Waldgasthaus in Wörth am Main | ABC-Z

Es gibt sie noch: zünftige Hütten, in denen an blanken Tischen eine Brotzeit bei Bier und Wein gereicht wird. Wenn es das Wetter erlaubt, sitzt man im Freien, sonst in einer angemessen ausgestatteten Wirtsstube. Im dichten Wald zwischen Obernburg und Wörth ist diese vor 125 Jahren errichtete Jausenstation zu finden. Dass sie seither ohne Unterbrechung besteht, Kriege, Inflation, einen verheerenden Brand (1985) und den allgemeinen Niedergang der Gastronomie auf dem Land überdauerte, verdankt sich einzigartigem Bürgerengagement.
Mit dem Ziel, ein attraktives Ausflugsziel zu ermöglichen, gründeten 47 Honoratioren am 6. April 1900 den Verein „Waldhaus Obernburg“. Das Einverständnis der Gemeinde und ihre Zusage, kostenfrei Bauplatz und Materialien zu stellen, beschleunigten das Unterfangen. Schon gut einen Monat später stand dank ehrenamtlich geleisteter Arbeit ein holzgetäfeltes Häuschen. Allen Beeinträchtigungen zum Trotz – über Jahrzehnte gab es keinen Strom- und Wasseranschluss – erfreute sich das Kleinod regen Zuspruchs, war es auch anfangs allein den Organisierten vorbehalten. Das konnte deren Zahl nur steigern und machte bald einen Neubau nötig. Die erste Hütte blieb aber, leicht versetzt, bewahrt.
Den Besucherverkehr erhöhte seit den Siebzigerjahren die Erreichbarkeit per Auto. Das erforderte eine nochmalige Vergrößerung, allerdings auch mehr helfende Hände. Rund 80 der 370 Vereinsmitglieder übernehmen unentgeltlich Theken- und sonstige Dienste, was vergleichsweise günstige Preise für Speis und Trank ermöglicht.
Der ursprünglichen Intention, die Einkehr zum Ziel einer Wanderung zu machen, muss die Möglichkeit zur Anfahrt nicht entgegenstehen. Wo schon die Römer Schneisen schlugen, kreuzen zahlreiche Wege; zusätzlich wurden kürzere Schleifen um das Haus angelegt. Welchen Einstieg man für weiter ausholende Runden wählt, ist eine Frage der Präferenz. Obernburg kann nach Grundriss und mit einem Themen-Museum der Römerzeit plastische Anschauung geben, während Wörth nicht zuletzt mit einem außergewöhnlichen Museum zur Schifffahrt das Leben am und vom Main repräsentiert.
Anker und Poller zeigen es außen an, aber ungläubiges Staunen dürfte noch jeder beim Betreten der Ausstellung verspürt haben: Die Glasvitrinen mit mehr als 100 Modellen aller Bootsgattungen, die seit 2000 Jahren den Main befuhren, stehen in der nach Hochwasserschäden 1903 profanierten barocken Wolfgangskirche. Statt Altar, Kanzel und Bänken füllt eine an Schiffsaufbauten angelehnte Stahlkonstruktion den Innenraum. Im zweiten „Deck“, wo einst die Orgel ertönte, darf man sich als Kapitän auf der Brücke fühlen. Das Oberlicht wird da zum Bullauge, hinter dem am rechten Flussufer die Werft bei Erlenbach auftaucht – eine der letzten am Main.
Wegbeschreibung
Der Bahnhof von Wörth liegt im neueren Stadtgebiet. Wegen der nachmittäglichen Öffnungszeiten des Schifffahrtsmuseums empfiehlt es sich, den Besuch ans Ende zu legen, zumal der abschließende Gang am Mainufer ohnehin vorbeiführt. Am Stationsgebäude und rund um die Nikolauskirche gibt es auch viele Parkplätze.
Der Startpunkt liegt jenseits der Gleise. Die Unterführung ist etwas versteckt: An der vorgelagerten Kreuzung links – aus dem Blickwinkel der Kirche rechts – zur Pfarrer-Adam-Haus-Straße und gleich nochmals links in den Fußgängertunnel. Auf der anderen Seite finden sich die Markierungen gelbes L und schwarzes Limesweg-Türmchen. Durch die Bergstraße der Eigenheimsiedlung verlaufen sie zunächst gemeinsam, bevor sie an der zweiten Kreuzung auseinandertreten. Um einen Kilometer verkürzend nutzt man geradeaus unverändert den Limesweg; dagegen für die Schleife über einen gut erhaltenen Galgen geht man mit dem L nach links (Bayernstraße). Es biegt nach 250 Metern rechts in die Galgenstraße, an deren Ende sich die sieben Meter hohen Rundsäulen der 1754 erneuerten Richtstätte erheben.
Galgen standen natürlich prominent auf erhöhter Warte. Der Abstieg führt durch einen Weinberg, dann halb links der autobahnähnlichen B 469 entgegen, die in einem niedrigen Tunnel unterquert wird. Auf der anderen Seite leitet rechts ein begraster Anstieg auf das am Waldrand liegende, bewirtschaftete Waldhaus Diana zu (aktuell ist es wegen Renovierungsarbeiten geschlossen).
