Wahl in Botswana: Diamanten, Elefanten und eine Männerfeindschaft – Politik | ABC-Z
Der Staat Botswana existiert seit 1966 und wird seitdem von derselben Partei regiert. Da liegt der Verdacht nahe, dass es sich um eine jener Fassadendemokratien handelt, wo Wahlen mehr um des schönen Scheins willen stattfinden als dafür, eine Regierung zu wählen. In Afrika gibt es davon einige. Doch der Eindruck täuscht. Für Botswana – einen Binnenstaat im Süden des Kontinents, wo auf einer Fläche von der Größe Frankreichs gerade mal 2,6 Millionen Menschen leben – gilt, was sich auch über Bayern sagen ließe: Dass die Leute immer dieselbe Partei wählen, bedeutet nicht automatisch, dass sie keine Wahl haben.
An diesem Mittwoch wird wieder gewählt in Botswana. Und erneut ist die regierende Botswana Democratic Party (BDP) die große Favoritin. Es wäre der 13. Wahlsieg in Serie für die Partei und der zweite für Präsident Mokgweetsi Masisi, der 2019 die absolute Mehrheit von 53 Prozent der Stimmen holte. Der Slogan, mit dem er zu seiner Wiederwahl aufruft, passt zu dieser Ausgangslage: „It’s easy with Masisi“.
Ermöglicht haben den Aufstieg die Diamanten
Die BDP kann auf eine beachtliche Erfolgsgeschichte verweisen. Unter ihrer Führung hat sich Botswana von einem bitterarmen Entwicklungsland in einen afrikanischen Vorzeigestaat entwickelt, der sich nicht nur durch Wirtschaftswachstum, sondern auch durch demokratische Stabilität auszeichnet. Ohne Kriege und Putsche, dafür mit Wahlen, die den Namen verdienen. Ermöglicht haben diesen Aufstieg die Diamanten, die in großer Zahl im Boden unter Botswana vorkommen. Erst kürzlich wurde im Osten des Landes der zweitgrößte je entdeckte Diamant geborgen.
Doch Botswanas Erfolgsgeschichte verblasst. Was sich nicht zuletzt am Wahlkampfversprechen ablesen lässt, mit dem die BDP ins Rennen geht. Es lautet: „Changing together“. Wenn eine seit 58 Jahren regierende Partei den Wandel ausruft, dann kann etwas nicht stimmen im Land.
Botswanas Regierung steckt seit Jahren viel Geld in Bildung, Tourismus und Landwirtschaft, um das Land weniger abhängig von seinem wichtigsten Exportprodukt zu machen. Denn die Diamantenminen werden eines nicht mehr fernen Tages versiegen, vermutlich um die Mitte des Jahrhunderts. Doch der Abnabelungsprozess kommt nur mühsam voran. Erlebt die Diamantenindustrie eine Krise, so wie derzeit, dann leidet Botswana mit.
Vor allem für die Jungen gibt es zu wenig Jobs
Sie verschärft das Hauptproblem des Wachstumsmodells: Pro Kopf gerechnet liegt die Wirtschaftsleistung weit über dem afrikanischen Durchschnitt, doch große Teile der Bevölkerung bleiben davon ausgeschlossen. Vor allem für die Jungen gibt es zu wenig Jobs – wie in vielen anderen Ländern Afrikas. 38 Prozent der 15- bis 24-Jährigen sind nicht in Ausbildung oder Beschäftigung, Tendenz steigend. Nicht einmal ein Drittel der jungen Menschen in Botswana blickt laut African Youth Survey optimistisch in die Zukunft.
Diese Unzufriedenheit könnte die Regierungspartei am Mittwoch zu spüren bekommen. Zumal nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung Unmut hervorruft. In der Umfrage Afrobarometer gab 2022 jeder zweite Befragte aus Botswana an, den Stab des Präsidenten für teilweise oder vollständig korrupt zu halten. Zehn Jahre zuvor waren es nur 13 Prozent gewesen. Auch einflussreiche Denkfabriken wie die Mo Ibrahim Foundation oder Freedom House sehen die Monopolstellung der Regierungspartei zunehmend kritisch – und werfen ihr unter anderem vor, kritische Berichterstattung zu behindern.
Profitieren könnte vor allem die größte Oppositionspartei Umbrella for Democratic Change (UDC), die bei der letzten Wahl vor fünf Jahren auf 36 Prozent der Stimmen gekommen war. Dass in einem Land wie Botswana so viele Menschen in Armut leben, sei „nicht akzeptabel“, sagte der UDC-Spitzenkandidat Duma Boko. Er tritt nach 2019 zum zweiten Mal gegen Präsident Masisi an.
Maisisi und Khama waren einmal Freunde
Mit Spannung wird auch erwartet, wie die Botswana Patriotic Front (BPF) abschneidet. Die Partei erhält Unterstützung von Ex-Präsident Ian Khama, Masisis Vorgänger. Khama entstammt Botswanas bekanntester Familie, sein Vater war der erste Präsident des Landes. Khama regierte von 2008 bis 2018, bevor er Platz für seinen Vize-Präsidenten machte, Mokgweetsi Masisi. Doch die Männerfreundschaft endete im Zerwürfnis. Unter anderem, weil Masisi die Trophäenjagd auf Elefanten und andere Wildtiere wieder erlaubte, die Khama als Präsident verboten hatte.
Khama verließ Botswana im Streit und sprach davon, dass sein Leben in Gefahr sei. Masisi warf er aus dem südafrikanischen Exil vor, „machttrunken“ zu sein und die Demokratie in Botswana zu beschädigen. Die Justiz in Botswana strengte mehrere Klagen gegen den Ex-Präsidenten an, unter anderem wegen Geldwäsche. Im September kehrte Khama dann überraschend nach Botswana zurück und erschien vor Gericht in der Hauptstadt Gaborone.
Seitdem macht Khama Wahlkampf gegen seinen Nachfolger und seine alte Partei. Doch ob er Masisi gefährlich werden kann, ist offen. Das Duell der Freunde, die zu Feinden wurden, stand bereits bei der Wahl 2019 im Zentrum der Aufmerksamkeit. Der klare Sieger hieß Masisi. Er verbesserte das Ergebnis der Regierungspartei von 47 auf 53 Prozent. Und gewann damit mehr Stimmen dazu, als Khama mit seiner neu gegründeten Partei überhaupt erhielt. Die BPF kam nur auf 4,4 Prozent.