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Wadephul-Satz über Abschiebungen sorgt für Wirbel – Linnemann sieht “Scheindebatte” | ABC-Z

Ist Syrien zu kaputt, um Menschen dorthin abzuschieben? Eine Aussage von CDU-Außenminister Wadephul sorgt innerhalb der Union für Diskussionen. CDU-General Lindemann hält das Ganze hingegen für eine „Scheindebatte“.

Johann Wadephul war bestürzt. Der CDU-Außenminister besuchte diese Woche unter anderem Syrien, und der Anblick eines vom Bürgerkrieg völlig zerstörten Vorortes der Hauptstadt Damaskus verschlug Wadephul den Atem. Ein solch großes Ausmaß an Zerstörung habe er persönlich noch nicht gesehen, sagte der Minister – und fügte mit Blick auf die in Deutschland lebenden syrischen Flüchtlinge einen Satz hinzu, der Wellen schlug bis ins politische Berlin hinein.  

„Kurzfristig können sie nicht zurückkehren“, sagte Wadephul angesichts des Bildes, das sich ihm bot. „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben.“ Die Botschaft: Zumindest vorerst hält es der Außenminister noch nicht für angebracht, Menschen nach Syrien abzuschieben. Das Problem: Der Koalitionsvertrag von Union und SPD klingt anders. „Nach Afghanistan und Syrien werden wir abschieben“, heißt es dort, „beginnend mit Straftätern und Gefährdern“.

„Kein Grund, daran nicht zu arbeiten“

Stellt sich ausgerechnet ein CDU-Außenminister nun gegen die im Koalitionsvertrag vereinbarte Linie zu Abschiebungen? Selbst Parteikollegen interpretieren das so. Die „Bild“-Zeitung berichtet unter Berufung auf das Umfeld des für Abschiebungen zuständigen Innenministers Alexander Dobrindt (CSU), dieser habe sich nur nicht zu Wort gemeldet, um einen öffentlichen Streit zu vermeiden. Stattdessen betonte lediglich ein Sprecher des Innenministeriums, man halte an den vereinbarten Abschiebe-Plänen fest.

Außenminister Johann Wadephul (CDU) springt am Donnerstag über einen Graben während seines Besuchs eines humanitären Projekts in Harasta in einem während des Bürgerkriegs zerbombten Stadtteil Marcus Brandt/dpa

Er könne die Aussagen des Außenministers „nicht nachvollziehen“, sagte Sven Schulze, Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt und Spitzenkandidat der CDU für die kommende Landtagswahl, der „Bild“. Mit Ende des Bürgerkriegs sei der Fluchtgrund für die hunderttausenden Syrer in Deutschland erloschen. „Somit muss jetzt ganz gezielt an einer Strategie zur schnellen Rückkehr dieser Menschen gearbeitet werden.“ Ein teilweise zerstörtes Land und schlechtere Lebensbedingungen als in Deutschland seien „kein Grund, daran nicht zu arbeiten“.

„Der Zerstörungsgrad eines Landes ist als Argument gegen eine freiwillige oder pflichtgemäße Rückkehr selbstverständlich denkbar ungeeignet“, entgegnete auch CDU-Fraktionsvize Günter Krings gegenüber der „Bild“. „Denn wer soll ein zerstörtes Land wieder aufbauen, wenn das nicht seine eigenen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen tun?“

„Wir müssen abschieben, natürlich die Straftäter“

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hingegen hält die Diskussion für eine „Scheindebatte“. „Wir schieben ab, wir müssen abschieben, natürlich die Straftäter“, sagte Linnemann am Sonntag in der ARD. Das sei auch gar nicht strittig. Nach den Abschiebungen von Straftätern werde man „alles Weitere, sobald es rechtlich möglich ist, auch angehen“.

Auch Linnemann verwies darauf, dass Syrien die ins Ausland geflohenen Menschen für den Wiederaufbau brauche. „Das müssen doch die Menschen machen, die vor Ort sind und diejenigen, die hier sind und dann zurück müssen und dort helfen“, sagte Linnemann. „So ist es doch für Syrien viel besser und deswegen sind sich da alle einig.“ Tatsächlich fügte auch Wadephul bei seinem Besuch in Syrien eine Ausnahme zu seinem vielzitierten Satz hinzu: „Wirklich schwere Straftäter“ sollten auch jetzt schon abgeschoben werden.

Nach Behördenangaben lebten Ende 2024 knapp eine Million syrische Staatsangehörige in Deutschland. Zahlen des UN-Flüchtlingskommissariats zufolge seien seit Ende des Bürgerkriegs insgesamt 1,4 Millionen Syrer aus dem Ausland in ihre Heimat zurückgekehrt – wie viele von ihnen aus Deutschland kamen, ist nicht bekannt.

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