Wahl in Tschechien: Populist Andrej Babiš gewinnt Parlamentswahl | ABC-Z

Der Milliardär und frühere Ministerpräsident Andrej Babiš hat die Parlamentswahl in der Tschechischen Republik klar gewonnen. Nach Auszählung von mehr als 97 Prozent der Stimmen liegt seine ANO-Partei mit gut 35 Prozent der Stimmen deutlich vor dem bürgerlichen Bündnis Spolu von Regierungschef Petr Fiala, das auf knapp 23 Prozent kommt.
Allerdings wäre Babiš für eine Mehrheit im Parlament wohl auf die Stimmen der rechtsextremen SPD von Tomio Okamura (rund acht Prozent) und der „Autofahrerpartei“ (Motoristé sobě, knapp sieben Prozent) angewiesen, die ihren Wahlkampf vor allem auf den Protest gegen den Green Deal der EU konzentriert hatte.
Babiš, der zwischen 2014 und 2017 bereits Finanzminister war und anschließend für vier Jahre als Regierungschef die tschechische Politik prägte, hatte bei der vergangenen Wahl 2021 knapp gegen Spolu verloren. Ministerpräsident Fiala bildete damals eine Koalition mit der liberalen Bürgermeisterpartei STAN und zunächst mit den tschechischen Piraten. STAN liegt nach derzeitigem Stand bei rund elf Prozent, die Piraten bei gut acht Prozent, weshalb die Parteien gemeinsam deutlich von einer Mehrheit entfernt sind. Das linkspopulistische Bündnis Stačilo, das die Tschechische Republik aus EU und NATO lösen und an Russland annähern will, scheitert mit rund 4,5 Prozent sicher an der Fünfprozenthürde.
Worauf Babiš im Wahlkampf setzte
Babiš hatte in seinem Wahlkampf vor allem auf die Unzufriedenheit vieler Tschechen über die hohe Inflation und die durchwachsene wirtschaftliche Lage gesetzt, auch wenn sich die Situation zuletzt immer weiter entspannt hatte. Doch der regierenden rechtsliberalen Koalition von Fiala war es nicht gelungen, die Stimmung zu heben. Demoskopen hatten schon vor der Wahl erwartet, dass viele Wähler des Regierungslagers enttäuscht zuhause bleiben würden.
Fiala wiederum hatte seinen Wahlkampf ganz auf die Person Babiš ausgerichtet, verbunden mit der Warnung, die Tschechische Republik werde sich unter ihm vom Westen lösen und dem moskaufreundlichen Lager zuwenden. Babiš unterhält enge Beziehungen zu Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und dem Slowaken Robert Fico, die sich in der EU regelmäßig gegen einen russlandkritischen Kurs stellen.
Milliardär hat eigene wirtschaftliche Interessen in der EU
Doch Babiš hatte zwar die Kriegsmüdigkeit gewisser Wählergruppen für sich zu nutzen versucht und immer wieder die Regierung in Kiew wie auch die Militärhilfe für die Ukraine kritisiert, doch achtete er auf eine klare Distanz zum Kreml und betonte immer wieder die Westbindung seines Landes. Wohl auch, weil er vor anderthalb Jahren im Präsidentenwahlkampf mit einem ukrainekritischen Kurs deutlich gegen den früheren NATO-General Petr Pavel verloren hatte, der sich als Garant für die Westbindung seines Landes gibt.
Mit Blick auf Brüssel hat Babiš zwar immer wieder gegen „Bürokratie“ und „Kontrollwut“ gewettert, doch geht kein Beobachter davon aus, dass er die Tschechen aus der EU führen würde. Schon allein weil der Milliardär mit seinem Agrofert-Konzern sehr starke eigene wirtschaftliche Interessen innerhalb der EU hat.
Nun ist fraglich, ob er mit der rechtsextremen SPD, die für einen Austritt aus EU und NATO wirbt, eine Koalition eingehen wird oder ob er wie 2017 auf eine Minderheitsregierung setzt, die von Fall zu Fall mit Stimmen der rechtsextremen SPD oder der „Autofahrerpartei“ Mehrheiten organisieren könnte. Im Gegensatz zu den Rechtsextremen machte die „Autofahrerpartei“ zwar mit Kritik an der EU und ihrem Green Deal Stimmung, will aber nicht aus der Union austreten. Viele ihrer Kandidaten stammen aus dem rechtsbürgerlichen Lager um den früheren Präsidenten Václav Klaus, der sich von Fiala und dessen Partei abgewendet hatte.
Manche Beobachter halten es auch für möglich, dass sich Fialas bürgerliche ODS, die im Bündnis Spolu aufgegangen war, nach der Wahlniederlage weiter nach rechts orientiert und in der ein oder anderen Form mit der ANO von Babiš zusammenarbeiten könnte – vor allem, wenn Fiala nach der deutlichen Wahlniederlage seinen Rücktritt erklären muss. Allerdings hatten sich die Gräben zwischen den beiden Lagern in den vergangenen Jahren immer weiter vertieft.





