Man läuft über die Terrasse hinaus und findet Anschluss an den breiten Forstweg, der nach gut 500 Metern auf einen Wanderparkplatz stößt. Unter Aufnahme der Abkürzenden hält man sich ausgangs der Linkskurve halb rechts. Zum unverändert gültigen L trat, neben gelben Ziffern, inzwischen die Kombination WH 3 (weiß). Sie folgen zur Umgehung eines tiefen Taleinschnitts dem Pfad in struppigen Fichtenforst, ehe sie nach der Rechtswende in der Senke auf komfortablerem Weg weiterführen.
Zu beachten sind der Linksabzweig an der Gabelung und dann der unvermutete Rechtsabzweig in den Pfad, der über eine Waldwiese mit der Talung vor Seckmauern verbindet. Die Landstraße ist zu queren und unter Hinzunahme der Markierung gelbes Kreuz geht es links in den auf einer Schautafel beschriebenen Hohlweg. Über Jahrhunderte hatten schwere Gespanne immer tiefer den eiszeitlichen Löss geöffnet. Der gelockerte Boden wurde abgetragen, wogegen die Wände aushärteten.
Oben führen die Zeichen nach Linksschwenk kurz vor die Bäume und zeigen gleich wieder hinein. Hier teilen sie sich. Das L biegt rechts in einen Pfad. Da holprig und unzureichend markiert, bleibt man geradeaus beim Kreuz, wenn auch hinter dem Waldsaum ein asphaltierter Weg in Kauf genommen werden muss.
Dafür wandelt man jetzt auf historischem Pflaster. Es entspricht der bayerisch-hessischen Grenze, deren Verlauf fast 2000 Jahre zurückreicht, seit die Römer den Limes zum Main vorverlegten. Später löst ein Feldweg den Asphalt ab, verharrt jedoch unmittelbar vor den Bäumen – auch um die Linkskurve – bis zum Auftauchen eines Richtungspfostens. Er verheißt das Waldhaus Obernburg. Damit wechselt man zum grünen L und dem bekannten WH 3. Sie begleiten durch Laubmischwald über zwei Kilometer zu der Einkehr, die selbst bei schönem Wetter ausreichend Sitzgelegenheiten vorhält.
Weiterhin nutzt man WH 3, das rechtsseitig in einen Pfad führt und bald munter talwärts weist. Knapp 300 Meter später wird das Limeszeichen hinzugenommen, das hinter der Gabelung links allein den Abgang verantwortet. Mit Erreichen einer Hangwiese bleibt es vor den Bäumen. Statt seiner achtet man nach 150 Metern auf das etwas verdeckt angebrachte gelbe L. Es übernimmt links den weiteren Abstieg, teils zwischen Streuobstbäumen und hohen Hecken, und unterquert schließlich die vierspurige Bundesstraße.
Dahinter verlässt man das Zeichen geradeaus gen nahen Mainuferweg. Neben dichtem Bewuchs, aus dem knorrige Pappeln und Eichen ragen, promeniert man flussaufwärts mit Blick zur Erlenbacher Werft. Durch das zum Hochwasserschutz eingelassene Stahltor kommt man in den alten Kern. Vorbei am prächtigen Fachwerkrathaus und früheren Fischerhäusern geht es zur Wolfgangskirche mit dem Schifffahrtsmuseum und weiter geradeaus in den neueren Teil.

Anfahrt
Über die A 3 bis Aschaffenburg, weiter auf der B 469 nach Wörth (Nord); Parken am besten in der Nähe des Bahnhofs.
Bahnverbindung nach Wörth via Aschaffenburg (ICE oder RE).
Sehenswert
Der Ausgangsort Wörth am Main hat zwei Gesichter: den nach dem schweren Hochwasser von 1883 an neu angelegten Teil – einschließlich der neoromanischen Nikolauskirche mit älterer Ausstattung – sowie den inzwischen durch aufwendige Bauarbeiten geschützten historischen Teil, darunter das (frühere) Fachwerkrathaus von 1600 mit Renaissance-Anklängen. Außen sind bis mehr als acht Meter hohe Pegelmarken angebracht. Flutbedingt wurde auch die barocke Kirche St. Wolfgang aufgegeben. Profaniert 1903, dient sie seit 1991 dem einzigartigen Museum zu 2000 Jahren Mainschifffahrt.
Öffnungszeiten
Schifffahrtsmuseum, ehemalige Wolfgangskirche, Rathausstraße 72, samstags und sonntags 14 bis 17 Uhr, Eintritt für Erwachsene sechs Euro, Kinder drei Euro.
Einkehren
„Waldhaus Obernburg“, Telefon 0 60 22/18 88, mittwochs von 13 bis 17 und sonntags von 9.30 bis 18 Uhr. Zum Jubiläum gibt es am Samstag, 19. Juli, von 16 Uhr an „Grillen und chillen“.