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Waffenruhe im Gazastreifen: Zu Hause erwartet Rückkehrer völlige Verwüstung | ABC-Z


Waffenruhe im Gazastreifen

Zu Hause erwartet Rückkehrer völlige Verwüstung

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Innerhalb des Gazastreifens sind Hunderttausende Menschen vor dem Krieg geflohen. Nun ist eine Waffenruhe in Kraft. Tausende Bewohner des Palästinensergebiets kehren in ihre Heimatorte zurück. Was sie dort vorfinden, habe sie schockiert, berichten einige.

Tausende Palästinenser haben sich im Gazastreifen nach Inkrafttreten der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas auf den Heimweg gemacht. Allein in Dschabalia im Norden des Küstenstreifens waren hunderte Menschen zu sehen, die auf einer staubigen, von Trümmern zerstörter Wohngebäude gesäumten Straße Zelte, Kleidung und weitere Habseligkeiten bei sich trugen.

Vertriebene Palästinenser passieren Trümmer, als sie versuchen, in ihre Häuser in Rafah zurückzukehren.

Vertriebene Palästinenser passieren Trümmer, als sie versuchen, in ihre Häuser in Rafah zurückzukehren.

(Foto: picture alliance/dpa/APA Images via ZUMA Press Wire)

In Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens füllten feiernde Kinder die Straßen, Mitglieder der Sicherheitskräfte der islamistischen Hamas patrouillierten durch die Straßen. Im weiter südlich gelegenen Chan Junis feierten Vertriebene ihre bevorstehende Rückkehr. Bewaffnete Männer fuhren in Pick-Ups durch die Straßen, hielten ihre Kalaschnikow-Gewehre und feuerten Schüsse in die Luft. An einer Straßenkreuzung trafen sich Hunderte Menschen, die zum Rhythmus von Trommeln palästinensische Fahnen schwenkten und sangen.

Leichen auf den Straßen, zerstörte Häuser

In ihren Heimatorten erwartet viele der Zurückgekehrten ein Anblick großer Zerstörung. „Mein Haus wurde völlig dem Erdboden gleichgemacht. Das Haus, das ich viele Jahre lang aufgebaut habe“, erzählt ein verzweifelter Mann namens Jassir Abu Junis der Deutschen Presse-Agentur. Er und seine Familie seien in Al-Mawasi untergebracht gewesen und nun in ihre Heimatstadt Rafah zurückgekehrt.

Palästinenser feiern am Eingang von Rafah das Inkrafttreten der Waffenruhe. Palästinenser feiern am Eingang von Rafah das Inkrafttreten der Waffenruhe.

Palästinenser feiern am Eingang von Rafah das Inkrafttreten der Waffenruhe.

(Foto: picture alliance/dpa)

„Ich bin schockiert über das, was ich in Rafah gesehen habe“, sagt der vierfache Vater außerdem. Es herrsche dort völlige Zerstörung, zudem lägen Leichen auf den Straßen, teilweise verwest und von Hunden angefressen. Seine Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

Bereits vor Inkrafttreten der Waffenruhe am Vormittag waren zahlreiche Menschen in das an der Grenze zu Ägypten gelegenen Rafah zurückgekehrt. Einer von ihnen, Ahmad al-Balawi, sprach gegenüber einem AFP-Journalisten vom „Schock“, den er angesichts von „verwesenden Leichen, Trümmern und Zerstörung“ empfunden habe.

„Es waren 15 Monate Hölle, Tod und Hunger“

Jihia Abu Zakaria hat seine Heimkehr vom Süden in den Norden des Gazastreifens noch vor sich. Er habe große Sehnsucht nach seiner Heimat Beit Hanun. „Es waren 15 Monate Hölle, Tod und Hunger“, fasst der Vater von drei Kindern den Krieg zusammen. Er wolle zurück, sobald dies erlaubt sei.

Blick auf einen Teil von Rafah. Blick auf einen Teil von Rafah.

Blick auf einen Teil von Rafah.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Im Rahmen des Abkommens dürfen ab Tag sieben Unbewaffnete ohne Kontrollen vom Süden in den Norden über eine ausgewiesene Route gehen, Autos dürfen nach einer Kontrolle fahren. Auch der besonders heftig umkämpfte Norden des Gebiets ist schwer verwüstet.

Augenzeugen zufolge kehren derzeit bereits Menschen aus Gebieten im Süden des Küstenstreifens in die ebenfalls südlich gelegene Stadt Rafah zurück. Sie laufen dabei an riesigen Trümmerbergen vorbei. Auch im Norden machten sich Anwohnern zufolge Vertriebene, die bis jetzt in der Stadt Gaza ausgeharrt haben, auf den Weg in ihre ebenfalls nördlich gelegenen Heimatorte.

Armee warnt Gaza-Bewohner eindringlich

Die israelische Armee warnte unterdessen Bewohner des Gazastreifens davor, sich Soldaten oder der Grenze zu Israel zu nähern. „Wir fordern Sie eindringlich auf, sich zu Ihrer eigenen Sicherheit nicht in Richtung der Pufferzone oder israelischer Streitkräfte zu begeben“, erklärte Militärsprecher Avichay Adraee im Onlinedienst Telegram. Es sei zudem riskant, sich von Süden nach Norden durch das Gaza-Tal zu bewegen.

Die Waffenruhe war am Sonntagvormittag mit mehrstündiger Verspätung in Kraft getreten. Das israelische Kabinett hatte in der Nacht zuvor dem Abkommen zugestimmt. Die Einigung nach 15 Monaten Krieg wurde am Mittwochabend verkündet. Neben der Freilassung der noch in der Hand der Hamas verbliebenen Geiseln und palästinensischen Inhaftierten soll in den Wochen der Feuerpause auch mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen gelangen.

Den Krieg im Gazastreifen hatten die Hamas und mit ihr verbündete Gruppen mit ihrem Großangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst. Dabei wurden israelischen Angaben zufolge 1210 Menschen getötet, 251 Geiseln wurden in den Gazastreifen verschleppt. Israel ging seit dem Hamas-Überfall massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde, die nicht unabhängig überprüft werden können, bis zu diesem Sonntag 46.913 Menschen getötet.

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