zugang zu digitalen Angeboten. „Die telefonische Erreichbarkeit und das persönliche Gespräch bleiben für ältere und chronisch kranke Patienten unverzichtbar“, erklärt die Stiftung.

Wie viele Praxen in Hessen Online-Terminbuchung anbieten, kann die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hessen nicht sagen. Ihre Erreichbarkeit regelten die Praxen in Eigenregie. Viele von ihnen seien zunehmend überlastet, sie müssten mehr Patientinnen und Patienten versorgen, gleichzeitig gebe es Fachkräftemangel beim nicht ärztlichen Personal wie Medizinischen Fachangestellten (MFA). „Soll heißen: MFA werden anstatt am Telefon in der Versorgung der Patientinnen und Patienten gebraucht“, erklärt ein Sprecher.

Zeitraubend sei zudem die Bürokratie, mit der die Praxen kämpften. „Hier ist die Politik dringend gefragt, den bürokratischen Aufwand in den Praxen deutlich herunterzufahren“, fordert die KV.

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz hat Forderungen an die Politik: Die zukünftige Bundesregierung müsse für Transparenz beim Termin-Management sorgen. Alle zwei Jahre habe das Bundesgesundheitsministerium einen Bericht über die Vergabepraxis vorzulegen, erklärt der Sprecher.

Eine zeitnahe Terminvergabe dürfe auch nicht vom Versicherungsstatus abhängig sein. Kassenpatientinnen und Kassenpatienten kritisierten, dass sie gegenüber Privatversicherten benachteiligt würden.

Schneller dran gegen Bezahlung?

Immer wieder stoßen Nutzer in den Terminbuchungs-Apps auf „Selbstzahlertermine“. Heißt konkret: Für gesetzlich Versicherte werden keine freien Termine angezeigt, aber wenn man dafür bezahlt, darf man kommen.

In NRW hat die Verbraucherzentrale wegen eines solchen Angebots einen Augenarzt verklagt. 150 Euro sollte ein Kassenpatient bei ihm zahlen – oder mehrere Monate warten. Das Landgericht urteilte: Das ist nicht zulässig.

Entscheidender Teil der Begründung: Der Termin fand innerhalb der Sprechzeit statt, die für gesetzlich Versicherte vorgesehen ist. Vertragsärzte sind dazu verpflichtet, mindestens 25 Stunden pro Woche für Kassenpatienten zur Verfügung zu stehen.

Wie verbreitet solche Angebote in Hessen sind, kann die Kassenärztliche Vereinigung nicht sagen: „Inwieweit Selbstzahlerleistungen in den verschiedenen Praxen erbracht werden, ist gegenüber der KV nicht anzeigepflichtig und uns somit auch nicht bekannt.“

„Diese zusätzlich angebotenen ärztlichen Leistungen werden üblicherweise als Privatleistungen deklariert. Die Patientinnen und Patienten gehen dabei einen Behandlungsvertrag mit den jeweiligen Praxen ein“, erklärt der stellvertretende KV-Vorsitzende Armin Beck. „Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen können nicht als Selbstzahlerleistung in Rechnung gestellt werden.“

Der schnellste Weg zum Facharzt

Unter der Rufnummer 116 117 hilft der Terminservice der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Suche nach einem Facharzt. Allerdings braucht man für viele Fachrichtungen einen Vermittlungscode. Den Code muss die Praxis auf die Überweisung schreiben und damit bestätigen, dass der Fall dringend ist. Nicht nötig ist ein solcher Code für Termine bei Haus-, Frauen-, Kinder- und Augenärzten sowie für ein psychotherapeutisches Erstgespräch.

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