War das Model wirklich „zu dick für Deutschland“? | ABC-Z

Eine berühmte Person wäre nie die berühmte Person, die sie nun mal ist, wären da nicht all die Personen im Hintergrund oder zumindest ihr Team (bei dem sich die berühmte Person dann bei Preisverleihungen tränenreich bedanken kann). Fäden und Strippen ziehen berühmte Personen jedenfalls selten im Alleingang, sie sind ja damit beschäftigt, im Vordergrund zu stehen. Und so ist es zumindest ehrenwert, dass man im Podcast „Das Imperium Heidi Klum – Catwalk zur Macht“ mit allen möglichen Personen gesprochen hat, die im Hintergrund für Heidi Klum gearbeitet haben – wenn man schon nicht mit Klum selbst reden konnte.
Interessant ist es allenfalls, den Werdegang Klums noch einmal nachzuerleben, die, so heißt es im Podcast, nach Angela Merkel wohl die zweitberühmteste Deutsche ist. Kaum jemand erinnert sich zum Beispiel noch daran, dass Klum auf dem „Wetten, dass ..?„-Sofa neben dem amtierenden Bundeskanzler Gerhard Schröder saß. Und ihn dann auch noch fragte, ob er sich seine Haare färbe (bei seiner Antwort nahm Schröder es mit der Wahrheit unter Umständen nicht allzu genau). Auch Klums Aufstieg in Amerika als Katalogmodel dürfte heute, wo kommerzielles Modeln und Shopping mehrheitlich auf Instagram stattfindet, vielen nicht mehr geläufig sein. Oder dass früher mal ein einziges Covershooting – Klum war 1998 zum ersten Mal auf dem Titel von „Sports Illustrated“ zu sehen – eine Karriere richtiggehend beflügeln und Gagen in die Höhe treiben konnte.
Valentino gab ihr ein Kleid, in das sie nicht passte
Und auch die Anekdoten machen die Zeit, in der Heidi Klum berühmt und immer berühmter wurden, greifbar: Modelagent Peyman Amin etwa erzählt, wie er Ende der Neunziger gemeinsam mit Klum nach Paris zur Modewoche reiste – sie habe es dort versuchen wollen, auch wenn sie nicht dem damaligen Pariser Schönheitsstandard, Heroin Chic, entsprach. Und Valentino persönlich empfing Heidi Klum, immerhin war sie in den Staaten seit besagtem Covershooting schon ziemlich prominent. Doch Valentino gab Klum ein Kleid, in das sie nicht passte. Ihre Traummaße von 89–62–90 waren nicht für die Standardgrößen auf den Pariser Laufstegen gemacht – Standards übrigens, die auch heute noch gelten. Klum war zu kurvig. Und zu fröhlich.
Allerdings bedeutete die Ablehnung, die Klum in Paris erfuhr, nicht, dass sie, wie im Podcast behauptet, „zu dick für Deutschland“ war. Auf der damaligen Modewoche in Düsseldorf hätten deutsche Designer das berühmte Model sicher mit Handkuss genommen. Doch für die Modewelt war Deutschland einfach nie von Bedeutung. Für Paris und Mailand aber stimmt es: Damals passten Klums Maße, obwohl sie sehr schlank war, nicht für die Laufstege. Dort hatten die Models mager zu sein.
Dass nun frühere Agenten und Booker von Klum im Podcast durchaus beleidigt scheinen, dass sie nicht in Klums 2005 erschienenem Buch über ihren Erfolg erwähnt wurden – geschenkt. Dass aber die Podcastmacher wegen Klums Interviewabsage (die offenbar nur lautete „No, thanks“) sich bemüßigt fühlten, gar ihre Stimme nachzuahmen, ist dann des Beleidigtseins ein bisschen viel. Nur weil der Hessische Rundfunk gern einen fünf Folgen langen Podcast über die durchaus erstaunliche Karriere Klums machen will, muss das Model noch lange nicht mit ihm reden (auch diese Zeitung wartet noch auf Rückmeldung zu einer Interviewanfrage).