Wirtschaft

„Wandel wie Jahrzehnte nicht“: Großer Jobabbau bei Autozulieferern ist erst der Anfang | ABC-Z

Erst Conti und Bosch, dann ZF und jetzt Schaeffler und Brose. Ein deutscher Zulieferer nach dem anderen verkündet Stellenkürzungen. Wo die Probleme liegen und warum diese Nachrichten nicht abreißen werden.

Gefühlt im Wochentakt geben deutsche Autozulieferer zurzeit Stellenstreichungen bekannt: Diese Woche Brose, Ende September Schaeffler, zuvor Mubea. ZF verkündete im Sommer, hierzulande bis zu 14.000 Arbeitsplätze abzubauen. Kurz zuvor ergab eine Umfrage unter Führungskräften der Autoindustrie, dass mehr als die Hälfte der hiesigen Unternehmen einen Jobabbau planen. Bekannt sind derlei Pläne auch bei den Zulieferern Bosch und Webasto. Die Hiobsbotschaften reißen bereits seit einem Jahr nicht ab. Damals wurde öffentlich, dass bei Continental rund 5500 Stellen wegfallen sollen.

Die Gründe der vielen Hundert Zulieferbetriebe für Sparmaßnahmen sind vielfältig. Während ein Teil zu spät auf die Elektromobilität aufgesprungen ist, leiden andere unter der aktuell schwachen Nachfrage nach E-Autos. Hinzu kommt, dass für die Produktion von E-Autos deutlich weniger Mitarbeiter nötig sind als bei Verbrennungsmotoren. Allein aus diesem Grund werden in der gesamten Autoindustrie Zehntausende Arbeitsplätze wegfallen.

Die Krise der Zulieferer hat aber auch finanzielle Ursachen, wie Experte Frank Schwope im Gespräch mit ntv.de erklärt. „In den Jahren 2021 bis 23 haben die Autobauer sehr gut verdient, die Zulieferer aber nicht.“ Infolge des Chipmangels während der Corona-Pandemie konnten die Hersteller weniger Autos anbieten, als nachgefragt wurden. Deshalb stiegen die Preise, die Autobauer verdienten auf Rekordniveau, wie Schwope betont. Doch statt den finanziellen Spielraum an die Zulieferer weiterzugeben, forderten die Hersteller weitere Preisnachlässe. „Die Margen der Zulieferer haben in den letzten Jahren massiv gelitten“, sagt Schwope, der an der Fachhochschule des Mittelstands Hannover Automobilwirtschaft lehrt. Seit Jahrzehnten verlangen die deutschen Autobauer von ihren Zulieferern Preisnachlässe von bis zu fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie aus der Branche zu hören ist.

Neue Konkurrenten aus China

Darüber hinaus belastet die Konkurrenz aus China. Chinesische Autobauer erobern zunehmend Marktanteile in Europa – auch zulasten deutscher Zulieferer. Denn chinesische Autohersteller lassen sich primär von heimischen Betrieben mit Teilen beliefern. „Deutsche Zulieferer müssen mit chinesischen Autobauern ins Geschäft kommen“, sagt Schwope. Der Branchenexperte rechnet langfristig mit einem Marktanteil chinesischer Autohersteller in Europa von zehn Prozent. Insbesondere wenn diese in Europa Werke errichten – wie von Chery in Spanien und BYD in Ungarn bereits geplant -, sollten deutsche Zulieferer diese zu ihren Kunden machen.

„Die deutschen Zulieferer stecken in einem Wandel wie seit Jahrzehnten nicht“, resümiert Schwope, vor allem infolge der Elektromobilität. Da sich diese seiner Einschätzung nach langfristig durchsetzen wird, müssten sich deutsche Zulieferer trotz der aktuell schwächelnden Nachfrage hierzulande Richtung E-Autos entwickeln – egal, was deutsche Politiker in diesen Tagen zu dem Thema sagen.

Heißt also, die aktuellen Stellenstreichungen bei Zulieferern dürften erst der Anfang sein. Zumal die deutschen Autobauer auch in China unter einer schwachen Nachfrage leiden. Im Gegensatz zu den Herstellern, bei denen mächtige Gewerkschafter entscheidend mitbestimmen, können die Zulieferer den Jobabbau auch mehr oder weniger knallhart umsetzen. Betroffenen Mitarbeitern bleibt immerhin die Hoffnung des weiterhin vergleichsweise robusten Arbeitsmarkts.

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