Waldhaus am Deininger Weiher: Die Wirte geben auf – Landkreis München | ABC-Z

Auf der Suche nach Ausflugstipps kommt man im Münchner Umland am Deininger Weiher kaum vorbei. Er taucht auf fast jeder Hitliste auf und macht neugierig, wenn man den Moorsee bei Straßlach-Dingharting nicht ohnehin schon kennt. Der Deininger Weiher mit seinen Liegewiesen, dem üppigen Grün ringsherum, den Spazierwegen durch Wald und Moorlandschaft und natürlich dem Biergarten sowie der Gaststätte Waldhaus zählt zu den beliebten Naherholungszielen der Menschen im südlichen Landkreis und der Stadt München; an einem heißen Tag im Büro wird er für viele zum Sehnsuchtsort. Und doch kommen weniger Besucher als noch vor einigen Jahren hierher, weshalb die Südtiroler Wirtsfamilie Tschurtschenthaler den Standort zum Ende des Jahres aufgibt.
„Wir orientieren uns um“, leitet Liliane Tschurtschenthaler die Erklärung ein, warum das Familienunternehmen ausgerechnet den Platz verlässt, den jeder kennt und der mit einem Schild auf der Terrasse als „Der schönste Ort der Welt“ tituliert wird. Auch die Chefin sagt nach wie vor: „Es ist ein wunderbarer Ort, wir lieben ihn.“ Es sei eine langfristige Entscheidung gewesen, und man habe es sich damit nicht leicht gemacht. 15 Jahre lang haben sie und ihr Mann Markus gemeinsam mit dessen Bruder Sebastian und Schwägerin Susanna Mair das Waldhaus betrieben. „Das ist lang in der Gastronomie“, sagt Liliane Tschurtschenthaler, „den Zenit hatten wir vor Corona erreicht, betriebswirtschaftlich sind wir einfach an die Grenzen gekommen“.
:Zehn Münchner Biergärten, die nicht jeder kennt
Hirschgarten und Hofbräukeller sind jedem bekannt, doch abseits des großen Trubels finden sich noch andere idyllische Plätze zum Essen und Trinken im Freien. SZ-Autoren empfehlen Biergärten für die Mass ohne Massen.
Die Geschäftsführerin ist als Unternehmensberaterin tätig und zudem in das Familienunternehmen eingestiegen, als es gewachsen ist. Die Tschurtschenthalers hatten das Waldhaus am Deininger Weiher 2011 übernommen und dafür das La Bruschetta in München verkauft. 1,5 Millionen Euro haben sie damals in die Wirtschaft auf dem Land investiert, sie hatten das Lokal in einem schlechten Zustand übernommen. Sie bauten den Kiosk für den Biergarten neu, renovierten die Gästezimmer und wandelten das Bootshaus zu einer Location für Feiern aus.
2016 kam das Waldhaus zur alten Tram am Ortsausgang von Straßlach in Richtung Grünwald dazu, die frühere Entenalm. Die werden die Tschurtschenthalers weiterhin betreiben, das Geschäft laufe hier vor allem durch die vielen Familienfeiern und Hochzeiten weiterhin gut, sagt Liliane Tschurtschenthaler.
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist der See kaum zu erreichen
Die Erreichbarkeit des Deininger Weihers sieht sie dagegen in jüngster Zeit als problematisch an. Das Mobilitätsverhalten hat sich verändert, „viele Leute in München haben kein Auto mehr“, sagt sie. Das Lokal ist zwar auch mit dem Rad zu erreichen – vom Marienplatz aus sind es 23 Kilometer einfach. Doch so weit fahren nicht so viele Leute für eine Einkehr, dass es sich für die Wirte rentieren würde. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist der See kaum zu erreichen.
Es gibt zwar inzwischen mit dem Flex-Bus einen On-Demand-Service des Münchner Verkehrsverbunds im Landkreis München. Um an den Deininger Weiher zu kommen, nutzen den aber kaum Gäste, haben die Tschurtschenthalers festgestellt. Vor zwei Jahren diskutierte der Kreistag eine Freizeitlinie, die zwischen Höllriegelskreuth und dem Bergtierpark Blindham in Aying eingerichtet werden sollte. Auch eine Haltestelle am Deininger Weiher war in den Plänen vorgesehen. Doch wurde das Vorhaben aus Kostengründen ein Jahr später wieder abgeblasen.

:Mehr als nur ein Ausflugsziel für Münchner
Den Deininger Weiher kennen viele als idyllischen Moorsee, Biergarten inklusive. Dass sie in einem höchst erfolgreichen Natura-2000-Projekt baden gehen, wissen die wenigsten. Was für kleine und große Tiere hier (wieder) zuhause sind.
Aber das ist sicher nicht der entscheidende Grund, warum es im Biergarten direkt am Ufer, wo man früher in einer langen Schlange für ein Getränk anstehen musste, inzwischen auch an schönen Tagen etwas entspannter zugeht. Auf der Terrasse sind dann noch Tische frei, Gäste können problemlos Parkplätze finden. Es sei ein Mix aus Mobilität, Nachhaltigkeit, Corona, Inflation und Kostensteigerung, weshalb die Geschäfte nicht mehr so gut liefen, sagt Liliane Tschurtschenthaler. Weshalb die Leute lieber den Biergarten um die Ecke aufsuchten, als hier herauszufahren oder nicht mehr so häufig kämen.
Ihr Schwager Sebastian führt noch das schlechte Wetter an: „Im Mai und Juni vergangenes Jahr hat es 40 Regentage gegeben“, hat er nachgezählt. Aber mit all dem hat nicht nur das Familienunternehmen Tschurtschenthaler zu kämpfen: „Wir sind ein Spiegel, wie es der Branche geht“, hat die Geschäftsführerin festgestellt.
Straßlach-Dingharting verbunden bleiben die Tschurtschenthalers, die sich dort verwurzelt fühlen, durch das Waldhaus zur alten Tram. Allein darauf konzentrieren sie sich allerdings nicht, das Unternehmen ist vor allem im Catering tätig. Zudem haben im Frühjahr vergangenen Jahres die Schwägerinnen im Münchner Westpark das Wirtshaus am Rosengarten übernommen. Auch dort gibt es einen See. Liliane Tschurtschenthaler findet: „Wir ziehen also eigentlich nur um.“
In einer früheren Version des Textes hatte es geheißen, dass Liliane Tschurtschenthaler einst als Unternehmensberaterin tätig war. Tatsächlich ist sie das weiterhin parallel zu den Aufgaben in dem Familienunternehmen.